Medizin Was Sie über das "Viagra für die Frau" wissen müssen

Düsseldorf · Flibanserin, das "Viagra für die Frau", ist nun in den USA zugelassen worden. Doch was löst diese Pille in der Frau eigentlich aus? Ist die Einnahme gefährlich - und gehört sexuelle Unlust damit wirklich für immer der Vergangenheit an?

 Die Lustpille für die Frau ist rosa-orange gefärbt.

Die Lustpille für die Frau ist rosa-orange gefärbt.

Foto: ap

Die fehlende Lust auf Sex, unter Fachleuten "verminderte sexuelle Appetenz" genannt, gilt seit den 70er Jahren als offizielle medizinische Diagnose. Die Ursachen dafür sind zahlreich und können von Krankheiten über die Einnahme von bestimmten Medikamenten bis hin zu Nachwirkungen von Operationen und psychischen Symptomen reichen. Dies gilt für beide Geschlechter gleichermaßen.

 Viagra für den Mann ist hellblau.

Viagra für den Mann ist hellblau.

Foto: AP

Eindeutig unterschiedlich ist jedoch, wie sich der reduzierte sexuelle Drang bei Mann und Frau körperlich ausdrückt. Während sich beim lustlosen Mann deutlich sichtbar keine Errektion einstellt, ist das Problem bei der Frau nicht ganz so leicht zu erkennen.

Aus diesem Grund basieren das Viagra für den Mann, und jenes, das bald für die Frau auf den amerikanischen Markt kommen wird, auch auf völlig unterschiedlichen Prinzipien. Das Potenzmittel für den Mann erweitert die Blutgefäße im Penis. So wird der Blutfluss in dieser Region erhöht, das Glied gerät unter Druck und schwillt an.

Natürlich kann verringerte Lust beim Mann ebenfalls psychische Ursachen haben, eine Nebenwirkung von bestimmten Medikamenten oder die Folge einer Prostata-Operation sein. Die Mechanik des Schwellkörpers, also des Penis, lässt sich mit der richtigen Tablette jedoch relativ leicht künstlich wiederherstellen.

Etwas anders ist das bei der Frau. Ob sie Lust auf Sex hat, ist äußerlich zunächst schwerer zu erkennen, und ihre Fähigkeit zu Geschlechtsverkehr hängt auch nicht, wie beim Mann davon ab, dass die Vagina mechanisch funktioniert.

Das was die Libido der Frau steuert, ist die Feinabstimmung der Hormone. Da sind sich die Wissenschaftler nach langer Forschung einig. Aus diesem Grund kämpfen viele Frauen, die durch die Wechseljahre gehen, mit verringerter Sexlust. Aber auch Frauen, die weniger männliche Hormone haben, sind von dem Problem betroffen. Denn diese sogenannten Androgene bestimmen unter anderem den Sexualtrieb.

Da sich die Hormone bekanntermaßen schwieriger und vor allem meist nur mit stärkeren Nebenwirkungen manipulieren lassen, hat auch die Entwicklung und Zulassung "des Viagra für die Frau" in den USA viel Zeit in Anspruch genommen.

Inzwischen steht das Mittel Flibanserin in den USA allerdings kurz vor der Zulassung. Es wirkt entsprechend ausschließlich auf den Hormonhaushalt der Frau. Ursprünglich als Antidepressivum entwickelt, fördert das Medikament die Produktion von Dopamin und Noradrenalin im Gehirn und hemmt die Produktion von Serotonin. Zwar werden beide Hormone umgangssprachlich auch als "Glückshormone" bezeichnet. Von Antidepressiva, die speziell den Serotoninspiegel erhöhen, ist die Nebenwirkung "sexuelle Unlust" jedoch längst bekannt und gut belegt. Umgedreht ist die anregende Wirkung von Dopamin ebenfalls bekannt.

Mehrere Frauen, die Flibanserin in einer Testphase eingenommen hatten, schilderten bei der Anhörung vor der amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA positive Erfahrungen. "Alles, was ich weiß, ist, dass Flibanserin - jede Nacht eingenommen - für mich und meine Ehe funktioniert hat", sagte Amanda Parrish. "Für mich war der Effekt nicht bescheiden, sondern bedeutend." Das Mittel habe ihre Ehe gerettet.

Ebenso wie Viagra für den Mann ist jedoch auch die Lustpille für die Frau kein Allheilmittel für grundsätzliche Libido-Störungen. Hat eine Frau einen Hormonhaushalt, der ihre Lust auf Sex reduziert, kann Flibanserin nur punktuell für Erleichterung sorgen - nämlich dann, wenn eine Pille eingenommen wird.

Ob das regelmäßig ohne gesundheitliche Folgeschäden erfolgen kann, bleibt abzuwarten. Denn ganz ohne Nebenwirkungen ist die Wunderpille nicht. So kann sie starke Müdigkeit auslösen und einen niedrigen Blutdruck verursachen - was ebenfalls zu Problemen beim Geschlechtsverkehr führen und somit theoretisch eine neue Form des berühmten "Kopfschmerzes" werden könnte.

Einige Experten stehen dem Wirkstoff deswegen immer noch skeptisch gegenüber. Ob das Lustmittel für die Frau auch in Europa zugelassen wird, ist bislang unklar.

(ham)
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