Jung und Alt Kündigungsfristen unabhängig vom Alter

Düsseldorf (RP). Bei der Berechnung der Kündigungsfristen muss künftig gleiches Recht für jüngere und für ältere Arbeitnehmer gelten. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden (Az.: C-555/07).

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BGB-Regelung Die Kündigungsfristen sind in Paragraf 622 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt. Danach gilt: Je länger Arbeitnehmer einem Betrieb angehören, desto länger sind ihre Kündigungsfristen. Für einen Beschäftigten, der beispielsweise mehr als zehn, aber weniger als zwölf Jahre bei einer Firma tätig ist, gilt — soweit im Tarifvertrag nichts anderes festgelegt ist — eine viermonatige Kündigungsfrist. Bei mehr als zwölf Beschäftigungsjahren sind es fünf Monate. Juristisch infrage steht aber folgender Satz aus dem Gesetzestext: "Bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer werden Zeiten, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahrs des Arbeitnehmers liegen, nicht berücksichtigt."

Konkreter Fall Der EuGH-Entscheidung lag der Fall von Seda Kücükdeveci zugrunde. Sie war seit ihrem vollendeten 18. Lebensjahr bei dem Essener Präsentationsprodukte-Hersteller Swedex beschäftigt. Nach mehr als zehn Beschäftigungsjahren wurde sie im Alter von 28 Jahren entlassen — unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von nur einem Monat. Das war zwar nach der Altersklausel im BGB korrekt. Nach ihrer Beschäftigungsdauer hätte ihr aber eine viermonatige Kündigungsfrist zugestanden.

Für den EuGH war klar, dass diese Kündigungsregelung eine Ungleichbehandlung enthält, die auf dem Kriterium des Alters beruht. Sie verstößt damit gegen Europäisches Recht, konkret gegen die Anti-Diskriminierungs-Richtlinie 2000/78. Die Kündigungsfristen für Arbeitgeber müssen daher künftig unabhängig vom Alter der Gekündigten berechnet werden.

Sofortige Wirkung Beachtet ein Arbeitgeber die EuGH-Vorgaben bei der Berechnung der Kündigungsfrist nicht, so wird die Kündigung dadurch nicht unwirksam. Gekündigte können dann allerdings vor dem Arbeitsgericht klagen und eine Nachzahlung der Vergütung für eine entsprechend längere Kündigungsfrist einfordern. Deutsche Arbeitsgerichte müssen bei einer solchen Klage nun die immer noch existierende Alters-Regelung in Paragraf 622, Absatz 2 BGB unangewendet lassen - solange das Gesetz noch nicht geändert ist. Ein konkreter Termin für eine solche Gesetzesänderung steht nach Auskunft des Bundesarbeitsministeriums noch nicht fest.

Tarifverträge Nach wie vor können per Tarifvertrag auch Kündigungsfristen vereinbart werden, die von der gesetzlichen Regelung abweichen. Doch auch hierbei müssen Jung und Alt nach dem EuGH-Urteil jetzt gleich behandelt werden.

(RP)
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