Im Herbst nach Capri Ein Besuch in der Blauen Grotte

Capri · Capri im Sommer? In der Hochsaison ist das kleine Eiland im Golf von Neapel von Touristen furchtbar überlaufen. Im Herbst wird es ruhiger - und die Insel der Sinne lässt sich ohne Trubel und Hektik genießen.

Herbstferien auf der Insel Capri
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Die Möwe auf der Markise ist ganz aufgeregt, unter ihr sitzen Gäste mit Keksen. Sie trippelt nach links, trippelt nach rechts, die Schwimmflossen bieten von unten ein lustiges Schattenspiel. Im Oktober ist auf Capri die Aussicht auf Krümel etwas Besonderes, nur noch wenige Touristen sitzen in den Bars und Restaurants. Dabei ist die Herbstzeit auf der Insel im Golf von Neapel die schönste Saison des Jahres.

Im September und Oktober zeigt der Himmel über Capri ein tiefes Blau, die Temperaturen liegen bei 25 Grad, und das Meer hat noch Badetemperatur. Die Hotels und Restaurants sind nicht mehr so überlaufen, und auch der Strom der Tagesgäste - in den Sommermonaten eine echte Zumutung in den engen Gassen - ebbt ab. Blaue Teppiche von Prunkwinden liegen über Mauern und Sträuchern, fette Feigen sitzen an den Bäumen, die Oliven reifen, und der Wein hängt in violetten Trauben von den Pergolen. Capri, ohnehin eine Insel für die Sinne, scheint im Herbst noch einmal alles zu geben.

Auf Capri ist man besser gut zu Fuß. Ähnlich wie das fünf Kilometer entfernte Festland hat das Eiland steile Küsten. Die Wege auf der gut zehn Quadratkilometer großen Insel führen niemals geradeaus, sondern in Kurven rauf und runter. Da zittern schnell die Oberschenkel. Der Rundweg nahe des Meeres geht durch Steineichenwälder, immergrüne Buschlandschaften und über kräuterbewachsene Kalkfelsen. Von den Anhöhen reicht der Blick bis zum benachbarten Ischia und zum Festland. Und vor allem auf das weite Tyrrhenische Meer mit seiner frischen Brise. Wegen Steinschlaggefahr nicht zu begehen, ist derzeit einer der schönsten Wege der Insel, die Via Krupp, benannt nach dem deutschen Stahlindustriellen, der sie 1902 erbauen ließ. Er geht im Zickzack von den Gärten des Augustus hinunter nach Marina Piccola.

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Foto: Patryk Kosmider /Shutterstock.com

Auf den mit 589 Metern höchsten Berg, den Monte Solaro im Süden der Insel, fährt über Privatgärten am Hang hinweg eine lustige kleine Seilbahn. Aus den Gondeln knipsen sich Scharen von kichernden japanischen Tagestouristen gegenseitig mit ihren Handys. In der Hochsaison kommen täglich rund 10 000 Besucher für ein paar Stunden auf die Insel. Im Herbst ist der Gipfel oft wolkenverhangen, die Temperatur dort dann schnell zehn Grad niedriger als an der Talstation. Die meisten Gäste kramen schon während der Auffahrt ihre Jacken aus den Taschen. Aber wenn oben die Sonne scheint, gibt es keinen schöneren Ort.

Capri ist ein geschichtsträchtiger Ort, viele schillernde Persönlichkeiten lebten hier. Ihre Wohnstätten oder zumindest die Reste davon sind heute noch zu finden. Die Residenz des Kaiser Tiberius beispielsweise, Villa Jovis, ist als Ruine erhalten. Hier hat der Kaiser im ersten Jahrhundert nach Christi Geburt seine letzten Lebensjahre verbracht. Und angeblich in Ungnade gefallene Lustknaben über die nahen Klippen springen lassen. Der schwedische Modearzt, Tierschützer und Schriftsteller Axel Munthe verehrte Tiberius und baute Ende des 19. Jahrhundert seine Villa San Michele in die Nähe des Palastes. Das Haus im weitläufigen Park zieht heute noch viele Besucher an.

Der eigentliche Magnet von Capri aber ist natürlich die Blaue Grotte. Sie ist so bekannt, wie die vielen anderen Grotten der Insel unbekannt - 65 sollen es sein. Darunter die Grotta Meravigliosa (Wunderbare Grotte), die Grotta del Bove Marino (Grotte der Seekuh) und die Grotta Dell'Arsenale (Arsenalsgrotte). Es gibt auch die Dunkle, Rote, Grüne und die Weiße Grotte. Am Leuchtturm von Punta Carena befindet sich die Grotta dei Santi, die Heiligengrotte, in deren Inneren Meeresformationen stehen, die an sakrale Figuren erinnern. Einige der Höhlen sind vom Meer aus zu erreichen, andere über steile Treppen. Es ist ein großer Spaß, mit einem Motorboot um die Insel zu tuckern und bei den Höhlen einen Schwimmstopp einzulegen. Das geht ab 18.00 Uhr sogar bei der Blauen Grotte.

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Foto: shutterstock/ Francesco R. Iacomino

Die Blaue Grotte liegt im Nordwesten Capris. Die Höhle, die nur durch ein rund 1,5 Meter hohes Loch zugänglich ist, war in der Antike ein Nymphäum. Erst 1826 wurde sie von dem deutschen Dichter August Kopisch wiederentdeckt. Von der Marina Grande von Capri starten die Ausflugsschiffe, die Gäste zu den kleinen Booten für die Grottentouren bringen - und so gleich zweimal kassieren. Spätestens im Dunkeln, auf milchig-hellblau leuchtendem Wasser schwebend, ist vergessen, dass eigentlich zu viele Menschen das Spektakel mit einem teilen. Wenn nicht der Bootsführer "O sole mio" anstimmt. Ob den schon mal jemand ins Wasser geschubst hat?

Capri ist auch eine gute Adresse für Gourmets. Der Abend startet auf der Piazetta, offiziell Piazza Umberto I. Vier Cafés wetteifern auf dem kleinen Platz zu Füßen zweier Kirchen um Gäste. Hier werden zum Aperitif immer mindestens drei Snacks gereicht. Dicke grüne Oliven, Salzmandeln und Taralli - salzige Pizzagebäck-Kringel - oder auch Käsewürfel, Chips und Sandwiches mit Schinken oder Thunfischcreme. Die Gäste nippen müßig am Wein oder Aperol und begutachten die Passanten. Einheimische tragen ihre Einkäufe nach Hause oder tratschen in Grüppchen vor den Tischen. Das Ganze ist so gemütlich, dass so mancher gleich für Stunden sitzenbleibt und sich durch die Schälchen futtert, während langsam das Sonnenlicht schwindet.

Wer mehr als Snacks zu Abend essen möchte: Zu den angesagten Restaurants Capris gehört "Da Paolino", das inmitten eines Zitronengartens liegt. Hier wird auch der angeblich beste Limoncello - eisgekühlter Zitronenlikör - der Insel serviert. Ein weiteres Promi-Lokal ist das "La Capannina" in der Ortsmitte, in dem auch schon Giorgio Armani und Marcello Mastroianni zu Gast waren. Am Wasser vor den berühmten Steinfelsen Faraglioni liegt das "La Fontelina", in dem bester gegrillter Fisch gereicht wird. Berühmtheiten kommen eher in der Saison, und das seit Jahrzehnten. Liz Taylor, Greta Garbo und Kirk Douglas gehörten schon zu den Capri-Fans. Brigitte Bardot schnitt sich hier angeblich ihre Hose eigenhändig auf Dreiviertel zur legendären Caprihose.

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Heute erholen sich Julia Roberts und Demi Moore, Harrison Ford und Gerard Butler auf Capri. Und zahlreiche Reiche aus Russland und den arabischen Ländern. Die Geschäfte haben sich auf die finanzstarke Klientel eingerichtet, in der berühmten Via Camerelle reihen sich die Geschäfte der großen Designer von Dior über Armani bis hin zu Louis Vuitton aneinander. In den Auslagen der Juweliere sind die Diamanten und Saphire kirschgroß und hängen Stück an Stück an mehrreihigen, langen Ketten zu Preisen von ausgewachsenen Eigenheimen.

Hotels mit großen Namen sind das "Grand Hotel Quisisana" im Dorfkern, besonders beliebt bei amerikanischen Gästen, das elegante "Punta Tragara" am Ende der Via Tragara mit Blick auf die Faraglioni und in Anacapri das "Capri Palace" mit seiner Sterneküche. Aber man muss auf Capri nicht unbedingt teuer wohnen und speisen. Überall gibt es gute Trattorien, die hausgemachte Pasta reichen, frischen Fisch, Pizza und natürlich den zu Capri gehörenden Insalata Caprese, Büffelmozarella mit Fleischtomaten. Und auch die kleinen, einfacheren Hotels sind überwiegend liebevoll ausgestattet.

Allein die letzten Tage der Saison eignen sich nicht gut für einen Urlaub auf Capri. Die Restaurants sammeln die Außenbestuhlung ein. An den Stränden finden sich keine Liegen mehr zum Mieten. Und die Boutiquen schließen peu à peu. Der langsame Exodus der Händler findet Ende Oktober statt und markiert den Beginn des Winters auf Capri. Zeit zu gehen, auch für die Urlauber. Die Möwe muss sich dann wohl mal einen Fisch suchen.

(dpa)
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