Neue Chance Ein neues Zuhause schenken

Hunde, Katzen und Co. aus dem Tierheim haben oft einen schlechten Ruf. Viele potenzielle Tierhalter fürchten, sie seien gestört, krank, alt und gebrechlich. Doch tatsächlich finden sich dort echte Schätze.

 Auch Nager wie dieses Angora-Mix-Kaninchen werden im Tierheim abgegeben.

Auch Nager wie dieses Angora-Mix-Kaninchen werden im Tierheim abgegeben.

Foto: Inga Kjer/tmn

Adoptieren statt kaufen — viele künftige Tierhalter zögern beim Gedanken an ein Tier aus dem Heim. Sie fürchten, ein traumatisiertes, krankes Tier zu bekommen. Dabei suchen Tausende Tiere ein neues Zuhause. Laut der Tierrechtsorganisation Peta werden jährlich rund 300.000 Tiere in den deutschlandweit mehr als 500 Heimen abgegeben. Gründe sind meist Zeitmangel, Überforderung oder ein Spontan- beziehungsweise Mitleidskauf. Dabei sollte die Anschaffung eines Haustiers gut überlegt sein. Denn Hunde leben zwischen zehn und 15 Jahre, Katzen sogar bis zu 20 Jahre.

"Seriöse Tierheime achten darauf, dass der Halter zum Tier passt, nicht umgekehrt", sagt Ulf Hoffmann vom Tierheim Berlin. "Sonst landet das adoptierte Tier als ,Rückläufer' schnell wieder im Tierheim." Um dem vorzubeugen, gibt es im Vorfeld ein ausführliches Gespräch mit dem Interessenten. Eine von ihm auszufüllende freiwillige Selbstauskunft hilft, Punkte wie Größe der Wohnung, Arbeitszeiten und Kosten — etwa für Futter oder Tierarzt — zu klären. Wer ein Tier aus dem Heim übernimmt, muss mindestens 18 Jahre alt sein, dies wird auch per Ausweis überprüft. Ein Tier sollte niemals ein unbedachtes Geschenk oder Kinderspielzeug sein.

Damit man nicht die Katze im Sack kauft, informieren die Tierpfleger über Charakter, Verhalten und Bedürfnisse des eweiligen Tiers. Bei der Hundevermittlung besteht in seriösen Tierheimen die Möglichkeit, dass Hund und Interessent sich auf einem heimeigenen Gelände beim Gassigehen oder Spielen kennenlernen. "Im Tierheim Berlin wird ein Gassi-Vertrag abgeschlossen und der Hund zieht für fünf Tage zum Probewohnen bei seinem potenziellen neuen Herrchen ein", sagt Hoffmann. Dann zeigt sich schnell, ob Tier und Mensch harmonieren.

Liebe auf den ersten Blick war es bei Thomas Germeshausen und Mischling Keule aus dem Hamburger Tierschutzverein: "Ich sah Keule in seinem Auslauf und wusste, der oder keiner", sagt Germeshausen. Obwohl Bekannte ihm von dem sehr lebhaften Jagdterrier-Mix abrieten und anmerkten, wegen Rasse und seiner unbekannten Herkunft gehöre Keule in die Hände eines erfahrenen Jägers, ließ sich das neue Herrchen nicht entmutigen. Germeshausen hat Keules Adoption nie bereut. "Sicherlich dauerte es eine Weile, bis sich Keule bei mir eingelebt hatte. Aber mit ihm gab es nie ein Problem."

Es sind Vorurteile, dass Tiere aus dem Heim generell schwieriger und weniger verträglich sind oder einen seelischen beziehungsweise körperlichen Schaden mitbringen. Natürlich haben einige negative Erfahrungen mit Menschen gesammelt. Aber Problemtiere werden von Tierärzten und -therapeuten betreut und gehen erst in die Vermittlung, wenn ihr Gesundheitsstatus geklärt ist, erklärt Hoffmann.

Doch warum adoptieren statt beim Züchter kaufen? Vor allem, um Gutes zu tun. Im Tierheim sitzen viele gesunde, gut sozialisierte Hunde und Katzen aller Altersstufen und Rassen. Außerdem gibt es auch unter Hundezüchtern schwarze Schafe. "Verantwortungsbewusste Züchter verpaaren nur Tiere mit bester Gesundheit", erklärt die Hamburger Tierärztin Stephanie Mauer. "Das heißt: keine Hüftdysplasie, keine Epilepsie, keine Allergie und mit guten Charaktereigenschaften. Werden Hunde unkontrolliert verpaart, ist dies unmöglich."

Ein weiteres Problem stellen laut Peta sogenannte Qualzuchten dar: Modehunde wie Möpse, Französische und Englische Bulldoggen werden oft besonders auf rassetypische Merkmale hin gezüchtet. Die Gesundheit der Tiere, die mitunter an Erbkrankheiten leiden, bleibt dann auf der Strecke. Wenn im Tierheim zwischen dem neuen Halter und Vermittlungstier alles passt, kann das geimpfte, entwurmte und zur Erkennung gechipte Tier in sein neues Zuhause einziehen. Generell werden Hunde, Katzen und Nager kastriert abgegeben. Der Neuhalter erhält Heimtierausweis und Impfpass. Und es wird eine Schutzgebühr erhoben. Sie liegt im Schnitt zwischen 20 und 30 Euro für Kleintiere, 80 und 100 Euro für eine Katze, 180 und 250 Euro für einen Hund. Die Gebühr soll höher sein als der Ankaufspreis bei Versuchslaboren — damit sich ein Missbrauch einer Vermittlung nicht lohnt und die Tiere auch wirklich in gute Hände kommen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort