Oktoberfest 2016 Neun kuriose Wiesn-Fakten

München · Oktoberfest. Der Ort der Sehnsüchte. Und der Überraschungen. Hier tummeln sich Flöhe und Agenten, und nicht nur die Uhren gehen anders: Rolltreppen laufen schneller, und das Klima ist wärmer. Überblick der Wiesn-Kuriositäten.

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Foto: shutterstock/ Kzenon

Bier, Fahrgeschäfte - natürlich. Das Oktoberfest hat darüber hinaus seine eigenen Riten und Gepflogenheiten; es hat ein ganz spezielles Klima, spezielle Gäste und spezielle Artisten.

  • Hitze: Feucht und warm: Fast tropisch könnte man das Klima auf der Wiesn nennen. Dort ist es bis zu zehn Grad wärmer als sonst in der Stadt und die Luftfeuchtigkeit liegt ein Drittel höher, hat der Bonner Meteorologe Karsten Brandt bei Messungen herausgefunden. "Wir haben uns gefragt: Woher kommt dieser Unterschied?" Lichter, Fahrgeschäfte, Hendl-Bratereien, Küchen - der Stromverbrauch des Fests lag zuletzt bei 2,88 Millionen Kilowattstunden und der Erdgasverbrauch bei 230 000 Kubikmetern. Dennoch: Der Wärme-Effekt gehe zu zwei Dritteln von den Besuchern aus. Ein Mensch erzeuge 80 Watt - soviel "wie eine große alte Glühbirne", sagt Brandt. Zudem atmen und schwitzen die Besucher. Die Feuchtigkeit liege "wie eine warme feuchte Glocke" über dem Fest. "Für die Entwicklung von Regen reicht das nicht." Und auch nicht für Nebel.
  • Rolltreppen: Die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) schaltet die Bänder am U-Bahnhof Theresienwiese nach oben teils schneller. Rolltreppen in Deutschland fahren nach der Norm DIN 18024 mit 0,5 Metern pro Sekunde. "Das ist ein für alle Fahrgäste bewährter Kompromiss zwischen Sicherheit und Leistung", sagt ein MVG-Sprecher. Zur Wiesn-Stoßzeit beschleunigen sie auf 0,68 Meter pro Sekunde. Damit werden in Spitzenzeiten bis zu 12 500 Menschen pro Stunde Richtung Festgelände befördert. Einen Geschwindigkeitsrausch muss niemand fürchten: In vielen Ländern sind Rolltreppen auch im Normalbetrieb mit mehr Tempo unterwegs.
  • Schlapphüte: Das Münchner Oktoberfest lockt nicht nur Touristen aus aller Welt, sondern auch Agenten. Der BND lud jahrelang Mitarbeiter ausländischer Dienste zur Sause auf die Wiesn ein, wie 2015 aus einer Antwort des Bundeskanzleramts an den Grünen-Abgeordneten Hans-Christian Ströbele hervorging. Der BND übernahm Bewirtungskosten von 40 bis 50 Euro pro Person. Dafür gibt es zum Beispiel ein halbes Hendl und drei Maß Bier. "Die Termine werden mit Fachgesprächen verbunden, um den direkten Nutzen für das dienstliche Interesse zu ziehen", erläuterte Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche. Weitere Details könnten nicht mitgeteilt werden, weil sich dies "nachteilig für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland auswirken" könnte.
  • Flöhe: Rund 80 dieser Tiere "arbeiten" auf der Wiesn in fünf Schichten. In Deutschlands womöglich letztem Zirkus mit echten Flöhen ziehen sie Kutschen, schießen Bälle und tanzen Flohballett. In Abständen werden die erschöpften Artisten ausgewechselt und auf 18 Grad gekühlt, damit sie zur Ruhe kommen. Direktor Robert Birk "zähmt" seine Flöhe mit Licht, Schall und Wärme: Vor der Schau bringt er die 0,2 Milligramm schweren Tierchen mit Wärme in Bewegung, dann steuert er sie bei grellem Licht mit Klopfen auf den Bühnenboden. Der Direktor füttert seine Lieblinge persönlich - an seinem Unterarm. Stets gibt es Bedarf an neuen Darstellern. Denn die kräftigen Hundeflöhe sind rar geworden - Katzenflöhe sind schneller erschöpft.
  • Essgewohnheiten: Dass man Weißwürste auszuzelt, ist in Bayern normal. Doch die internationalen Gäste haben ganz neue kulinarische Gepflogenheiten entwickelt. Manche schrubbten ihr Hendl etwa mit den Zitronentüchlein, die der gemeine Besucher zum Fingerabwischen benutzt. Ein Video von Radio Gong 96,3 zeigte nach dieser Anwendung hellauf begeisterte Gäste aus Asien. Ansonsten darf man auf der Wiesn beim Hendl auch mit den Fingern hinlangen - nicht zuletzt klappt nach ein paar Maß die Koordination mit Messer und Gabel manchmal nicht mehr so gut. Vor ein paar Jahren versuchte sich ein Gast aus dem Oberland an einer Schweinshaxe - und katapultierte sie derart vom Teller, dass der Knochen einen anderen Gast am Kopf traf. Platzwunde.
  • Hendl-Hotline: Call a Wiesn-Hendl: Wer die Strapazen des Volksfest-Besuchs scheute, konnte sich im vergangenen Jahr bei der Hühner- und Entenbraterei Ammer bequem ein Hendl oder eine Ente nach Hause bestellen. Die Lieferung kam per Taxi. Dieses Jahr wird der Versuch nicht fortgesetzt. "Eigentlich sollte nicht das Hendl zum Gast kommen, sondern der Gast auf die Wiesn", begründete eine Sprecherin das Ende des Tests. Wer lieber zuhause isst als im Trubel, könne Ente oder Hendl aber weiter im Straßenverkauf mitnehmen.
  • Klo: Tausend Sitzplätze gibt es auf der Wiesn - und einen Kilometer Stehplätze. Trotzdem wird es manchmal eng. Vor allem auf den Damenklos in den Zelten staute es sich - bis die Wirte dahinter kamen: Weil es im Zelt so laut ist, gingen die Damen zum Telefonieren auf die Toilette. Gegenmaßnahme: Musik auch auf den Klos.
  • Müllkörbe: Gibt's nicht. Wiesn-Neulinge suchen vergeblich nach einer ordentlichen Möglichkeit, Pappteller und Würstchenreste loszuwerden. Abfallkörbe wurden nach dem Oktoberfestattentat von 1980 abgeschafft - die Bombe des rechtsradikalen Attentäters explodierte just in einem Müllkorb. Die städtische Straßenreinigung beseitigte im vergangenen Jahr rund 123 Tonnen Kehricht und der Abfallwirtschaftsbetrieb München entsorgte 835 Tonnen Restmüll sowie 478 Tonnen Speisereste.
  • Geheimnis der Schleife: Flirten? Natürlich. Eingeweihte erkennen bei den Damen sofort, ob sie möglicherweise landen können. Die Dirndlschleife links sagt: zu haben. Rechts: vergeben. Männern fehlt auch in Zeiten der Gleichberechtigung diese feinsinnige Möglichkeit, ihren Status auszudrücken. Für sie haben Marketingexperten Gummibänder fürs Handgelenk entwickelt mit der Aufschrift: "Mogst obandln?" Der Spruch steht auch auf Lebkuchenherzen, die Mann plakativ auf der Brust tragen kann. Spezielle Wiesn-Flirt-Apps gibt es auch - damit die Suche nicht erst im Bierzelt beginnt.
(dpa)
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