Afrika für Einsteiger Der Akagera-Nationalpark in Ruanda

Kigali · Einen sanften Einstieg für Afrika-Reisende bietet der Akagera-Nationalpark im Osten Ruandas. Weite Flächen und wilde Tiere, hier gibt es alles zu sehen auch ohne tagelang durch die Savanne ziehen zu müssen.

Zu Besuch im Akagera-Nationalpark in Ruanda
12 Bilder

Zu Besuch im Akagera-Nationalpark in Ruanda

12 Bilder
Foto: dpa, lea

Am Ende hat es also doch noch geklappt: Nach mehr als neun Stunden im Allrad-Toyota, nach holprigen Wegen und luftigen Höhenzügen zeigen sie sich endlich: zwei junge Elefantenbullen, die ihr Nachmittagsbad am Ufer des Ihema-Sees nehmen. Ein beglückender Moment am Ende der Tour durch den Akagera-Nationalpark im Osten Ruandas, eines der landschaftlich schönsten Savannen-Reservate Afrikas. Für Neulinge auf dem Kontinent ist der Park ideal.

Eigentlich war die Hoffnung schon verloren. In den Morgenstunden hatte Tour-Guide Bosco gesagt, dass es derzeit nicht sehr wahrscheinlich sei, Elefanten zu sehen. Die Tiere halten sich vorzugsweise im südlichen Teil des Parks auf, wo dichte Büsche und hohe Sträucher wachsen. Zwar tragen einige Tiere einen GPS-Sender. Aber seit Tagen seien sie schon weit abseits der Autorouten unterwegs, sagt Bosco.

In den grenzenlosen Weiten Namibias
10 Bilder

In den grenzenlosen Weiten Namibias

10 Bilder
Foto: Shutterstock/Erichon

Glücklicherweise gibt es im Akagera-Nationalpark nicht nur Elefanten zu sehen. Für manche Tiere muss der Besucher in den nördlichen Teil fahren, in die Savanne, für andere in die Feuchtgebiete in den Osten an der Grenze zu Tansania, die vom Fluss Akagera gespeist werden, einem der fünf Nil-Zuflüsse. Viele Tiere sieht man aber auch schon kurz nach dem Start links und rechts der Strecke im Süden.

Knapp zehn Stunden dauert eine große Rundtour von der "Akagera Game Lodge" am südlichen Ende des rund 60 Kilometer langen Parks zur Kilala-Ebene im Norden. Beim Start an der Lodge machen vorwitzige Paviane manchmal den Gästen zu schaffen. Eine Mitarbeiterin des Hotels begleitet Besucher mit ihren Lunchpaketen zum Wagen, um sie vor den verfressenen, aggressiven Affen zu schützen. Auf der Fahrt vorbei an der Parkverwaltung sitzen weitere Paviane gruppenweise zusammen wie Zuschauer am Wegesrand. Sie kommen neugierig näher, sobald das Auto hält.

Es gibt zwei Hauptrouten durch den Park: den Weg entlang der Westgrenze, der sich über eine niedrige Bergkette bis hinter die Kilala-Ebene im Norden schlängelt, und die Lake-Shore-Road, die an den zahlreichen Seen mittig von Nord nach Süd durch den Park führt. An wenigen Stellen gibt es Querverbindungen, die aber oft nur ein geschultes Auge entdeckt - die gemauerten Wegweiser sind nicht unbedingt verlässliche Kennzeichen. Die Fahrzeuge dürfen die vorgegebenen Routen nicht verlassen, um die Tiere nicht zu beeinträchtigen. An manchen Stellen sind Arbeiter dabei, in der Regenzeit ausgespülte Abschnitte auszubessern.

Faszinierendes Afrika von oben
15 Bilder

Faszinierendes Afrika von oben

15 Bilder

Noch im dicht bewachsenen Buschland ein paar Kilometer hinter der Lodge sind die ersten Büffel mit ihren geschwungenen Hörnern zu sehen, sie liegen in kleinen Wasserlöchern. "Büffel kommen gern zu solchen matschigen Stellen", erklärt Bosco. "Dort kühlen sie sich ab, außerdem hält der Matsch die Fliegen fern." Ganz in der Nähe stehen ein paar Defassa-Wasserböcke, eine afrikanische Antilopen-Art, die vor allem südlich der Sahara heimisch ist. "Sie verströmen einen ziemlichen Gestank, wenn sie attackiert werden", sagt der Guide.

Der 25-Jährige ist einer von 24 freiberuflichen Fremdenführern aus der unmittelbaren Nachbarschaft. Er hat sich in einem harten Auswahlverfahren gegen 200 Mitbewerber für einen der wenigen Ausbildungsplätze durchgesetzt. Bosco erklärt Besuchern und Einheimischen, warum der Schutz von Flora und Fauna wichtig ist. Wilderer seien ein großes Problem gewesen, das inzwischen eingedämmt sei, erzählt er. Die Jagd nach Elfenbein und in Kriegszeiten auch nach Fleisch der Impala-Antilopen habe den Tierbestand zeitweise stark dezimiert.

Um die einst im Park heimischen Löwen auszurotten, waren gar keine Wilderer nötig: Sie wurden während des Bürgerkriegs und Völkermordes in den Neunziger Jahren getötet und müssen nun mühsam wieder angesiedelt werden. Die Parkverwaltung hat vor, demnächst sechs Weibchen und drei Männchen aus Südafrika herbeizuschaffen.

Je weiter es nach Norden geht, desto lichter wird die Vegetation. Die Gegend wandelt sich zu einer savannenartigen Graslandschaft mit trapezförmigen Akazien-Bäumen. Dort zeigen sich die Topi-Antilopen mit rotbraunem Körper, braunschwarzen Hinterbacken und kurzen geriffelten Hörnern. Das weiße Fell an den Beinen sieht aus, als würden die Tiere Kniestrümpfe tragen. "Topis rennen sehr schnell, wenn sie auf der Flucht sind", sagt Bosco. Bis zu 70 Stundenkilometer können sie angeblich erreichen.

Nach zwei Stunden Fahrt entlang der Westgrenze des Parks ist auf 1825 Metern der höchste Punkt erreicht: Mutumba Hills. Dort gibt es ein paar Feuerstellen, ein Toiletten- und ein Wetterschutzhäuschen. In der Nähe ist außerdem für Notfälle eine Park-Ranger-Station. "Hier oben campen gern europäische Besucher", erzählt Bosco. "Es ist kühl, es geht immer ein Wind, es gibt keine Moskitos, und man ist morgens schnell bei den Tieren in der Kilala-Ebene". Ein Geier mit riesiger Flügelspannweite kreist über den Köpfen der Gäste.

Auf dem Weg hinab sind nicht nur Impala-Antilopen, sondern auch Oribis zu sehen - kleine, scheue, rehbraune Gazellen, die laut Bosco nur hier in den Hügeln zu finden sind. Und dann sind sie endlich da:
unzählige Zebras mit Streifen, so individuell wie ein menschlicher Fingerabdruck. Sie stehen im Gebüsch, unter Bäumen oder mitten im Weg, in Gruppen, allein, paarweise, grazil und durch kaum etwas aus der Ruhe zu bringen. Gemächlich trotten sie zur Seite, wenn der Fahrer Vincent den Wagen langsam auf sie zurollen lässt.

Vorbei an Kandelaber-Kakteen und buschigen Bäumen geht es in die große offene Steppe, ins Grasland. In der Ferne sind Giraffen zu sehen. Sie waren nicht immer heimisch im Akagera-Park. "1986 kamen sechs Masai-Giraffen als Geschenk aus Süd-Kenia her", sagt Bosco. "Es war ein Experiment, um zu sehen, ob sie auch hier zurechtkommen." Das scheint geglückt: Heute leben schon 70 Tiere im Akagera. "Giraffen haben ein bis zu zwölf Kilogramm schweres Herz, um Blut in den Kopf zu pumpen." Vermutlich, weil sie sonst Kreislaufprobleme bekämen, schlafen Giraffen immer im Sitzen, mit dem Kopf oben.

Am Rande der Kilala-Ebene liegt ein Picknick-Platz. Wegen der Tiere ist das Verlassen der Fahrzeuge sonst nicht gestattet. Prinzipiell spricht aber nichts dagegen, mit einem Mietwagen in den Park zu fahren - vorausgesetzt, er hat einen Allrad-Antrieb. Ganz in der Nähe des Platzes entdeckt Bosco eine Hyäne. "Es ist ungewöhnlich, sie am Tag zu sehen", sagt er. "Hyänen jagen nachts und sehen am Tag nicht sonderlich gut." Doch diese hat es sich auf allen vier Pfoten gemütlich gemacht und blickt herüber.

Eine Büffelherde grast in der Ebene und lässt sich dabei nicht von den zahlreichen Warzenschweinen stören. Auf den Rücken der Tiere sitzen größere und kleine weiße Vögel und picken im Fell. Die großen sind Reiher, neben den berühmten Berggorillas so etwas wie ein ruandisches Nationaltier. Sie sind auch an den Ufern des nahegelegen Rwanyakazinga-Sees zu finden. Einer thront auf dem Rücken eines Nilpferdes.

Dann geht es wieder in Richtung Süden des Parks. Noch mehr Antilopen, Gazellen und Warzenschweine sind zu sehen, dazu Mungos, Schwalben, Perlhühner, Vögel mit grün-bläulich glänzendem Gefieder und rötlichen Flügeln, gelbe und weiße Schmetterlinge, einige Grünmeerkatzen. Wer nach der Tour noch Zeit hat, kann bei einem Bootstrip auf dem Ihema-See bei Sonnenuntergang mit etwas Glück Krokodile, Afrikanische Fischadler oder Kormorane sehen.

Zum echten Wildlife-Glück an diesem Tag fehlt bis zum Schluss noch der Elefant. Kurz vor der Rückkehr zur "Akagera Game Lodge" macht Vincent noch einen kleinen Abstecher runter zum See. Da stehen zwei Bullen in freier Wildbahn. Erst jetzt bin ich wirklich in Afrika gewesen, denkt der Besucher aus Europa.

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort