Stiftung Warentest Gemüsechips sind auch nicht gesünder

Berlin · Neben Kartoffelchips, Flips und Salzstangen finden sich in den Supermarktregalen immer mehr Tüten mit bunt gemischtem Inhalt aus Gemüse. Nur wenige Hersteller konnten die Experten der Stiftung Warentest jedoch überzeugen.

 Viele Verbraucher halten Chips aus Möhren, rote Beete und Süßkartoffel für eine kalorienarme Variante normaler Kartoffelchips (Symbolbild).

Viele Verbraucher halten Chips aus Möhren, rote Beete und Süßkartoffel für eine kalorienarme Variante normaler Kartoffelchips (Symbolbild).

Foto: JeniFoto/ Shutterstock.com

Die Werbung im Fernsehen ist oft gleich: Freunde lümmeln sich gemütlich auf der Couch, reichen eine Chips-Tüte herum, haben Spaß. Was die Bilder nicht zeigen: klebrige Finger, Kalorien, Übergewicht. Praktisch, dass es nun endlich eine gesunde Alternative zu geben scheint: Gemüsechips.

Laut einer Umfrage der Stiftung Warentest halten 40 Prozent der Befragten frittierte Scheibchen aus Roter Bete, Pastinake, Süßkartoffel oder Karotte für gesünder als klassische Kartoffelchips. Für 47 Prozent der Befragten sind sie bezüglich des Gesundheitsaspekts vergleichbar. Reueloses Knabbern ist aber dennoch nicht möglich.

 So schnitten die verschiedenen Gemüsechips bei Stiftung Warentest ab.

So schnitten die verschiedenen Gemüsechips bei Stiftung Warentest ab.

Foto: ferl

Die Stiftung Warentest hat Gemüsechips-Mischungen von 15 Herstellern unter die Lupe genommen. Nur drei Produkte erhielten das Qualitätsurteil "gut", vier hingegen sogar ein "mangelhaft".

Am besten schnitten die Chips von Seeberger ab - die gleichzeitig mit einem durchschnittlichen Preis von 4,15 Euro pro 100 Gramm auch das teuerste Produkt im Test waren. Die einzelnen Gemüsesorten würden sich durch einen kräftigen, aromatischen Eigengeschmack und geringe Fettigkeit auszeichnen, urteilten die Warentester. Überzeugend fanden sie auch die Chips von Funny Frisch und Trafo.

Die meisten anderen Produkte seien dagegen eher mittelmäßig, so das Fazit. Sie würden fettig riechen und schmecken, oft brandig im Geschmack sein und eine pappige Konsistenz besitzen.

Bei den mit "mangelhaft" bewerteten Produkten fanden die Tester zudem kritische Stoffe. Bedenkliche Mengen Acrylamid wurden etwa in den Chips des Discounters Netto, in den Svenska LantChips und in den Gemüse-Kesselchips von Tegut gefunden. Die Rote-Bete-Chips von Tyrrells waren mit Nitrat belastet.

 So schnitten die verschiedenen Gemüsechips bei Stiftung Warentest ab.

So schnitten die verschiedenen Gemüsechips bei Stiftung Warentest ab.

Foto: ferl

Acrylamid gilt als potenziell krebserregend und erbgutschädigend. Dies wurde zumindest in Tierversuchen nachgewiesen. Es bildet sich, wenn kohlenhydratreiche Lebensmittel mit hohen Temperaturen, etwa beim Frittieren, in Verbindung kommen. In Kartoffelchips war der Schadstoff lange ein Problem. Mittlerweile haben die Hersteller den Gehalt auf durchschnittlich die Hälfte des EU-Richtwerts gesenkt. Für Gemüsechips existiert noch kein solcher Richtwert, so dass sich die Stiftung Warentest an dem für Kartoffelchips orientierte.

Nitrat wiederum kann im Körper zu Stoffen reagieren, die in Tierversuchen ebenfalls krebserregend wirkten. Die entsprechenden Richtwerte für Menschen sind dabei schnell erreicht: So überschreitet eine etwa 60 Kilogramm schwere Person sie beispielsweise laut der Stiftung Warentest etwa um das doppelte, wenn sie eine Tüte der Marke Tyrrells isst.

Eine gesunde Alternative zu klassischen Kartoffelchips sind die Varianten aus Gemüse aus Sicht der Warentester daher auch nicht. Dass den Gemüsechips dieses Image bislang dennoch anhaftet, liegt aus Sicht von Julia Bongartz, Lebensmittelchemikerin bei der Stiftung Warentest, neben der suggestiven Aufmachung der Tüten, auf denen häufig frisches Gemüse gezeigt wird, auch am namensgebenden Wort: Gemüse würde gemeinhin automatisch mit gesunder Ernährung in Verbindung gebracht, sagt sie. Der Realität hält dies jedoch nicht stand: Laut Stiftung Warentest sind Gemüsechips nicht gesünder als der Klassiker aus Kartoffeln - egal ob mit "gut" oder "mangelhaft" bewertet. Ihr Energiegehalt ist mit durchschnittlich über 500 Kilokalorien pro 100 Gramm vergleichbar, und sie sind ähnlich fettig.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort