Urlaub in der Karibik Inseltipp Caye Caulker in Belize

Caye Caulker · Caye Caulker in dem kleinen mittelamerikanischen Land Belize galt lange als typische Insel für Rucksackreisende. Das ändert sich gerade, was einige bekümmert. Das Talent zum Müßiggang aber ist geblieben - ob am Strand, im Restaurant oder beim Tauchen.

Eindrücke von der Insel Caye Caulker in Belize
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Eindrücke von der Insel Caye Caulker in Belize

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Foto: dpa, pla

Der Hai kommt von hinten und schwimmt mitten zwischen den Beinen hindurch. Es ist ein kurzer Schock. Von allen Seiten gleiten plötzlich Ammenhaie und Stechrochen dicht über das Seegras, unter und zwischen den Schnorchlern hindurch. Es ist Futterzeit am Hausriff von Caye Caulker.

Ein halbes Dutzend Boote liegt an Bojen vertäut, die beiden größten sind dicht bepackt mit Urlaubern von Kreuzfahrtschiffen. An ihrem Heck werfen grinsende Rastas Sardinen als Köder ins Wasser. Notwendig wäre das nicht mehr. Die Bewohner der Shark and Ray Alley sind längst so konditioniert, dass sie zu den Booten schwimmen, wenn sie nur die Motoren hören. Und so jagen sie nun aus allen Richtungen heran, um sich in wilden Knäueln um die Häppchen zu balgen.

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Foto: tripadvisor

Es ist ein beeindruckendes Schauspiel, wie es selbst weitgereiste Taucher selten zu sehen bekommen. Und das Pflichtprogramm für jeden Besucher von Caye Caulker. Denn viel mehr als den Schnorcheltrip gibt es auf der winzigen Insel in Belize nicht zu tun. Und das, finden die meisten Touristen, ist auch gut so.

Dafür kommen die Rucksackreisenden schließlich hierher, nach den Maya-Tempeln und Kolonialstädten Yucatáns und vor dem Dschungel und noch mehr Ruinen in Guatemala: zum Abhängen, für Langusten und Joints, für den karibischen Müßiggang. Caye Caulker ist fest etablierte Etappe auf dem Gringo Trail, der klassischen Route durch Mittelamerika. Von den Hunderten Inselchen entlang des zweitgrößten Barriereriffs der Welt ist sie am einfachsten zu erreichen und am günstigsten. Ein typischer Backpackerort. Zumindest bisher.

"In den vergangenen fünf Jahren hat sich vieles verändert", sagt Eloy Young. "Überall wird jetzt gebaut." Young, 20, kurzgeschorene Haare, hellbraune Augen und Zahnlücke, fläzt sich in einem Sessel auf der großzügigen Veranda seines Hauses. Im Garten wachsen Palmen und ein ausladender Flammenbaum. Das herrschaftliche Haus gehört eigentlich seinem Onkel, aber jetzt wohnt Eloy Young allein hier.

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Er ist einer der Alteingesessenen, der stolzen Jicanqueños. "Als meine Großmutter hier aufwuchs, lebten sechs Familien auf der Insel", erzählt er. "Sie waren alle miteinander verwandt. Deshalb will ich keine Freundin von der Insel." Sein Urgroßvater kam vom Atoll Turneffe, baute Segelschiffe aus Holz und fischte. Die Großmutter war eine der Gründerinnen der Northern Fishermen Association, einer Kooperative, an die alle Fischer seit den 1960er Jahren ihren Fang verkaufen. Sie war eine gute Freitaucherin. Mit angehaltenem Atem holte sie Langusten und Conches aus dem Meer, jene rosa schimmernden Riesenmuscheln, die heute als Souvenir verkauft werden.

Noch immer liegen am Meeresgrund rings um Caye Caulker viele Conches. "Man muss sie einfach einsammeln", sagt Young. Und Langusten sind selbst für knausrige Backpacker das tägliche Abendbrot. Sie brutzeln auf Öltonnen-Grills vor den Restaurants und bei den improvisierten Garküchen unter Palmen. "Ich habe als Junge so viele Langusten gegessen, dass ich sie kaum noch bestelle", sagt Young. Dann öffnet er mit einer Machete eine Kokosnuss. Der Nachmittagsdrink.

Es klingt wie eine Kindheit in Utopia: Schwimmen, Meeresfrüchte knabbern, mit dem Boot herumdüsen. Manches ist noch wie damals: die Herzlichkeit, der gemächliche Rhythmus des Lebens. "Go Slow" mahnen Schilder an den Straßen, die aus Sand statt Teer sind und auf denen Golfcarts statt Autos fahren. Und alle gehorchen.

Aber es werden immer mehr Golfcarts. "Heute leben viele Leute vom Festland hier, die nur für die Hochsaison kommen", sagt Young. Die Einwohnerzahl verdopple sich dann auf 2500. Dazu kommen bis zu 6000 Touristen und Ausflügler, die an Ostern, Weihnachten und an langen Wochenenden auf die Insel strömen. Sie alle brauchen einen Ort zum Schlafen. Deshalb wird überall gehämmert und gesägt.

Gleich hinter Youngs Haus ragt einer der vielen Rohbauten auf. Lange wehrten sich die Jicanqueños gegen Investoren, sie wollen ihre Insel nicht an Auswärtige verlieren, wie es auf den Inseln San Pedro oder Ambergris Caye geschehen ist. Aber vor zwei Jahren ist der Widerstand kollabiert. Nun bauen Investoren vier Stockwerke hohe Hotels. Ihr Komfort soll Gäste mit dickerem Portemonnaie auf die Insel locken. "Es gibt jetzt mehr Läden und gute Restaurants", sagt Young. "Und mehr Möglichkeiten, Geld zu verdienen." Er selbst baut und repariert Fiberglasboote. "Wer arbeiten will, findet hier leicht einen Job", sagt Young. "Das Positive überwiegt."

Allie Johnstone sieht das ein bisschen anders. Die 54-Jährige trägt eine Augenklappe zu Dreadlocks und tätowierter Lederhaut. Wie jeden Nachmittag sitzt sie im Garten der Sports Bar. Zur Happy Hour versammelt sich hier der Stammtisch der Aussteiger und Frührentner aus den USA und Kanada. Johnstone ist die Veteranin der Runde, seit 17 Jahren lebt sie auf der Insel. "Ich lernte in Vancouver einen Mann aus Belize kennen und folgte ihm", erzählt sie. "Irgendwann verließ er Caye Caulker wieder. Ich blieb."

Das Taucherparadies Belize
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Foto: 2011 - Tony Rath of Tony Rath Photography tonyrath.com

Heute bietet Johnstone Kajaktouren in die Mangroven an, sie malt Schilder, spielt Bass in einer Band und segelt. Und sie bildet Jugendliche in Minikursen zum Tourguide aus, lehrt sie Kajaktechnik, Knoten und Marinebiologie. "Ich versuche, die Leute davon abzuhalten, dass sie Seepferdchen für Aquarien und chinesische Medizin fangen." Von einem Belize ohne Plastikmüll träumt sie auch. Und von einer langsameren Entwicklung. "Die US-Expats haben die Immobilienpreise in absurde Höhen getrieben", schimpft Johnstone. Rund 300 Gringos leben mittlerweile auf Caye Caulker, zeitweise oder das ganze Jahr. Dazu komme nun Airbnb. "Die armen Leute werden aus dem Dorf in den Sumpf vertrieben, Mangroven werden abgeholzt."

Auch die Kriminalität habe zugenommen, klagt Johnstone. Und die christlichen Einheimischen seien abgestoßen von Backpackern, die nachts besoffen durch die Straßen torkeln. "Aber noch ist der warme, charmante Charakter der Insel erhalten."

Es dauert ein paar Stunden, bis sich dieser Charakter erschließt. Wer von der Fähre wankt, schwitzend unter dem schweren Rucksack, ist noch gestresst, sucht den weißen Strand, das Karibikbild. Und kann leicht enttäuscht sein. Denn die Strände Caulkers sind kümmerlich. Aber dann spaziert man zwischen den bunten Holzhäusern, trinkt den ersten Saft, isst eine Conch-Ceviche, schaut aufs türkise Meer, studiert den Flug der Fregattvögel - und ergibt sich schnell dem Insel-Schlendrian.

Der beste Ort dafür ist The Split, jener Kanal, den der Hurrikan Hattie 1961 in die Mangroven riss und damit Caye Caulker in eine Nord- und eine Südinsel teilte. Hier an der Holzpromenade trifft man sich zum Sundowner. Der Reggae dudelt wie immer und überall, das Bier ist kalt, die Stimmung ultraentspannt. "Hey Mann, was hast du heute gemacht", fragt ein Junge in Muskelshirt seine Reisebekanntschaft. Typische Antwort: "Nichts. Nur relaxt."

Das mag verwundern, preisen die Reiseführer Caye Caulker doch als "Paradies für Wassersport". Eigentlich zu Recht. Aber der Weg zum Paradies ist teuer. Selbst wer nur schnorcheln will, muss jedes Mal ein Boot bezahlen. Das Korallenriff ist schlicht zu weit weg, um hinauszuschwimmen. Und das Tauchen sprengt jedes Backpacker-Budget. Zumindest wenn man die Weltklasse-Spots sehen will.

"337 Dollar", sagt CJ Graham, so viel koste ein Tagestrip zum Lighthouse Reef. "Nein, nicht Belize-Dollar. US-Dollar." Ein enormer Preis, aber der Besitzer von Belize Diving Services kann ihn nehmen. Denn am Lighthouse Reef liegen einige der berühmtesten Tauchspots der Karibik: die Half Moon Bay, Long Caye Aquarium und vor allem das Blue Hole. Ein tiefblauer Kreis, eingefasst von Korallenbänken und türkisen Untiefen. Der Eiffelturm des Belize-Barriereriffs, den jeder Taucher gesehen haben muss.

"Es wäre nur irgendein blaues Loch", sagt der 40-jährige Graham, "wenn nicht ein französischer Kerl darüber geschrieben hätte." Der Kerl war Jacques Cousteau, er schipperte 1971 mit seiner "Calypso" zum Blue Hole und erklärte danach, es sei einer der zehn besten Tauchplätze der Welt. Das zieht bis heute.

An Spitzentagen liegen bis zu acht Boote am Blue Hole. "Manche Gäste sind enttäuscht", gibt Graham zu. "Es ist eine Höhle, also gibt es wenig Fische." Und wenn sich nicht genug Gäste anmelden, streichen die Tauchcenter die weite Reise. Dann heißt es: Hausriff.

Das Boot hoppelt keine zehn Minuten über die Wellen, dann rollen die Taucher rückwärts ins Meer. Ein Wald von braunen Weichkorallen wiegt sich in der Dünung. Vereinzelte Schmetterlings- und Papageienfische dümpeln umher, eine Karettschildkröte lässt sich beim Korallen rupfen nicht stören. Zwei Riffhaie patrouillieren im Blau. Nichts Besonderes für Taucher, aber entspannt. Das passt zu Caye Caulker.

(dpa)
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