Gefahr in Deutschland Tigermücke kann Zika-Virus übertragen

Berlin · In Deutschland breitet sich eine exotische Mückenart aus, die das Zika-Virus übertragen kann. Um welche Mückenart es sich handelt, und wie hoch das Risiko ist, erklären wir hier.

Die wichtigsten Fakten zum Zika-Virus
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Foto: jipatafoto89/ Shutterstock.com

Weltweit wächst die Sorge um eine rasante Ausbreitung des gefährlichen Zika-Virus. Mittlerweile sind Fälle aus 26 Ländern bekanntgeworden, meist in Lateinamerika. Auch in Deutschland wurden nun zwei Fälle bekannt. Wie die "Neue Osnabrücker Zeitung" berichtet, soll sich eine Frau aus Oldenburg bei einer Reise nach Haiti mit dem Erreger infiziert haben. Welche gesundheitlichen Risiken für sie bestehen, blieb zunächst unklar. Der andere Fall wurde jetzt in Düsseldorf bekannt. Damit ist das Zika-Virus in Deutschland im Zeitraum seit Oktober 2015 bei bisher sechs Patienten nachgewiesen worden. Eine Ansteckung oder weitere Übertragung des Erregers in Deutschland ist aber nicht bekannt.

Daher schätzt Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) die Gefahr für die Bevölkerung in Deutschland auch trotz der bisherigen Fälle als gering ein. "Eine Übertragung in Deutschland halten die Experten für sehr unwahrscheinlich, aber wir bleiben wachsam", sagte Gröhe unserer Redaktion. Nötige Verwaltungsschritte habe er eingeleitet. "Damit einzelne Infektionen in Deutschland, etwa bei Reiserückkehrern, besser überwacht werden können, habe ich bereits in der letzten Woche die Einführung einer Meldepflicht für Arboviren, zu denen etwa das Zika-Virus und Dengue-Fieber gehören, auf den Weg gebracht", sagte der Minister.

Dadurch würden die Gesundheitsämter vor Ort die notwendigen Informationen erhalten, um im Bedarfsfall entsprechende Vorkehrungen zu treffen. "Damit liegen wir ganz auf der Linie der WHO", sagte Gröhe. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hatte Montag den globalen Gesundheitsnotstand ausgerufen, um den internationalen Kampf gegen eine weitere Verbreitung des Virus zu erleichtern. Zudem hatte Brasilien, Gastgeber der Olympischen Spiele in sechs Monaten, Schwangeren empfohlen, die Spiele zu meiden.

Karl Lauterbach, SPD-Fraktionsvize und Gesundheitsexperte, sieht Deutschland im Falle von Zika-Infektionen medizinisch gut ausgestattet. Allerdings warnt er vor einer generell wachsenden Gefahr durch tropische Krankheiten. "Die Gründe dafür liegen im Klimawandel und der Globalisierung. Weil es immer wärmer wird, können bei uns Arten wie die asiaitische Tigermücke überleben, die Träger tropischer Krankheiten ist", sagte Lauterbach unserer Redaktion.

Diese Tropen-Krankheiten drohen Deutschland
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Foto: Wikimedia Commons

Und in der Tat sind mit der asiatischen Tigermücke und der asiatischen Buschmücke zwei exotische Mückenarten in Deutschland auf dem Vormarsch — das zeigen kürzlich ausgewertete Daten von 2015. Während die Buschmücke in großen Gebieten Deutschlands, darunter auch dem Rheinland, bereits heimisch ist, taucht die sehr viel aggressivere Tigermücke bisher vor allem in Baden-Württemberg auf. Einzelne Exemplare wurden aber auch in NRW, Hessen, Thüringen und Bayern gefunden.

Die asiatische Tigermücke, die ursprünglich aus dem tropischen Südostasien stammt, gilt nach der Gelbfiebermücke als der wichtigste Überträger von Viren. Dazu gehören das Chikungunya-, Dengue-, Gelbfieber-, West-Nil- und eben auch das Zika-Virus. Jonas Schmidt-Chanasit, Tropenmediziner am Hamburger Bernhard-Nocht-Institut, schätzt aber die Gefahr in Deutschland als gering ein. Dass Tigermücken den Virus auch in Deutschland übertragen, sei unwahrscheinlich, da sie hierzulande nur vereinzelt auftreten würden. In Südeuropa, wo die Mückenart seit den 90er Jahren heimisch ist, sei dagegen vermehrt mit Zika-Infektionen zu rechnen, erklärte der Tropenmediziner. In Italien hatten 2007 Tigermücken eine Chikungunya-Fieberepidemie mit rund 250 Erkrankten ausgelöst.

"Tigermücken sind aggressiv, stechen auch mehrmals und folgen dem Menschen", sagt der Biologe Norbert Becker von der kommunalen Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage (KABS). Und so kommen sie auch nach Deutschland — etwa als blinde Passagiere in Autos und Lkw aus Südeuropa. An mehr als 30 Stellen in der Nähe von Raststätten an der Autobahn A5 haben die Wissenschaftler im vergangenen Jahr Eier der Tigermücke gefunden, 2013 gab es dort lediglich sechs Fundorte. "Das geht von Basel bis hin zur hessischen Grenze", erklärt der Biologe. In Freiburg wurden sogar schon stabile Populationen ausgemacht.

Bereits heimisch geworden ist die Buschmücke in mehreren Gegenden Deutschlands. Dazu gehören der Oberrhein aber auch ein 4000 Quadratkilometer großes Gebiet zwischen Köln und Koblenz sowie Teile Ostwestfalens und Niedersachsens. In Laborversuchen erwies sich auch diese Art als guter Überträger zahlreicher Erreger, wie des West-Nil- und des Dengue-Virus. "Allerdings ist die Gesundheitsgefährdung für den Menschen in der freien Natur noch nicht wissenschaftlich geklärt", erklärt Becker.

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"Der Anteil dieser exotischen Mückenarten ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen", sagt die Biologin Doreen Walther vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung, die den "Mückenatlas" betreut. Um die Arbeit der Forscher zu erleichtern, können Bürger gefangene Insekten per Post einschicken. Die Biologen können sich so ein Bild über die Verbreitung von Stechmücken in Deutschland machen.

Während sich nach Einschätzung von Experten die Buschmücke nicht mehr aus Deutschland vertreiben lässt, wird die Tigermücke an den Fundorten noch bekämpft. Die Anwohner werden darüber informiert, und offene Wasserflächen, die den Mücken als Brutstätten dienen, abgedeckt oder beseitigt. Da Tigermücken an kalte Temperaturen nicht gewöhnt sind, sei es fraglich, ob sie den Winter überstehen, sagt Biologin Doreen Walther. Ein kalter Winter und ein trockener Sommer seien deshalb die besten Mittel gegen die tropischen Eindringlinge.

(jd)
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