Urlaub in Deutschland Im Emsland ist Mundraub erlaubt

Im Emsland entlang des idyllischen Flüsschens Hase dürfen Besucher so viel Obst essen, wie sie wollen. Das Hasetal ist die erste Mundraubregion Deutschlands.

Mundraub ist im Hasetal straffrei. "Er ist sogar erwünscht", bekräftigt Wilhelm Koormann, Geschäftsführer der Hasetal Touristik in Löningen. Rund 2000 Apfel-, Birnen-, Kirsch- und Pflaumenbäume wachsen entlang des etwa 150 Kilometer langen Hasetalradweges. Er verläuft am Flüsschen Hase, das von Melle bei Osnabrück bis Meppen im Emsland fließt. "Wir haben hier die erste Mundraub-Region Deutschlands", freut sich Koormann. Im Juli sind die ersten Kirschen und Pflaumen reif, im August Äpfel und Birnen.

Mehr als 200 Baumpaten haben ehrenamtlich die Pflege übernommen, darunter sind Urlauber, Einheimische, Hoteliers und Schulklassen. Es gibt auch passive Paten, die 20 Euro im Jahr für die Pflege zahlen. An manchen Bäumen baumeln noch rote Schilder mit dem Aufdruck: Baumpate gesucht. Obst sollen alle kennen und wertschätzen lernen, das ist eines der Ziele der Mundraub-Initiatoren. "Wir haben viele Produkte daraus entwickelt - von Marmelade bis zum Most", sagt der Ober im Parkhotel Meppen. Dort wie in vielen anderen Herbergen und Cafés sind die Mundraub-Produkte zu haben. Die Mitarbeiter sind geschult und wissen viel zu dem Thema zu erzählen.

Öffentliche Obstbaumalleen prägen die flussbegleitende Kulturlandschaft schon seit 15 Jahren, doch jetzt ist das Ganze zu einem ökonomisch, ökologisch und sozial nachhaltigen Projekt gereift. Es wurden Bäume gepflanzt, weil die alten oft unbeachtet wegfaulten. "Wer sich einmal so richtig mit Obst sattessen möchte, reist ins Hasetal", meint Kai Gildhorn, Geschäftsführer von mundraub.org aus Berlin. Die kleine Organisation kartiert europaweit Standorte von Gratis-Obst und war entzückt, als Koormann anrief. Gildhorn setzte sich in den nächsten Zug, um sich die Vielfalt im Hasetal anzusehen. Heute sind die meisten der Bäume bewertet und kartiert. Jeder kann sie online ansehen und gezielt ansteuern. "Mundraub ist in", prophezeit Gildhorn.

Gerade aufgestellt wurden zehn rote Mundräuberbänke mit Räuberleiter, über die der Gast in den Baum klettern kann. Dort findet er einen Hinweis, wo das nächste Lokal liegt und dass es Kuchen mit Früchten von genau diesem Baum im Angebot hat. "Wir haben dadurch schon jetzt mindestens fünf Prozent mehr Gäste im Jahr", rechnet Koormann vor. Die Natur spielt auch eine Rolle, denn Eisvogel und Biber sind zu sehen. Beobachtungstürme geben den weiten Blick ins Land frei. Lohnenswert sind aber auch Kulturcafés wie das Alte Gasthaus Giese in Bokeloh, das an den Maler Otto Pankok erinnert, oder Röckers Waldgasthof mit Tieren und Schnitzereien.

Die wenigsten bleiben nur einen Tag. "Dazu ist die Region viel zu abwechslungsreich", meint eine Radlerin aus Hildesheim. "Wir kommen als Baumpate jetzt dreimal im Jahr." Viele beteiligen sich auch an dem Projekt "Radeln fürs Klima" - der freiwillige Beitrag von Pauschalreisenden zum Erhalt der Obstbäume liegt bei einem Cent pro gefahrenem Kilometer.

(RP)
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