Sprechstunde Wachstum außer Kontrolle

Viele Menschen sind von einer Vergrößerung der Schilddrüse betroffen. Das kann harmlos, in anderen Fällen lebensbedrohlich sein.

Unsere Leserin Yvonne C. aus Willich fragt: "Bei mir wurde eine vergrößerte Schilddrüse festgestellt. Was heißt das für mich?"

Bernhard Robbers 20 Prozent der Menschen leidet an einer Vergrößerung der Schilddrüse, ohne es zu wissen, und läuft Gefahr zu erkranken. Die Schilddrüse ist ein winziges Organ, das im Körper eine große Rolle spielt. Sie liegt schmetterlingsförmig im Halsbereich unter dem Kehlkopf , wiegt 20 Gramm und bildet Hormone. Ursächlich für die Vergrößerung ist meist ein Jodmangel. Jod wird mit der Nahrung aufgenommen und ist für die Schilddrüse unentbehrlich: Sie braucht es, um Schilddrüsenhormone herzustellen. Diese steuern zentrale Abläufe und beeinflussen unsere Verdauung, unseren Schlaf, die Psyche und den Fettstoffwechsel.

Da wir in einem Jodmangelgebiet leben, kann es vorkommen, dass zu wenig Jod mit der Nahrung aufgenommen wird. Hier hat die Schilddrüse einen Trick parat. Sie vergrößert sich, um mehr Jod aus der Nahrung abzufangen. Da der Betroffene keine Symptome verspürt, nimmt er die langsame Größenzunahme der Schilddrüse zunächst nicht wahr. Unter diesen Bedingungen kann sich ein Schilddrüsenkropf, eine Struma, entwickeln. Ohne eine Knotenbildung ist das unbedenklich.

Allerdings nimmt mit dem Alter der Jodmangelkropf zu, somit steigt das Risiko der Schilddrüsenknotenbildung. Zu unterscheiden sind kalte und heiße Knoten. Kalte Knoten produzieren nur wenige bis gar keine Hormone und treten als Folge einer Zyste oder Entzündung in der Schilddrüse auf. Sehr selten entsteht daraus eine bösartige Erkrankung. Heiße, sogenannte autonome Knoten entwickeln sich meist aus dem Jodmangel heraus. Oft kommt es zu einer Verselbständigung und zu ungehemmter Hormonbildung, der Schilddrüsenüberfunktion - mit der Folge, dass der Betroffene vermehrt schwitzt, reizbar ist, ungewollt Gewicht abnimmt und zu Durchfällen neigt.

Umgekehrt kann es zu einer eingeschränkten Hormonbildung, der Unterfunktion, kommen. Als Symptome zeigen sich verstärkt Müdigkeit, psychische Verstimmungen und Verstopfungen. Bei diesen Symptomen sollte auch an eine Autoimmunerkrankung (Hashimoto) gedacht werden. Hierbei wird das Schilddrüsengewebe von den körpereigenen Abwehrzellen angegriffen und zerstört.

Erst spät beklagen Patienten Schluckstörungen, Heiserkeit und geben Luftnot an, weil durch die zunehmende Knoten- und Kropfbildung der Gewebedruck auf die Halsgefäße, Speise- und Luftröhre steigt.

Wird eine Erkrankung diagnostiziert, kann je nach Befund eine lebenslange Hormongabe, eine Radiojodtherapie oder Operation erforderlich sein.

(RP)
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