Nach dem Flugzeugabsturz Was Sie tun sollten, wenn jetzt Flugangst aufkommt

Der Absturz der Germanwings-Maschine hat die Möglichkeit, dass man selbst in einem solchen Flieger sitzen könnte, ungewöhnlich nah, an die Menschen in Europa gebracht. Flugangst ist die natürlich Reaktion vieler. Die Vorsitzende des Berufsverbandes für Psychiater Dr. Christa Roth-Sackenheim, erklärt was jetzt wichtig ist.

Flugangst ist nach Germanwings-Absturz eine natürliche Reaktion vieler
Foto: Shutterstock.com/ Maridav

Frau Dr. Roth-Sackenheim, der Flugzeugabsturz der Germanwings-Maschine bewegt in diesen Tagen Deutschland, und wegen der Flugroute Barcelona - Düsseldorf, vor allem die Menschen hier in der Region. Gibt es einen generellen Rat, den Sie geben können, wenn Menschen jetzt Angst vor dem Fliegen haben?

Dr. Roth-Sackenheim: Wichtig ist, dass man sich jetzt nicht zwingen sollte, in ein Flugzeug zu steigen. Das Thema ist jetzt natürlich in allen Medien und damit auch in allen Köpfen. Außerdem wird es noch spannend bleiben, weil immer noch nicht klar ist, wie es zu dem Absturz kommen konnte. So lange das Thema so präsent ist, schürt das Ängste. In den aller meisten Fällen, klingen sie aber von alleine wieder ab.

 Dr. Christa Roth-Sackenheim ist Neurologin und Psychiaterin in Andernach und Vorsitzende des Berufsverbands Deutscher Psychiater (BVDP).

Dr. Christa Roth-Sackenheim ist Neurologin und Psychiaterin in Andernach und Vorsitzende des Berufsverbands Deutscher Psychiater (BVDP).

Foto: Dr. Christa Roth-Sackenheim

Das heißt, aber auch, dass es eine natürliche Reaktion ist, wenn man jetzt Angst vor dem Fliegen hat. Man muss sich deswegen nicht komisch vorkommen?

Dr. Roth-Sackenheim: Es ist tatsächlich eine ganz normale Reaktion. Das Problem ist, dass man beim Fliegen nicht raus kann, wenn etwas ist und man außerdem absolut abhängig ist. Normalerweise verdrängen wir das, aber so ein Absturz macht einem das natürlich extrem bewusst. Andererseits bin ich selbst am Mittwoch von Köln nach Berlin geflogen und der Flieger war voll. Es gibt also auch viele Menschen, die sich letztlich davon nicht beeinflussen lassen.

Die Osterferien stehen an, das bedeutet, dass viele Menschen und Familien einen Flug in den Urlaub gebucht haben. Heißt das, sie raten dazu, den Flug nicht abzusagen, auch wenn man sich fürchtet?

Dr. Roth-Sackenheim: Das kommt sehr auf die Situation an. Menschen, die etwa schon einmal jemanden in einem Flugzeugunglück verloren haben, trifft dieses Ereignis sehr schwer, und das kann auch psychologisch starke Konsequenzen haben. Sie sollten auf keinen Fall fliegen. Auch Menschen, die merken, dass sie einen extrem starken Widerwillen haben, empfehle ich, sich jetzt nicht zum Fliegen zu zwingen. In den meisten Fällen klingen solche Ängste nach ein paar Wochen wieder ab.

Ist es sinnvoll jetzt ein Seminar oder ein Coaching gegen Flugangst mitzumachen?

Dr. Roth-Sackenheim: Das würde ich Leuten empfehlen, die auch nach acht Wochen immer noch große Angst vor dem Fliegen verspüren. Und, die gleichzeitig auf das Fliegen angewiesen sind, weil sie beispielsweise beruflich viel reisen. Dann macht so ein Seminar Sinn.

Wie gesagt, die Osterferien brechen an, das bedeutet, dass auch viele Familien geplant haben dürften in den Flieger gen Urlaub zu steigen. Wie sollte man jetzt mit Kindern und Jugendlichen umgehen?

Dr. Roth-Sackenheim: Das Beste ist, ganz offen mit ihnen zu reden und ihnen zu erklären was los ist. Die Statistiken zeigen ja, dass Fliegen das sicherste Verkehrsmittel ist, dass es gibt. Das ist auch nach diesem Unglück noch so. Das Problem ist nur, dass eben wegen der Flugroute viele Deutsche das Gefühl haben sie hätten selbst in der Maschine sitzen können, und dieser Gedanke macht Angst. Tatsächlich ist man aber nirgends vor so einem Unglück geschützt. Theoretisch kann jeder Zeit ein Autofahrer die Kontrolle über seinen Wagen verlieren und damit in eine Menschenmenge am Straßenrand fahren. Das heißt, man weiß nie was kommt, aber Fliegen ist eigentlich eine sehr sichere Methode, um zu reisen.

Was raten Sie Menschen, die sich in den nächsten Tagen entscheiden zu fliegen, dann aber merken, dass sie in der Lobby oder vor dem Abflug im Flieger sitzen und Angst bekommen?

Dr. Roth-Sackenheim: Sehr hilfreich sind Atemtechniken. Zum Beispiel kann man beim Einatmen und beim Ausatmen jeweils langsam bis vier zählen. Das verhindert, dass man in eine panische, schnelle Atmung kommt, die ins Hyperventilieren übergeht. Das verstärkt nicht nur die Angst, sondern kann sogar bis hin zu Lähmungserscheinungen führen. Aber wie gesagt, wichtig ist, sich nicht zu zwingen. Wenn es gar nicht geht, sollte man es jetzt besser lassen. Und versuchen über die Reiserücktrittversicherung die Reise zu stornieren. Medizinisch gesehen tritt bei einer so starken Angst nämlich auch eine echte Erkrankung auf.

Das Gespräch führte Susanne Hamann.

(ham)
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