Wenn der "Grexit" kommt Das müssen Griechenland-Reisende jetzt wissen

Düsseldorf · Die Bilder von langen Schlangen vor griechischen Banken dürften einige Griechenland-Urlauber nervös machen. Sollte man seine Reise nun besser absagen? Und was ist zu beachten, wenn man demnächst in den Flieger Richtung Athen steigt? Wir haben den Deutschen Reiseverband gefragt.

Das müssen Griechenland-Reisende jetzt wissen
Foto: dpa, sp ks

"Abraten von einer Reise nach Griechenland würde ich nicht", sagt Sibylle Zeuch, Pressesprecherin vom Deutschen Reiseverband. "Es gibt keine Anzeichen dafür, dass eine Reise gefährlich oder problematisch werden könnte", so die Expertin.

Urlaubern, denen die Reise noch bevorsteht, empfiehlt Zeuch jedoch, ihre Zahlungsmöglichkeiten gut zu überdenken. "Am besten ist eine Mischung aus Bargeld und Kreditkarte, zum einen, weil man zu viel Bares nicht mitnehmen will, zum anderen, weil die Kreditkarte auch dann akzeptiert wird, wenn es ansonsten keine Möglichkeit gibt, an Geld zu kommen." Zahlungen mit Kreditkarte sind prinzipiell auch dann noch möglich, wenn es zu einer Insolvenz Griechenlands kommt. Es könnte aber sein, dass viele Geschäfte und Hotels auf Bargeldzahlung bestehen. Deshalb man entsprechend planen.

Grund für ihren Rat ist die Fernsehansprache des griechischen Regierungschefs Alexis Tsipras. Er hatte am Sonntagabend angekündigt, dass die Banken in Griechenland vorerst geschlossen bleiben sollen — und zwar ab diesem Montag. Der Bankensektor solle mit Kapitalverkehrskontrollen vor dem Zusammenbruch bewahrt werden. Die Banken könnten eine Woche lang bis nach dem Referendum über die Forderungen der internationalen Gläubiger an Griechenland geschlossen bleiben. Barabhebungen an Geldautomaten werden auf 60 Euro beschränkt.

Zwar hieß es auch, dass die Einschränkungen nicht für Besucher aus dem Ausland gelten, wenn diese "mit einer in ihrem Herkunftsland ausgestellten Kreditkarte Transaktionen und Abhebungen" vornehmen wollten. Einige Griechen berichteten jedoch am Sonntag, dass manche Geldautomaten bereits leer seien, sodass an ihnen kein Geld mehr abgehoben werden konnte.

"Wer noch die Zeit hat und nicht etwa in einen all-inclusive-Urlaub fährt, der sollte hochrechnen, wie viel er ungefähr pro Tag ausgeben wird, und entsprechend genug Bargeld mitnehmen", rät Zeuch deshalb. Auch das Auswärtige Amt in Berlin bestätigt die Empfehlungen von Zeuch. Es hatte bereits am Sonntag Deutschen, die nach Griechenland reisen, geraten, sich vorab mit ausreichend Bargeld zu versorgen. In Griechenland könne es bei der Bargeldversorgung "zu erheblichen Wartezeiten" sowie zu "Engpässen beispielsweise bei der Ausstattung der Automaten mit Bargeld" kommen, hieß es in den aktualisierten Reise- und Sicherheitshinweisen des Ministeriums.

Aber selbst, wenn die schlimmste Situation eintrete und wirklich nirgends Bargeld zu bekommen sei, gebe es immer noch Lösungen, so die Pressesprecherin des Deutschen Reiseverbandes: "In diesem Fall können sich Betroffene an Verwandte oder Bekannte wenden und diese bitten, ihnen über Bargeldtransfer-Dienste Geld zu schicken." Über solche Institute kann Geld unabhängig von einem Bankkonto überwiesen werden. Es muss lediglich ein Formular ausgefüllt und das Geld eingezahlt werden. Betragsgrenzen gibt es keine. Umgedreht muss sich der Empfänger im Urlaubsland bei der Abholung am Schalter eines solchen Instituts mit einem Lichtbildausweis identifizieren und ein Empfangsformular ausfüllen. Allerdings sollte sich Urlauber auch über diese Möglichkeit vor einer Reiseüber den aktuellen Stand eingehend informieren. So hat etwa Western Union angekündigt, seine Filialen in Griechenland vorraussichtlich für die gesamte Woche geschlossen zu lassen. Von den Plänen der Konkurrenten wie MoneyGram oder Hawala ist bislang noch nichts zum Thema bekannt.

Sollte es wegen den aktuellen Entwicklungen zu Problemen mit einer bei einem Veranstalter gebuchten Reise geben, ist der Veranstalter selbst verantwortlich. Aus diesem Grund muss er auch Verantwortung übernehmen, wenn Teile der Reise nicht angetreten werden können. Ein Grund, eine gebuchte Reise kostenfrei zu stornieren, ist der "Grexit" aber nicht. Der Veranstalter befindet sich in Deutschland und auch die Bezahlung wird über Deutschland abgewickelt. Eine andere Bewertung könnte nur dann eintreten, wenn erhebliche Beeinträchtigungen wie etwa Unruhen, gravierender Streiks oder Lieferengpässe zu erwarten sind. Dies kann aber nur kurzfristig bewertet werden. Urlauber sollten daher die Entwicklung abwarten und gegebenenfalls ihren Veranstalter kontaktieren.

Neben Bargeld-Problemen könnte es auch zu Engpässen bei der Versorgung mit Benzin kommen - insbesondere dann, wenn Griechenland in die Staatspleite geht. Da Rohöl nahezu vollständig in das Land importiert werden muss, es in diesem Fall schon bald knapp werden. Mit erheblichen Engpässen an den Zapfsäulen muss daher gerechnet werden.

(ham)
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