Weltnichtrauchertag Die beste Raucherin von allen

Köln · An diesem Dienstag ist Welt-Nichtrauchertag, die Zahl der Raucher geht zurück. Unser Autor ist mit einer Raucherin verheiratet. Und er sagt: Mit ein bisschen Toleranz ist auch eine solche Ehe kein Problem.

 Aus Solidarität mit vor der Tür: Martin Kessler leistet seiner Frau Gesellschaft bei einer Zigarette auf dem Balkon.

Aus Solidarität mit vor der Tür: Martin Kessler leistet seiner Frau Gesellschaft bei einer Zigarette auf dem Balkon.

Foto: Anne Orthen

Es ist fast ein Ritual. Pünktlich um sieben Uhr beginnt für meine Frau der Feierabend — mit der ersten Zigarette des Tages. Manchmal ist es auch ein bisschen später, nur selten früher. Es ist, das spüre ich auch als passionierter Nichtraucher, eine Genusszigarette. Die Last des Alltags, der Sorgen, der Arbeit lässt sich abstreifen, die Ruhe und das gepflegte Gespräch beginnen. Manchmal kommt es mir vor wie in der Werbung — greife lieber zur HB, dann geht alles wie von selbst. Deshalb verbindet meine Frau gern das Rauchen mit dem, was sie noch lieber tut: telefonieren.

Gut, dass die Telefone, auch für das Festnetz, inzwischen schnurlos geworden sind. Das erlaubt es, beide Tätigkeiten auf unserer ausgebauten Treppe zum Garten gleichzeitig auszuüben. Niemand ist gestört — wenn man vom nachbarlichen Kater einmal absieht. Der hat sein Jagdrevier aber nicht nur in unserem Garten, auch wenn es uns manchmal so vorkommt. Das ist alles so entspannt, dass ich bisweilen selbst hinausgehe. Denn der Austritt zum Garten hat sich längst zum Familientreffpunkt entwickelt, weil unsere 19-jährige Tochter hin und wieder mitraucht. Rauchen verbindet, das muss auch ein Nichtraucher anerkennen.

Meine Frau ist eine Meisterin des Durchlüftens

Trotzdem ist die Trennung im Rauchen fest vereinbart, gerade wenn man sonst alles teilt. Das ist ein faires Arrangement. Denn als liberaler Nichtraucher bin ich der Ansicht, dass zwar meine Raucherin mein Wohlbefinden zumindest ein bisschen beeinträchtigt, aber ich als Nichtraucher auch ihres. Eben, weil sie nicht mehr rauchen kann. Habe ich ein Recht, ihr diesen Genuss in meinem Beisein zu verbieten?

Allein das Wissen darum entspannt vieles, auch wenn ich mir hin und wieder Sorgen mache, ob meine Frau nicht besser um ihrer Gesundheit willen aufhören sollte. Aber sie ist eine mäßige Raucherin. Nur bei geselligen Abenden kommt sie auf mehr als zehn Zigaretten. Umgekehrt ist aber auch die ein oder andere Stress-Zigarette vor sieben Uhr dabei. Aber wer wollte ihr das verdenken?

Es klappt also recht gut zwischen uns als Raucher-Nichtraucher-Paar. Und weil Verbissenheit selten zum Ziel führt, sind natürlich hin und wieder auch Ausnahmen von der Regel der strikten Trennung möglich. Etwa, wenn Besuch kommt, der ebenfalls raucht. Oder wenn es im Winter im warmen Wohnzimmer doch behaglicher ist. Ein gutes Glas Rotwein beim abendlichen Tratschen oder bei einer guten Serie (derzeit ist die amerikanische Anwalts-Staffel Suits angesagt) lässt den Rauch fast vergessen. Nur am anderen Morgen stellt man dann doch ernüchtert fest, dass eine Raucherin im Haus ist. Nun ist meine Frau eine Meisterin des Durchlüftens. Wenn alle Fenster offen sind, verzieht sich die dicke Luft in Windeseile.

Volle Aschenbecher, verstreute Feuerzeuge, halbleere Schachteln

Also alles harmonisch? Nicht ganz. Denn leider fallen beim Rauchen Abfälle an. Volle Aschenbecher, verstreute Feuerzeuge und halbleere Zigarettenschachteln lassen sich einfach nicht vermeiden. Aber dafür ist ja ein liebender und verständnisvoller Ehemann da. Morgens am freien Tag, wenn die Gattin noch schläft, räumt er lautlos die Hinterlassenschaften weg. Es soll ja schön aussehen.

Das tue ich übrigens fast so hingebungsvoll, dass ich darüber die anderen Hinterlassenschaften — wie leere Chips-Tüten, Erdnuss-Dosen oder Weingläser ganz vergesse. Doch darauf macht mich wiederum meine liebe Ehefrau aufmerksam. Und wenn sie früher dran ist, dann verschwindet auch das völlig lautlos, auch wenn sich meine Frau einen liebevoll mahnenden Hinweis nicht immer verkneifen kann. So kommt alles an seinen Platz. Auch wenn ich es manchmal verdammt aufgeräumt bei uns finde.

(kes)
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