Zwölf Erkältungsmythen - und der Faktencheck

Wer über eine Erkältung klagt, bekommt viele gute Ratschläge: heiße Milch, Honig, Ingwer, Schwitzen in der Sauna, Ruhe. Doch welche Erkältungsmythen stimmen wirklich?

Kratzender Hals, tropfende Nase und Gliederschmerzen - die Symptome kennt jeder, und noch reichhaltiger ist der Katalog angeblich hilfreicher Gegenmaßnahmen. Wir verraten, was hilft und was nicht.

Heiße Milch mit Honig

"Bei trockenem Husten kann warme Milch mit Honig zwar reizlindernd wirken - weniger jedoch bei schleimproduzierendem Husten, da Milch selbst schleimproduzierend wirkt", sagt Ernährungswissenschaftlerin Anja Markant vom Fachbereich für Oecotrophologie an der Fachhochschule Münster. Auch mögliche antibakterielle und antivirale Wirkungen des Honigs seien nicht hinreichend belegt. "Mit ein bis zwei Teelöffeln kann man zudem nicht viel von den positiven Wirkstoffen aufnehmen." Werde das Getränk über 40 Grad erhitzt, würden sie sogar abgebaut. Richtig sei aber, dass warme Getränke das Reizgefühl im Rachen lindern könnten.

Heiße Zitrone

"Vitamin C kann die meisten Menschen nicht vor Erkältungen schützen", sagt Markant. "Natürlich brauchen wir Vitamin C. Aber eigentlich nehmen wir mit der täglichen Nahrung genug auf." Zudem könnten die Säuren der Zitrone die Rachenschleimhaut reizen.

Ingwer

Ingwer wirkt wie ein natürliches Antibiotikum. "Er enthält ätherische Öle und sogenannte Scharfstoffe", sagt die Expertin. Letztere hätten etwa eine schmerzlindernde Wirkung. Zudem rege Ingwer die Durchblutung an und sorge so auch für warme Hände und Füße.

Warmes Bier

Zu viel Alkohol schwächt das Immunsystem und entzieht dem Körper Wasser. Mit einer Ausnahme: "Warmes Bier in kleinen Mengen scheint tatsächlich bei Erkältungen zu helfen", sagt Markant. "Bier enthält Hopfen, der sich durch ätherische Öle und Bitterstoffe auszeichnet." Die wirken ihr zufolge schlaffördernd - was ja bekanntlich die beste Medizin ist. Leicht erwärmt werde der Effekt verstärkt.

Schlaf

"Man hat dann in der Tat ein erhöhtes Schlafbedürfnis", sagt Stefan Wilm, Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin der Uniklinik Düsseldorf. "Was der Körper verlangt, kann nicht falsch sein." Studien dazu gebe es allerdings nicht.

Hühnersuppe

Zwar kann der Dampf von Hühnersuppe die Schleimhäute befeuchten und die Hitze Viren töten. Dass Zink im Hühnerfleisch das Immunsystem stärkt, ist Expertin Markant zufolge aber nicht belegt - ebenso wenig wie die Wirkung der darin enthaltenen Aminosäure, die das Reifen weißer Blutkörperchen unterstützt und das Immunsystem stärken soll.

Sport

"Ob Sport möglich ist oder nicht, hängt von der Schwere der Erkältung ab", sagt Sportwissenschaftler Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule Köln. "Bei einem leichten Schnupfen ist es nicht zwangsläufig notwendig, eine Sportpause einzulegen." Im Zweifel sei Bewegung an frischer Luft besser für die Schleimhäute als trockene Heizungsluft. Wer sich schlapp fühle, sollte aber eine Pause einlegen. "Absolutes Sportverbot gilt bei erhöhter Körpertemperatur."

Die Drei-Tage-Regel

Die Faustregel "drei Tage kommt sie, drei Tage bleibt sie, drei Tage geht sie" sei nicht gänzlich abwegig, sagt Wilm, der auch Hausarzt sowie Präsidiumsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin ist. "Es gibt aber Atemwegsinfekte, die man schon nach fünf Tagen wieder los ist." Hartnäckiger Husten nach Virusinfekten könnte indes bis zu sechs Wochen anhalten.

Kälte "Man kann in experimentellen Studien zeigen, dass Menschen, denen kalt geworden ist, sich etwas leichter infizieren", erläutert Wilm. Insgesamt sei der Einfluss von Kälte aber gering.

Schwitzen

Ob ein Saunagang während oder bei einer sich anbahnenden Erkältung sinnvoll ist - daran scheiden sich die Geister. Auch Mediziner haben keinen klaren Rat: "Das muss jeder für sich wissen", sagt Wilm. Generell könnten aber zumindest regelmäßige Saunagänge die Häufigkeit von Infekten vermindern. Vorsicht sollten allerdings Bluthochdruckpatienten walten lassen. Zuerst ist Rücksprache mit dem Arzt von Nöten, dann sollte die Biosauna (60 Grad) der finnischen Sauna (80 bis 100 Grad) vorgezogen werden - und der Sprung ins kalte Becken muss für Patienten mit erhöhtem Blutdruck ausbleiben. Die sanftere Methode sind Kneipkuren, die ähnlich wie Saunagänge auf Temperaturwechseln basieren und Gefäße sowie Kreislauf trainieren. Das lässt sich auch zuhause machen. Dafür einfach erst die Beine anwärmen und anschließend durch etwa 18 Grad kaltes Wasser waten. Wer Arbeit sparen will, kann auch mit den Armen im Waschbecken kneipen.

Nasenspray

Nasenspray befreit zwar die Nase, doch es besteht die Gefahr, abhängig davon zu werden. Wilm rät deshalb, es nur wenige Tage zu benutzen. Gegen die Dauer des Schnupfens könne es nichts ausrichten. "Aber wenn die Nase nachts frei ist, schläft man besser." Eine ungefährliche Alternative sind Nasensprays aus Meerwasser. Sie pflegen die Schleimhäute, wirken allerdings nur leicht abschwellend.

Lüften

Es hilft zwar nicht direkt gegen eine Grippe, doch Lüften senkt die Ansteckungsgefahr, insbesondere im Büro. Es empfiehlt sich, viermal täglich für zehn Minuten das Fenster zu öffnen. Das gilt übrigens auch, wenn die Erkrankung schon ausgebrochen ist.

(RP)
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