Sprechstunde Thrombose-Vorbeugung?

Viele Menschen fragen sich, ob sie einen möglichen Gefäßverschluss vermeiden und gerinnungshemmende Medikamente einnehmen sollen.

Unser Leser Helmut K, (32) aus Düsseldorf fragt: "Meine 28 Jahre alte Schwester hat aus heiterem Himmel eine Beinvenenthrombose erlitten. Jetzt mache ich mir ziemliche Sorgen. Sollte ich mit Medikamenten vorbeugen, dass mir das nicht auch passiert?"

Christoph Ploenes Sie berühren eine medizinische Grundsatzfrage: Wann ist die Vorbeugung gegen eine Erkrankung sinnvoll? Sie ist es unter diesen Bedingungen: Die Erkrankung tritt ohne diese Maßnahme mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf, mit dem Risiko eines tödlichen Ausgangs oder einer dauerhaften Schädigung. Aber auch: Die Maßnahme weist demgegenüber ein geringes Risiko von Nebenwirkungen oder Komplikationen auf.

Man weiß, dass bei Auftreten einer Thrombose häufig (in über 20 Prozent) Veränderungen der Blutgerinnung nachweisbar sind. Wenn man aber umgekehrt bei Menschen ohne Thrombose eine dieser Veränderungen findet, bedeutet es gerade nicht, dass ebenso häufig mit einer Thrombose zu rechnen ist. So kommt die sogenannte "Faktor-V-Leiden- Mutation", eine Gerinnungsstörung, in ihrer häufigen Form bei immerhin fünf Prozent der Bevölkerung vor. Die Wahrscheinlichkeit einer tatsächlichen Thrombose-Erkrankung ist aber um das 50-fache niedriger. Selbst das Risiko einer erneuten Thrombose kann man nach gegenwärtigem Kenntnisstand bei Nachweis der meisten dieser Gerinnungsveränderungen nicht verlässlich abschätzen.

Viel wichtiger ist es, wenn mehrere blutsverwandte Familienmitglieder auffällig häufig tatsächlich an einer Thrombose erkrankt sind. Bei solcher Ausgangslage kann eine Analyse der Blutgerinnung sinnvoll sein, vor allem bei einer geplanten Schwangerschaft. In aller Regel wird man sich aber auch dann nur bei tatsächlich erkrankten Personen unter bestimmten Bedingungen für eine langfristige medikamentöse Vorbeugung einer Thrombose entscheiden. Warum?

Diese Behandlung geht nämlich durch Hemmung der Blutgerinnung mit einem in unterschiedlichem Maß gesteigerten Blutungsrisiko einher, das man nicht vernachlässigen darf. In fast allen Fällen überschreitet dieses Risiko bei bisher nicht an einer Thrombose erkrankten Personen den zu erwartenden Nutzen deutlich. Denn die Wahrscheinlichkeit, erstmalig an einer Thrombose zu erkranken, ist viel zu gering im Vergleich mit dem Blutungsrisiko.

In Ihrem Fall also ist das Thromboserisiko im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung zwar aufgrund der Erkrankung Ihrer Schwester vermutlich erhöht. Es ist aber immer noch zu gering, als dass sie eine medikamentöse Vorbeugung rechtfertigen könnte.

(RP)
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