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Okinawa und das Geheimnis des Alterns Die Insel der Unsterblichkeit

Düsseldorf (RP). Nirgendwo auf der Welt werden die Menschen so alt wie auf der japanischen Insel Okinawa. Das Rezept: Geselligkeit, ein Sport names Gateball und eine bittere Gurke.

Okinawa - Insel der 100-Jährigen
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Okinawa - Insel der 100-Jährigen

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Foto: JNTO

Der Grund, warum Sumiko Taira mit 90 Jahren noch flink wie ein Wiesel über den Sportplatz eilt, ist klein, grün, warzig und heißt Bittergurke. "Goya" nennen die Menschen aus Okinawa die bittere Wunderwaffe, das Allheilmittel gegen Krankheiten.

Sumiko Taira schwört auf Goya. Sie steht in ihren Sportschuhen und mit einem weißen Hut auf dem Kopf auf dem Gateball-Platz, die Zikaden zirpen so laut, wie man es nur in Japan erlebt, hundert Meter entfernt rauscht das Meer, Bananenbaumblätter bewegen sich im Wind. Sie setzt mit ihrem Holzhammer an zum Schlag, zielt, trifft den Ball - und schießt am Tor vorbei. Lautes Johlen, Lachen, die gegnerische Mannschaft hat gewonnen. Doch morgen schon soll es die Revanche geben, dann werden sie wiederkommen, die 80-, 90- und über 100-Jährigen auf ihren noch ganz und gar nicht altersschwachen Beinen, mit ihrem silbernen Haar, dem verschmitzten Lächeln und dem zufriedenen Ausdruck auf den Gesichtern.

Gateball - eine Art japanisches Krocket - gehört zu ihrem täglichen Leben. Statt im Altersheim leben die meisten von ihnen noch alleine, gehen einer Arbeit nach und genießen das gesellige Dorfleben in Ogimi, am nördlichen Rand der Insel Okinawa. Der Insel der Hundertjährigen. Nirgendwo auf der Welt leben die Menschen so lange wie auf Okinawa, dem Schauplatz einer der letzten großen Schlachten des Zweiten Weltkrieges. Frauen werden im Schnitt 87 Jahre alt, Männer immerhin 80. Noch heute sind auf der Insel 26.000 amerikanische Soldaten stationiert, das Bild der bunten Hauptstadt Naha wird von amerikanischen Restaurant-Ketten und Soldaten geprägt.

Doch Okinawa ist auch ein Mekka für Touristen, vorwiegend aus Japan, China und Korea. Sie kommen wegen der atemberaubend schönen Strände, der Tauchreviere - und weil sie dem Geheimnis des langen Lebens auf die Spur kommen wollen. Okinawa, besonders das Dorf Ogimi, liegt hinsichtlich Lebenserwartung an der Spitze Japans - und lockt mit seinen heimischen und lebensverlängernden Köstlichkeiten.

In einem Land, in dem Essen und Trinken mit Hingabe zelebriert und Speisen so kunstvoll angerichtet werden wie an kaum einem anderen Ort, zählt genau das zu den Hauptattraktionen eines Reiseziels. Japaner wollen ihren Urlaubsort schmecken, ihn sich auf der Zunge zergehen lassen. Auf Okinawa sind es die kleinen, grünen Zitrusfrüchte, Shikuasa genannt, die warzige Bittergurke, der Reisschnaps Awamori und das Schweinefleisch, besonders fettarm durch stundenlanges Kochen.

Sumiko Taira kennt das Geheimnis des Alterns. Die Neunzigjährige hat sechs Kinder, 16 Enkel und 17 Urenkel. Jeden Tag macht sie zehn Minuten Gymnastik und verbringt mehrere Stunden auf ihrem Feld, pflanzt, jätet und erntet ihr selbst angebautes Gemüse. Danach heißt es kurz ausruhen und auf zum Gateball spielen. Langweilig wird ihr nicht, der soziale Zusammenhalt ist groß. Und die Dorfverwaltung tut viel für seine alte Bevölkerung mit den 15 über 100-Jährigen und 123 über 90-Jährigen. Sie organisiert für sie Veranstaltungen, gesellige Nachmittage und einmal im Jahr ein Sportfest. Da wird Seide um die Wette gesponnen, werden Wettrennen abgehalten.

Mehr als 30 Prozent der 3400 Einwohner Ogimis sind älter als 65 Jahre. Vereinsamung im Alter kennt man nicht. Fernsehteams aus der ganzen Welt rücken an, um den Ort und das Geheimnis des Alterns zu erkunden. "Mit 70 bist du ein Kind, mit 80 ein Jugendlicher, und mit 90, wenn dich deine Ahnen in den Himmel rufen, bitte sie zu warten, bis du 100 bist."

Mit diesem Sprichwort auf einem Steinblock empfängt das Dorf zwischen Meer und grünen Hügeln seine Gäste. Im Restaurant "Emi no mise" treffen sich all die Einwohner und Touristen, die einem gesunden Leben auf der Spur sind. In ihrem offenen Holz-Pavillon serviert Besitzerin Emi-san ihren Gästen ein selbst entwickeltes makrobiotisches Menü inklusive Grüntee mit Kurkuma. Das Gemüse stammt aus eigenem Anbau, von einem nahe gelegenen Feld. Dem Feld, das auch Sumiko Taira bewirtschaftet. Was auf den Teller kommt, ist eine Auswahl zierlicher Happen; mit Shikuasa gewürzte Süßkartoffelblätter und Buchweizennudeln, Gemüse mit Sojabohnenpaste und Erdnüssen, Bällchen aus Algen und Tofu, ein kleines Stück des berühmten Schweinefleisches. Hierin soll es also liegen, das Geheimnis des Nicht-Alterns. Die Japaner essen es mit Begeisterung, manch westlicher Tourist zögert.

Das Geschäft mit dem langen Leben, es läuft gut auf der Inselkette im Pazifik. Sogar ein Bestseller ("The Okinawa Program") zur Okinawa-Diät ist schon erschienen. Doch sind es auch Weltkulturerbestätten wie das Shuri-Schloss in der Hauptstadt Naha und das subtropische Klima, die jedes Jahr mehrere Millionen Touristen reizen.

Japaner möchten es auf Reisen gern bequem haben - und gut unterhalten werden. Das Resultat sind unzählige Wassersportmöglichkeiten, Karaokeboxen, das spektakuläre Churaumi-Aquarium und erstklassige Restaurants. Doch was es den Touristen besonders angetan hat, ist die lockere Art der Einheimischen. Während im Rest Japans Pünktlichkeit, Ordnung und Leistung angesagt sind, geht auf Okinawa alles etwas ruhiger zu. Es heißt Entspannung statt Stress, Unterhemd statt Anzug. Von "Okinawa Time" sprechen die Festland-Japaner.

Vielleicht sind es also nicht nur die Bittergurke und die Shikuasa, die die Menschen auf der Insel so lange leben lassen. Es ist viel mehr.

Auskünfte

Weitere Auskünfte gibt die Japanische Fremdenverkehrszentrale (JNTO), Kaiserstr. 11. 60311 Frankfurt, Tel.: 069 20353, Fax: 069 284281. Auf der Website www.jnto.de steht eine Liste von Reiseveranstaltern zum Download bereit.

(RP)
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