Gesundheitsrisiko bei psychischer Krankheit Depressive sterben eher an Schlaganfall

Boston · Menschen mit Depressionen erleiden deutlich häufiger einen Schlaganfall als psychisch Gesunde. In den USA gehen rund vier Prozent aller Schalganfälle auf eine depressive Erkrankung zurück. In Deutschland würden demnach 10.000 Schlaganfälle im Jahr durch Depressionen ausgelöst werden. Darum sollten Betroffene ihre zusätzlichen Risiken kennen.

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Foto: AOK

Nicht nur die Depression an sich zählt als Risikofaktor, der andere Erkranungen begünstigen kann: Kommen weitere Erkrankungen wie Bluthochdruck, wenig Bewegung und schlechte Ernährung hinzu, potenzieren Betroffene das Risiko immer weiter. Denn einer kürzlich in der Fachzeitschrift JAMA veröffentlichten Studie zufolge, haben Depressive ein um 45 Prozent erhöhtes Risiko einen Hirnschlag zu erleiden. Die Wahrscheinlichkeit, an dieser Volkskrankheit sogar zu sterben, ist um 55 Prozent erhöht.

Diese Risiken potenzieren sich

"Die Ergebnisse belegen, dass eine Depression ein wichtiger Risikofaktor für einen Schlaganfall ist", schreiben die Autoren um Studienleiter An Pan von der Harvard Medical School of Public Health, Boston. "Gerade Menschen mit Depressionen müssen über die bekannten Risikofaktoren für einen Schlaganfall, wie hoher Blutdruck, schlechte Ernährung oder wenig Bewegung, aufgeklärt werden", rät Prof. Martin Grond aus Siegen, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG).

Etwa 16 Prozent der Bevölkerung erkranken im Laufe ihres Lebens an einer Depression. Neben dramatischen Folgen für das private wie auch berufliche Leben der Betroffenen bergen Depressionen nachweislich weitere gesundheitliche Risiken. Frühere Studien zeigten, dass Depressive häufiger Diabetes, Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen entwickeln. Dass depressive Menschen auch ein höheres Risiko tragen, einen Schlaganfall zu erleiden, war bisher unklar. Mit jährlich mehr als 250.000 Fällen zählt auch der Schlaganfall in Deutschland zu den Volkskrankheiten. Deshalb sind die Ergebnisse von Pan und seinen Kollegen nicht nur medizinisch, sondern auch ökonomisch bedeutsam für das Gesundheitssystem.

Schlaganfall hat bei Depressiven schwerere Folgen

Um dem Schlaganfallrisiko von Depressionskranken auf den Grund zu gehen, führten die Autoren eine Metaanalyse durch. Hierzu verwendeten sie Daten von insgesamt 317.540 Menschen aus 28 prospektiven Bevölkerungsstudien. Zu Beginn untersuchten Ärzte die Probanden auf depressive Symptome und betreuten sie in der Folge noch bis zu 29 Jahre lang. In diesem Zeitraum erlitten 8478 Studienteilnehmer einen Schlaganfall. Die Daten zeigen, dass Depressive ein um 45 Prozent höheres Risiko haben, einen Hirnschlag zu erleiden. Ihr Risiko an einem Schlaganfall zu versterben, lag sogar um 55 Prozent höher als bei psychisch Gesunden.

"Legt man unsere Zahlen zugrunde, sind etwa vier Prozent aller Schlaganfälle in den USA auf eine Depression zurückzuführen", machen die Autoren die Relevanz ihrer Ergebnisse deutlich. Hochgerechnet auf Deutschland wären dies 10.000 Schlaganfälle jährlich. Bei genaueren Untersuchungen stellte sich heraus, dass Depressive vor allem häufiger einen ischämischen Hirninfarkt — nicht eine Hirnblutung — bekamen.

Das sind die Ursachen

Nach Meinung von Pan und seinen Kollegen gibt es verschiedene Mechanismen, die diesen Zusammenhang erklären könnten: Zum einen ist bereits bekannt, dass Depressionen den Hormonhaushalt des Menschen beeinflussen und Entzündungen verstärken können. So findet man bei Depressiven höhere Blutspiegel für Entzündungsfaktoren, die nachweislich zu einem höheren Schlaganfallrisiko führen können.

Menschen mit Depressionen leben ungesünder

Darüber hinaus vernachlässigen Depressive eher ihre Gesundheit. Studien haben gezeigt, dass depressive Menschen häufiger rauchen, sich körperlich weniger betätigen und schlechter ernähren. Diese Faktoren und die daraus entstehenden Folgeerkrankungen wie Diabetes und Bluthochdruck könnten für das erhöhte Schlaganfallrisiko von Depressiven mitverantwortlich sein.

Zudem geben die Forscher zu bedenken, dass auch die Einnahme von Antidepressiva mit einem höheren Risiko für einen Schlaganfall verbunden war. Ob die Medikation selbst oder die damit einhergehende Schwere der Depression das Risiko erhöhe, sei aber bisher unklar. Deshalb fordert Pan weitere Studien: "Wir müssen die zugrundeliegenden Mechanismen genauer untersuchen, um den Zusammenhang zwischen Depression und Schlaganfall besser zu verstehen."

(wat)
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