Sprechstunde Verwachsene Finger

Eine Missbildung bei Neugeborenen lässt sich operativ gut behandeln. Dafür braucht man allerdings einen erfahrenen Handchirurgen.

Unser Leser Hans P. aus Viersen fragt: "Wir sind gerade stolze Großeltern geworden. Bei unserem Enkel sind an der linken Hand zwei Finger zusammengewachsen. Was können wir für den Kleinen tun?"

Ulrich Waltking Zunächst: Sorgen Sie sich nicht unnötig! Es handelt sich um eine harmlose Fehlbildung der Hand, wie sie häufiger vorkommt; von 3000 Neugeborenen ist eines betroffen. Oft besteht eine familiäre Häufung, also ein genetischer Faktor.

Allerdings handelt es sich nicht um ein "Zusammenwachsen" der Finger. Vielmehr liegt eine Entwicklungsstörung im Embryonalstadium vor. Die Hand bildet sich aus der sogenannten Handknospe, die im Laufe der Entwicklungsphase wächst. Aus einer löffelförmigen Vorstufe der Hand kommt es schrittweise zu einer Aufteilung zum Handteller, dem Daumen und zu den dreigliedrigen Fingern.

Diese Aufteilung kann in verschiedenen Stadien gestört sein Dabei kann es passieren, dass zwei oder auch mehrere Finger fehlgebildet bleiben. Die beteiligten Finger haben dann zum Beispiel gemeinsame Knochen, Gelenke, Blutgefäße, Fingernerven oder auch einen gemeinsamen Fingernagel. Diese Finger operativ zu trennen, ist außerordentlich schwierig und erfordert große Erfahrung mit solchen Eingriffen. Aber es gibt Spezialisten, die viele solcher Eingriffe gemacht haben.

So wie Sie es schildern, haben bei ihrem Enkel zwei Finger einen gemeinsamen Hautmantel, scheinen im übrigen aber jeder für sich angelegt zu sein. Diese Finger kann man in einem plastisch- handchirurgischen Eingriff trennen. Eine besondere Form der Schnittführung soll dabei eine übermäßige Narbenbildung an den Fingerseiten, vor allem aber auch der Zwischenfingerfalte vermeiden. Problematisch ist allerdings regelmäßig die Trennung der Nägel und die Bildung eines tragfähigen Nagelwalls.

Der Zeitpunkt der Operation sollte nicht zu spät gewählt werden. Einerseits möchte man dem kleinen Kerl eine zu frühe Narkosebelastung ersparen, andererseits ist aber darauf zu achten, dass es nicht durch Fehlbewegungen zu sekundären Gelenkschäden kommt. Das Kind muss frühzeitig erlernen, jeden Finger einzeln einzusetzen und regelgerecht zu gebrauchen. Der Termin zur Operation sollte daher in jedem Falle deutlich vor der Kindergartenzeit gewählt werden, in der Regel also nicht später als im Alter von zwei Jahren.

Die Entscheidung sollten Sie und Ihre Kinder zusammen mit einem erfahrenen Handchirurgen treffen. Er kann sie auch beraten, in welchem handchirurgischen Zentrum der Eingriff am besten erfolgen sollte.

(RP)
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