Tanz um den Vulkan Kapverdens Wanderträume

São Filipe · Bizarre Vulkane, weiße Sandstrände und tropische Berglandschaften. Die Kapverdischen Inseln sind nicht nur ein Strand- und Badeparadies, sondern auch ein Geheimtipp für Wanderer.

Wanderträume auf den Kapverden
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Wanderträume auf den Kapverden

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Die winzig kleinen Lavabrocken knirschen unter den Wanderstiefeln. Steil führt der Weg zum Kapverden-Gipfel Pico Pequeno durch eine Vulkanlandschaft. Immer wieder bleibt Wanderführer Mike Zotter stehen, um auf bizarre Gesteinsformationen aufmerksam zu machen. Die Wandergruppe hört ihm gespannt zu. Nicht nur, weil er Interessantes zu berichten hat, sondern auch weil die Pause dadurch vielleicht etwas länger wird. Die Sonne brennt nämlich gnadenlos. Nach zwei Stunden ist der Kraterrand des Pico Pequeno, des "kleinen Gipfels" erreicht. Die Gruppe ist froh, sich nicht für die Wanderung zum "großen Gipfel" entschieden zu haben.

Der Berg im Atlantik

Eigentlich war das der Plan. Die Aussicht vom 2829 Meter hohen Pico do Fogo, nach dem Teide auf Teneriffa der zweithöchste Berg im Atlantik, soll überwältigend sein. Und der Abstieg macht angeblich sogar richtig Spaß, versichert Mike. Er lässt sich in einer Stunde bewältigen, da man durch die Aschefelder rutschend und hüpfend fast 1000 Höhenmeter im Nu bewältigt.

Aber der fünf Stunden dauernde Aufstieg ist anstrengend und wäre bei den hohen Temperaturen zu viel gewesen. Und auch die Aussicht vom Pico Pequeno ist atemberaubend. Der Blick geht in den Schlund, von dem aus sich die Lavamassen zuletzt 1995 den Weg in den großen Vulkankessel gesucht haben.

Eigentlich sind die Kapverden als Badeziel bekannt. Aber auch unter Wanderern gelten die 15 Inseln im Atlantik vor Afrika als Geheimtipp - "und Fogo als wahres Paradies", sagt Mike. Neben den Vulkanbesteigungen gibt es im Norden der Insel herrliche Wanderwege durch Kaffee- und Bananenplantagen.

Die Gefahr eines Ausbruches ist groß

Luis erinnert sich noch gut an die Nacht vom 2. auf den 3. April 1995, als sich kurz vor Mitternacht die Spalten des Pico Pequeno öffneten und die Lava herausschoss. "Ich hatte große Angst. Es roch bestialisch nach Schwefel. Gottseidank konnten wir uns alle retten, aber mein Haus ging in der Lava unter", sagt der 70 Jahre alte Mann, der sich eine kleine Hütte direkt am Ende der Lavazunge auf 1700 Meter Höhe gebaut hat.

Seit dem 16. Jahrhundert gab es 26 Vulkanausbrüche. Die Insel, die bei ihrer Entdeckung eigentlich auf den Namen São Filipe getauft wurde, bekam schon bald den Namen Fogo (Feuer).

"Es ist hier oben am Vulkan ein hartes Leben. Ich komme mit meinem Weinanbau und ein paar Rindern und Ziegen gerade so über die Runden. Aber wegziehen möchte ich nicht. Das ist meine Heimat", sagt Luis und bietet den Besuchern Ziegenmilch zur Erfrischung an.

Nach einem strammen Marsch vorbei am Lavafeld ist endlich die Bar von Ramiro zwischen den Orten Portela und Bangeira erreicht. Er serviert frischen Ziegenkäse und den berühmten Fogo-Wein. Seine Bar ist nicht nur Treffpunkt der wenigen Wandertouristen und Vulkanfans, sondern auch der Einheimischen, die hier gerne abends einen Wein genießen. Währenddessen setzt sich Ramiro unter freiem Himmel auf einen kleinen Hocker und holt seine Gitarre heraus.

Santiago - die Insel der Siedler

Am nächsten Tag geht es hinüber auf die Insel Santiago. Bereits 1462 ließen sich in Ribeira Grande die ersten portugiesischen Siedler nieder. Einst Inselhauptstadt bewahrt die Ortschaft immer noch ihren dörflichen Charakter. Auf einer Anhöhe steht die Ruine der 1556 errichteten Kathedrale. Sie diente zur Christianisierung der afrikanischen Sklaven. Denn für die Portugiesen war der Ort Drehscheibe für den Sklavenhandel zwischen Afrika und Amerika.

Auf dem Zentralplatz erinnert heute noch der Pelourinho an die dunkle Vergangenheit. Am Schandpfahl aus Marmor wurden Sklaven öffentlich ausgepeitscht.

Viele Sklaven und später auch einheimische Kriminelle konnten jedoch vor den Kolonialherren in die wildromantische Serra Malagueta fliehen und bildeten hier sogenannte Rebelados, Rebellendörfer. Noch bis in die 1960er Jahre diente das schroffe und schwer zugängliche Gebirge als Rückzugsgebiet der politisch und religiös verfolgten Rebelados-Gemeinschaften.

beliebtestes Wandergebiet

Heute ist das zum Naturpark ernannte Gebirge zu einem der beliebtesten Wandergebiete auf Santiago geworden. Im von tiefen Schluchten zerschnittenen Gebirge finden sich zahlreiche Pflanzen- und Tierarten, die nur hier vorkommen. Über schmale Pfade führt der Weg zu Dörfern wie Espinho Branco, wo die letzten Rebelados abgeschottet vom Rest der Welt leben. Sie bauen Bananen, tropische Früchte und Zuckerrohr an oder leben vom Verkauf von Webarbeiten und Grogue-Schnaps.

Einige ihrer Produkte werden in Assomada südlich der Serra Malagueta verkauft. Assomada ist Ausgangspunkt zahlreicher Wanderungen. Zum Beispiel geht es von hier aus ins Tal der Ribeira da Boa Entrada.

Auch die schier endlosen Strände im Nordosten der Insel São Vicente laden zu wunderschönen Wanderungen ein. Besonders interessante Wege befinden sich auf der Landzunge Ponta de Doca mit ihren bizarren Basaltsäulen oder an der Baía do Norte. Am Nordrand der Bucht geht es vom Fischerdorf Baía das Gatas am gleichnamigen, langgezogenen Strand mit seinen gewaltigen Dünenfeldern vorbei.

Mindelo- hier spielt die Musik

Nach so viel Einsamkeit führt der Weg am Abend in das quirlige Zentrum von Mindelo. Das Hafenstädtchen ist bekannt für sein Nachtleben und seine Musikszene. Aus den Restaurants duftet es nach gebratenem Fleisch und Meeresfrüchten. Aus den kleinen Kneipen dringen lebhafte, an brasilianische Samba erinnernde Coladeira-Rhythmen. Sie mischen sich mit afrikanischen Funaná-Klängen und den langsameren, dem portugiesischen Fado ähnelnden Morna-Liedern.

Für Wanderfans ist Mindelo obligatorische Anlaufstelle, um von hier aus mit der Fähre zur größten Kapverden-Insel überzusetzen.
Santo Antão ist nur mit dem Boot von Mindelo aus erreichbar, da die zerklüftete Berglandschaft bisher den Bau eines Flughafens verhindert hat. Während Wanderer im Norden durch subtropische, schroffe Täler und Gebirgspässe wie dem Paúl-Tal laufen, präsentieren sich der Süden und Westen karg, trocken, aber nicht weniger interessant.

Besonders schön ist die Wanderung durch den Vulkankegel Cova de Paúl im grünen und fruchtbaren Bergland im Norden der Insel. Die steilen Felswände des Kraters sind von Pinien dicht bewachsen. Viele Touristen wandern noch bis zum 1585 Meter hohen Pico da Cruz, dem höchsten Berg im Nordosten der Insel. Über die Bergstraße geht es über den sogenannten Delgadim, den spektakulärsten Berggrat, in den äußersten Norden zum Fischerdorf Ponta do Sol weiter.

Wanderung am schmalen Grat

Eine der schönsten Wanderungen auf Santo Antão führt entlang der Steilküste bis nach Cruzinha da Garça. Auf einem alten, kunstvoll angelegten Pflasterweg zieht sich der Pfad steil an der Küste empor. Die Ausblicke auf die Steilküste laden immer wieder zu kleinen Pausen ein. Das Terrassendorf Fontainhas mit seinen bunt bemalten Häusern liegt malerisch auf einem Felsrücken. Unterhalb der Häuser ziehen sich die mit Bananen und Zuckerrohr bepflanzten Feldterrassen fast bis zur Bucht hinunter. Hier endet die gepflasterte Straße. Nach einem Felsgrat schlängelt sich der Serpentinenweg wieder nach unten bis zum Meer bei Corvo.

Wie zwischen Ponta do Sol und Cruzinha da Garça führen die Wanderwege auf Santo Antão häufig über gepflasterte Wege. So auch weiter im Süden in Ribeira das Patas. Eindrucksvoll schlängelt sich der Serpentinenweg die Felswand empor. Die 700 Höhenmeter haben es in sich, doch die Ausblicke ins Tal machen die Anstrengung vergessen. Neben den Landschaften auf den unzähligen Wanderwegen beeindruckt auf der Insel vor allem die Einsamkeit. Am Vulkan Coroa, mit 1982 Metern der höchste Berg der Insel, gibt es häufig keine anderen Wanderer, was bei fehlenden Wegemarkierungen und die Orientierung erschwerenden Passatwolken nicht immer beruhigt.

Abenteuer suchende Wanderer ziehen von hier weiter bis zur malerischen Bucht bei Tarrafal de Monte Trigo im Südwesten der Insel. Das von der Zivilisation größtenteils abgeschnittene Dorf ist in eine Palmenoase direkt am Meer eingebettet. Die Menschen leben vom Fischfang und dem Anbau von Mangos, Bananen und Papayas. Wer nach anstrengenden Wandertagen etwas ausruhen möchte, ist hier genau richtig. Touristen verirren sich nur selten hierher. Im Spätsommer sind am Strand sogar mehr Meeresschildkröten zum Eierlegen als Badegäste.

(dpa)
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