Waldmeister, Cumarin, Bittermandel Einen Hauch Tonkabohne, bitte!

Wer die aromatische Bohne einsetzt, sollte geizen. Denn nur wohldosiert entfaltet sie ihr Aroma - zum Beispiel in Kuchen oder Cocktails.

Tonkabohne: Rezepte und Ideen
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Wenn Ingo Holland eine mit Tonkabohnen verfeinerte Speise isst, hofft er immer, dass der Koch geizig war. "Oft wird die Tonkabohne überdosiert", sagt der Gewürz-Experte, Chef im "Alten Gewürzamt" in Klingenberg am Main. Wird zu viel von ihr genommen, klebt ihr Aroma zu lange am Gaumen, und dann können sich die einzelnen Geschmacksnoten nicht entfalten. Und das wäre schade. "Die Tonkabohne hat ein breites, einzigartiges Spektrum: Sie schmeckt zum Beispiel nach Waldmeister, Cumarin und Bittermandel", sagt Holland.

Da ihr Aroma auch an Vanille erinnert, wird die aus Südamerika stammende Tonkabohne "Mexikanische Vanille" genannt. Beim Kochen wird sie häufig als Ersatz für die klassische Vanille verwendet, vor allem zum Würzen von Süßspeisen. Für Ingo Holland allerdings ist die schwarze Bohne kein Ersatz, eher eine Ergänzung. "Vanille und Tonkabohne sind nicht miteinander zu vergleichen", stellt er fest - schon allein, weil man die Vanille gar nicht überdosieren könne.

Bei der Frucht des Tonkabaums allerdings sollte man nicht nur wegen des Geschmacks Zurückhaltung üben. Der Inhaltsstoff Cumarin steht unter anderem in Verdacht, Krebs auszulösen und die Leber zu schädigen. Ingo Holland betont aber, dass eine Überdosierung kaum möglich ist, denn die Speise würde dann ohnehin furchtbar schmecken und damit ungenießbar. Da bei der Anwendung als Gewürz nur wenige Krümel von der Bohne abgerieben werden, ist eine gesundheitsschädigende Wirkung nicht zu erwarten, beruhigt die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände in Berlin. Wer die Tonkabohne ausprobieren möchte, kann sie bei spezialisierten Händlern bestellen, oft ist sie auch in Apotheken, bei Gewürzhändlern oder in sehr gut sortieren Supermärkten erhältlich.

Bei der Zubereitung lässt sich die Tonkabohne wie eine Muskatnuss über eine feine Reibe ziehen und gibt so zum Beispiel dem Cocktail "Planter's Punch" mal eine andere Würze. Ingo Holland schätzt ihren Einsatz auch in einem Baumkuchen. "Aber auf ein Kilo Teig reichen zwei Gramm Tonkabohne völlig aus", betont er. Für Süßspeisen wie Crème brulée oder Pannacotta bricht man die Bohne im Mörser leicht an und legt sie dann für sechs bis acht Stunden in kalte Sahne oder Milch. "So lässt sich die Intensität besser abschätzen, als wenn man sie als Pulver dazugibt."

Die Tonkabohne verbreitet ihr Aroma nicht nur in Süßspeisen oder Cocktails. Sie wird auch als Aroma etwa in Pfeifentabak oder in der Parfümindustrie verwendet. Prada zum Beispiel kombiniert in seinem Parfüm "Infusion d'Iris" japanische Birne, italienische Schwertlilie, mit Orangenblüte, Tonkabohne, Vanille und Moschus.

In der Barszene wird die Tonkabohne noch nicht so häufig verwendet, sagt Dennis Stange, Barmanager in der von der Kofler & Kompanie betriebenen "Pardo-Bar" im Düsseldorfer Ständehaus. Für einen vielfältigen Einsatz stellt er einen Sirup her, indem er die Bohne mit heißem Wasser überbrüht und ziehen lässt. "So entfaltet sich das feine Parfüm besser, und die hölzernen Noten kommen besser zur Geltung." Auch dank der Mandel-Note passt die Tonkabohne gut zu Vanille und exotischen Spirituosen, zum Beispiel zum japanischen Reiswein Sake oder zum Branntwein Shochu.

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Für den Drink "Femme" mixt Stange Shochu mit Vanille-Tonka-Likör, einem Spritzer Zitrone und Cranberryjuice. "Das ist ein leichter, frischer Sommerdrink - elegant und mit einer Geschmacksvielfalt von fruchtig, säuerlich bis bitter." Für die Variante "Hypnose" bleibt er bei Shochu und Vanille-Tonka-Sirup als Basis und kombiniert dazu einen Spritzer Zitrone, einen Schuss Veilchen-Likör und das Fruchtmark einer frischen Maracuja.

Generell setzt die Barszene Kräuter und Gewürze regelmäßig ein. Aromen wie Rosmarin, Thymian, Salbei oder Basilikum sind fester Bestandteil vieler Drinks. Und auch Pfeffer findet mittlerweile auch jenseits der "Bloody Mary" vielseitige Verwendung. Stange empfiehlt einen Hendricks-Gin samt Schlangengurke-Scheibe und einer Prise frisch gemahlenen Pfeffers. Und Ingo Holland rät zu gemörsertem Sansho-Pfeffer in Champagner. Wie immer gilt: Ein Hauch genügt.

(RP)
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