Tag der Pflege Experten: Pflegende leiden unter "kontinuierlicher Überlastung"

Berlin · Während eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung mehr Anerkennung für Pflegende fordert haben Experten am internationalen Tag der Pflege eine "kontinuierliche Überlastung und zahlreiche Verstöße gegen geltendes Recht" in der Pflegebranche kritisiert.

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Foto: AP, AP

Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) verwies am Donnerstag in Berlin auf eine erste Auswertung einer Umfrage, die noch andauere. Demnach berichtet knapp die Hälfte der 3572 Teilnehmer, dass sie ein- bis zweimal im Monat kurzfristig Schichten übernehmen müsse. Ein weiteres Drittel sei davon drei- bis fünfmal pro Monat, weitere neun Prozent seien "quasi wöchentlich" betroffen.

Die Umfrage zeige außerdem, dass freie Tage und Urlaub oft als kostenlose Rufbereitschaft betrachtet und Mitarbeiter immer wieder kurzfristig zum Einspringen aufgefordert oder "sogar genötigt" würden. Gesetzlich vorgeschriebene Pausen entfielen wegen des Arbeitsdrucks. "Die Folgen solcher Personalpolitik sind schon seit Jahren nicht zu übersehen: hohe Ausfallquoten, lange Krankheitsdauer, steigender Anteil belastungsbedingter psychischer Erkrankungen, Berufsflucht und innere Kündigung, schlechtes Berufsimage und sinkende Berufsverweildauer vor allem der jungen Generation", bemängelte der Verband.

"Problematische Situationen vor Ort"

Diese ersten Ergebnisse würfen "ein grelles Schlaglicht auf die problematische Situation vor Ort und die Arbeitsbedingungen, die langjährig Pflegende ausbrennen lassen und aus dem Beruf treiben", so der Verband. "Ein Gesundheitssystem ist immer nur so belastbar wie die Fachkräfte, die es tragen", erklärte DBfK-Präsidentin Christel Bienstein. Nötig seien "gesundheitsfördernde Arbeitsumfelder", was aber in Deutschland bei Pflegenden "seit Jahren sträflich vernachlässigt" werde.

"Immer mehr Arbeit soll von immer weniger und geringer qualifiziertem Pflegepersonal bewältigt werden, bei steigenden Qualitätsanforderungen", so Bienstein. "Arbeitsrecht und Arbeitsschutzbestimmungen werden dabei gern großzügig ausgelegt, immer auf Kosten der Beschäftigten." Die mit der Umfrage ermittelten Verstöße seien in vielen Einrichtungen offenbar Normalität geworden.
Der Berufsverband werde das nicht akzeptieren, "sondern den Verantwortlichen kritische Fragen stellen und konsequente Änderungen einfordern".

Pflegende sollen mehr Anerkennung bekommen

Derweil ist die Bevölkerung in Deutschland (98 Prozent) nach einer Umfrage der Meinung, dass Pflegende mehr Anerkennung für ihre Arbeit erhalten sollten. Das ist das Ergebnis einer vom Bundesgesundheitsministerium in Auftrag gegebenen repräsentativen Erhebung von Infratest dimap 2016, wie das Ministerium am Donnerstag in Berlin mitteilte.

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) erklärte am Internationalen Tag der Pflege am Donnerstag, es sei "dringend erforderlich, dass die Pflegekräfte angemessen entlohnt und die Arbeitsbedingungen verbessert werden". Die professionelle Pflege gehöre zu den wichtigsten Dienstleistungen in unserer Gesellschaft.

(felt/KNA)
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