Organspende-Skandal Wettbewerb schadet Transplantations-Patienten

Berlin · Nach dem jüngsten Organspende-Skandal in der Leipziger Uniklinik fordern Mediziner jetzt, dass der Wettbewerb einschränkt werden muss. SPD-Politiker Steinmeier schlägt harte Strafen vor.

Die wichtigsten Fakten zur Organspende
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Foto: dpa, Jan-Peter Kasper

Nach dem Transplantationsskandal an der Uniklinik Leipzig haben Experten eindringlich vor falschen wirtschaftlichen Anreizen in der Medizin gewarnt. Die starke Ökonomisierung in der Chirurgie führe zu einer Vielzahl unnötiger Operationen und zu einer schlechteren Behandlungsqualität, sagte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, Karl-Walter Jauch, im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung". Die Medizin müsse weg vom Kommerz und mehr Verantwortlichkeit erlernen.

Die Leipziger Uni-Klinik hatte am vergangenen Dienstag die Manipulationen bei Lebertransplantationen in ihrem Haus publik gemacht. 38 Patienten sollen fälschlicherweise als Dialyse-Fälle geführt worden sein, um sie auf der Warteliste für eine Spenderleber nach oben rutschen zu lassen. Drei Mediziner wurden suspendiert. Sonderprüfer sollen nun hunderte Patientenakten prüfen.

Transplantationskliniken sollen schließen

Im Nachrichtenmagazin "Focus" forderte der Mediziner Jauch die Schließung jedes zweiten Zentrums für Lebertransplantationen in Deutschland. Seiner Ansicht nach sollten nur noch zwölf statt 24 Kliniken für diese Organverpflanzungen existieren. Jauch stützt sich laut "Focus" dabei auf eine Analyse, nach der sich der Wettbewerb zwischen den Zentren negativ auswirke. "Die Ergebnisqualität der Lebertransplantation in Deutschland liegt weit unter dem international akzeptierten Standard."

Für die aktuell aufgedeckten Betrugsvorgänge macht der Arzt auch die Vorschriften bei der Vergabe von Organen, insbesondere Lebern, verantwortlich. Mediziner müssten "den Mut haben, zu sagen, dass man Patienten, die nur mehr eine minimale Chance auf Rehabilitation haben, nicht mehr einer Transplantation unterzieht".

Vergabe nach Dringlichkeit

Doch die Regeln wirken offenbar in eine andere Richtung, bekräftigte Christiane Woopen, die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, im "Focus": Gesetzlich sei zwar vorgegeben, Organe nach Erfolgsaussicht und Dringlichkeit zu vergeben. "Das Pendel" sei aber "eindeutig zugunsten der Dringlichkeit" ausgeschlagen.

SPD-Spitzenpolitiker Frank-Walter Steinmeier forderte harte Strafen bis hin zu einem Berufsverbot für Ärzte. In einem Interview der Zeitschrift "Superillu" sagte der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, es gebe sicher unterschiedliche Motive für den Betrug der Ärzte. Aber Mediziner, die aus Gewinnstreben gegen Regeln verstoßen, obwohl es um Leben und Tod gehe, hätten aus seiner Sicht das Recht verwirkt, als Arzt tätig sein zu dürfen.

"Sie dürfen bei uns unter keinen Umständen mehr praktizieren." Was unter anderem in Leipzig bekanntgeworden sei, habe er für undenkbar gehalten. Steinmeier hatte seiner Frau Elke Büdenbender im Jahr 2010 eine Niere gespendet. Seiner Frau gehe es heute sehr gut, sagte Steinmeier.

(dpa/anch)
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