Hoch im Norden Griechenlands Angst vor dem bösen Blick

Die griechische Insel Thassos ist nicht nur für ihren weißen Marmor bekannt, sondern auch für den Aberglauben ihrer Bewohner.

Tintenfischarme scheinen nicht auf dem Speiseplan von herumstreunenden Katzen zu stehen - jedenfalls nicht in Limenaria, dem zweitgrößten Ort der gerade einmal 15 000 Einwohner zählenden Insel Thassos. Das sehr grüne Eiland liegt im Nordosten Griechenlands. Im Hafen haben Fischer Dutzende Tintenfischarme auf einer Stange zum Trocknen aufgehängt - in einer für hungrige Katzenmäuler eigentlich bequem zu erreichenden Höhe. Doch die Vierbeiner haben kein Interesse. "Das Trocknen dauert ein paar Tage", erläutert Birgit Manolakis, eine gebürtige Essenerin, die der Liebe wegen vor 29 Jahren auf die Insel kam und dort unter anderem als Touristenführerin arbeitet.

Der Name Limenaria ist abgeleitet vom Namen der Insel-Hauptstadt Limenas und bedeutet so viel wie das "Kleine Limenas". Dafür darf der Ort für sich in Anspruch nehmen, eine echte "Villa Hügel" zu besitzen. Denn nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm die Firma Krupp die Schürfrechte für den Abbau des dort lagernden Eisenerzes, errichtete dafür auf einem Hügel auch ein palastähnliches Verwaltungsgebäude, das der Volksmund flugs "Palataki" taufte - das kleine Schloss. 1962 wurde der Abbau eingestellt - seitdem verfällt das Schloss. Exportschlager ist der weiße Marmor, der auf der ganzen Insel zu sehen ist. Und die zeigt sich abwechslungsreich: Ist der Westen von flach abfallenden Küsten gekennzeichnet, bei denen der Baumbestand fast bis zum Meer reicht, dominieren im Süden Steilküsten. "Den Osten kann man als den alpinen Teil bezeichnen", ergänzt Birgit Manolakis.

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Dazwischen, im Südosten, liegt die Halbinsel Aliki. Die bietet nicht nur schöne Strände, sondern auch archäologische Ausgrabungen. Eifrig zugange ist dort Restaurator Thomas Kyriakidis, der gerade zwei vorbyzantinische Basiliken aus dem 5. Jahrhundert präpariert. "Griechen, Römer, Byzantiner: Hier haben viele ihre Spuren hinterlassen. Wir müssen es bewahren", sagt er mit Nachdruck. Birgit Manolakis lenkt derweil den Blick auf eine Kiefer - wegen des Waldreichtums wird auf Thassos seit jeher auch die Bienenzucht großgeschrieben: "Vom Kiefernhonig ernähren sich die Bienen selbst. Der geht auf die Ausscheidungen von Blattläusen zurück, die so eine Art ,Zuckerwatte' produzieren." Der Waldreichtum hat aber auch seine Schattenseiten. "1985, 1989 und 1993 haben hier drei große Waldbrände gewütet. Mittlerweile hat sich aber fast alles regeneriert", sagt Manolakis.

Nach drei Jahrzehnten auf der Insel ist die gebürtige Essenerin auch mit den Eigenarten der Bewohner bestens vertraut - zum Beispiel mit ihrem ausgeprägten Aberglauben. Dazu zählt der "böse Blick", der den treffe, der ein Kompliment erhält. "Die Angst, dass dies ins Gegenteil umschlagen könnte, ist sehr groß. Daher wird dann gerne dreimal hintereinander in die Richtung desjenigen gespuckt, der das Kompliment verteilt hat", erläutert Manolakis. Als Abwehrmaßnahme gegen den "bösen Blick" würden viele Einwohner auf Thassos eine kleine blaue Glaskugel mit einem gemalten Auge bei sich tragen. "Dieser Aberglaube macht auch vor Akademikern nicht halt. Der ist wirklich weit verbreitet", betont die Touristenführerin - und nennt in dem Zusammenhang eine weitere Kuriosität: Um kein Kompliment für die Kleidung zu bekommen, würden Frauen ihr Shirt auch schon mal absichtlich falsch herum tragen.

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Foto: Shutterstock.com/photoff

Die Menschen auf Thassos glauben aber auch sehr stark an Gott. Einen Eindruck davon kann der Besucher im Nonnenkloster Archangelou gewinnen - wohl die berühmteste Sehenswürdigkeit der Insel, die wie ein Adlerhorst auf einem mächtigen Küstenfelsen thront. Kurze Hosen und unbedeckte Schultern sind dort nicht erlaubt - für potenzielle Besucher liegt am Eingang aber genügend "Verhüllungsmaterial" bereit.

Die Redaktion wurde von Rhomberg Reisen zu dieser Reise eingeladen.

(RP)
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