Bounty-Insel und Regenwald Was Sie mit Kindern in der Dom-Rep erleben können

Samaná · Familienurlaub in der Karibik muss sich nicht nur im Touristenghetto abspielen. Auch Kinder können den Dschungel erkunden und nach Seesternen tauchen. Erkenntnisgewinn ist in vielerlei Hinsicht garantiert: "Mama, hier gibt's kein Wlan!"

Die ganze Schönheit der Dominikanischen Republik
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Foto: shutterstock/ Natalia Pushchina

Im Regenwald von Samaná wird jeder Tourist zum erfahrenen Reiter. Selbst wer noch nie im Sattel gesessen hat, kann hier erleben, wie er sein Pferd souverän über einen verschlungenen Urwaldpfad lenkt. "Guck mal, wie gut ich steuere!", ruft der siebenjährige Lennart. Sein Tourguide, ein Kariben-Junge mit schwarzem Kraushaar, lässt ihm die Zügel und damit das Gefühl, alles unter Kontrolle zu haben.

Lennarts ältere Geschwister sitzen sogar allein im Sattel. Ihr Guide folgt erst in einigem Abstand. Die Pferde kennen den felsigen Weg durch den Dschungel so gut, dass sie ihn allein finden. Im Zweifelsfall reicht ein leises Schnalzen, und das Tier nimmt eine andere Abzweigung. Für die Urlauber, die sich am Morgen noch in einer abgeschlossenen Ferienanlage in Punta Cana, dem Touristenzentrum der Dominikanischen Republik, befanden, ist das schon ein Abenteuer.

Lennarts Guide tastet sich mit ihm in den Wald vor, zeigt ihm Bananenstauden und Bambus. Es geht vorbei an einem Bach, steile Hügel hinauf und wieder hinunter. Lianen baumeln auf den Weg herab, Kletterpflanzen umschlingen Stämme und Äste. Mannshohe Farne breiten ihre fächerartigen Blätter aus, StaSprung vor dem Zouden wiegen ihre buschigen Köpfe. Das Blätterdach ist nahezu geschlossen, Sonnenstrahlen erreichen kaum den Boden. Es herrscht Dämmerlicht.

Der Untergrund ist von einer dicken Schicht brauner Blätter bedeckt. Modergerüche steigen auf. Wachsen und Verwesen - beides scheint hier zehnmal schneller zu gehen als in mitteleuropäischen Schlechtwetterecken. Merkwürdig ist, dass es jetzt, um die Mittagszeit, geradezu gespenstisch still ist im Urwald. Das einzige, was man hört, sind die Hufe der Pferde und das Plätschern des Baches.

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Foto: gms

"Wo sind die Tiere?", fragt Lennart. Keine Schwanzspitze! Nicht mal ein Vogel. Sein Guide legt zur Erklärung seinen Kopf in die Hände und schließt die Augen: Tagsüber schlafen sie. Immerhin hat die Gruppe auf der Hinfahrt im offenen Jeep-Laster ein paar Geier gesehen, die sich in der Nähe der Straße über ein verendetes Tier hermachten. Auch konnte man, wenn sich auf einer Hügelkuppe ein Ausblick bot, große schwarze Raubvögel über den Wipfeln kreisen sehen.

Es ist ein Ritt durch eine stickige Waschküche, ein Schweißfilm liegt auf der Haut. Vorhin hat es mal geregnet - ein ganz kurzer Schauer, danach war man klatschnass. Der Regenwald dampfte. Aber nach fünf Minuten war alles wieder trocken, sogar die dicke Jeans, die Lennarts Mutter zur Sicherheit angezogen hat, "gegen die Moskitos", wie sie sagt. Lennarts großer Bruder verdreht die Augen.

Nun wird abgesessen, und dann geht es im Gänsemarsch glitschige Stufen hinunter, die in einen Berghang gebaut sind. Nein, unberührt ist dieser Dschungel nicht, da darf man sich nichts vormachen. Hinter der grünen Mauer aus Bäumen hört man es rauschen. Plötzlich öffnet sich der Pfad, und ein feiner Spray weht die Wanderer an: Er kommt vom "Salto el Limón", dem Zitronenfall, der aus großer Höhe herabstürzt.

In dem kleinen See davor tummeln sich Schwimmer. Das Wasser ist angenehm kühl, ganz anders, als man es vom Meer her gewohnt ist. Lennart und seinen Geschwistern wird das Baden allerdings untersagt: Papa will gehört haben, dass es in solchen Gewässern Schmarotzer gibt, die sich in Körperöffnungen einnisten und dort Würmer ausbrüten... "Wie ängstlich bist du eigentlich?", mault die Tochter. Immerhin bleibt so Zeit, die Sprungkünste von Lennarts Guide zu bewundern: Er stürzt sich von einem Felsen mit ausgebreiteten Armen vor dem Wasserfall in den See.

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Foto: Daintree Eco Lodge and Spa Hotel

Tagesausflüge wie diese bewahren den Pauschalurlauber in der Dominikanischen Republik vor einem Ghettoaufenthalt, denn auch wenn die Touren organisiert sind, kommt der Reisende doch mit vielen Einheimischen zumindest flüchtig in Kontakt. Es zeigt sich zum Beispiel, dass der Begleiter im Jeep fließend Deutsch spricht, obwohl er die Dominikanische Republik nie verlassen hat - er hat es sich selbst mit einem Buch und Kassetten beigebracht.

Während der Weiterfahrt durch einige Dörfer fragt Lennart, was zwei Kinder mit dem Wasser wollen, das sie in Krügen aus einer sprudelnden Felsquelle auffangen. "Die haben zu Hause bestimmt kein Badezimmer", vermutet seine Schwester. Die Armut ist unübersehbar, aber nirgendwo bekommen die Touristen das Gefühl, durch ihren Wohlstand neidische Blicke auf sich zu ziehen - im Gegenteil: Die Einheimischen scheinen alle sehr stolz darauf zu sein, dass Leute von weit her kommen, um sich ihr Land anzusehen. Überall winken sie begeistert mit den Armen. Und immer wenn während dieses durchgetakteten Ausflugstages mal eine Viertelstunde Leerlauf ist, wird die Zeit gleich genutzt, um ein bisschen zu plaudern oder Musik zu machen. Auf einer Farm sehen die Kinder zum ersten Mal, wie Kakaopflanzen und -bohnen aussehen. Und sie testen, wie ein Kakao schmeckt, der nur aus solchen Bohnen gemacht ist. "Nesquick ist besser", meint Lennart. "Pssst!", zischt seine Mutter.

Richtige Abenteuerurlauber würden über all das natürlich die Nase rümpfen - schließlich bleibt kein Freiraum, um etwas auf eigene Faust zu erkunden. Dazu müsste man sich selbst ein Auto mieten, und das trauen sich die meisten nicht zu, schon gar nicht mit Kindern. So geht es am späten Nachmittag in einem Kleinflugzeug wieder zurück. Lennart weiß hier noch ein kurzes Spannungsmoment zu erzeugen, indem er mitten über dem Meer fragt: "Was wäre, wenn sich der Propeller nicht mehr drehen würde?" Antwort des Vaters: "Dann stürzen wir ab." Kurze Pause. "Er dreht sich nicht mehr." Zwei etwa 30-jährige Mitreisende wenden sich mit uncooler Hektik dem Fenster zu. Doch der Propeller dreht sich. Nur eben so schnell, dass er "unsichtbar" wird.

Bei Einbruch der Dunkelheit sind alle wieder wohlbehalten im Strandresort - ausgerechnet jetzt, wenn der Urwald zum Leben erwacht. Manche Anlagen leisten sich immerhin ein Stück Regenwald auf dem Gelände. Das ist zwar eingezäunt, aber es reicht, um abends auf dem Weg zum Restaurant das Konzert des Dschungels zu erleben: Es pfeift, es zirpt, es quakt und surrt. Wie ohrenbetäubend mag es jetzt auf Samaná zugehen!

Die Strände in der Dominikanischen Republik gehören dem Staat und damit allen. Sie dürfen nicht abgeriegelt werden. Und so kann man etwa in Punta Cana endlos durch den Pulversand wandern. Erschwert wird das höchstens dadurch, dass es mitunter sehr voll und sehr heiß ist. Und morgens, wenn einsame Wanderungen möglich wären, ist das Licht noch nicht da - das berühmte karibische Licht, das alles mit einem Bronzeton überzieht und veredelt. Das passiert erst am Spätnachmittag, unmittelbar vor der blauen Stunde und dem sehr plötzlichen Einbruch der Dämmerung. Eine Ahnung von wilder Natur kommt auf, wenn zu dieser Zeit schwarzgraue Pelikane vorübergleiten.
Mit ihren vorgereckten großen Schnäbeln wirken sie merkwürdig fremd.
"Flugsaurier", meint Lennart.

Ein weiterer Ausflugsklassiker für Dom-Rep-Urlauber ist die Karibikinsel Saona, auch Bounty-Insel genannt, weil dort der Werbespot für den gleichnamigen Schokoriegel gedreht wurde. Christoph Kolumbus persönlich hat das Eiland 1494 entdeckt und getauft. Diesmal geht es mit einem Schnellboot übers Meer. Auf einer Sandbank weit vor der Küste wird gestoppt, und alle können zum Schnorcheln aussteigen. Die Seesterne hier sind riesig und können einfach vom Meeresboden aufgehoben werden. Ehrensache, dass man sie zügig wieder auf ihren Platz zurücklegt. Dann folgt das letzte Stück bis zur Insel.

Im Fall von Saona übertrifft die Realität alle Wunschvorstellungen. Es ist die ultimative Trauminsel, die dreidimensionale Foto-Tapete mit weißem Pulversand, vornübergeneigten Palmen und türkisblauem Wasser. Noch dazu ist der ganze Strand menschenleer. Vor den Augen der Ankömmlinge stehen weit über hundert ungenutzte Liegen. Was nicht heißt, dass sich die Kinder nicht streiten würden: Alle drei Geschwister wollen natürlich auf dieselbe. Und es dauert keine halbe Stunde, da bemängelt Lennarts großer Bruder: "Mama, hier gibt's kein Wlan!" Nochmal eine Stunde später und Lennart fragt: "Wann gehen wir wieder?"

Das Paradies bewahrt also nicht vor Streit und erst recht nicht vor Langeweile. Das ist eine bemerkenswerte und tröstliche Erkenntnis, derer man sich erinnern mag, wenn zu Hause der Alltagsstress wieder eingesetzt hat.

(dpa)
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