Stiftung Warentest Leitungswasser in NRW kann mit Mineralwasser mithalten

Düsseldorf · Die Stiftung Warentest hat Trinkwasserproben aus 28 Orten in Deutschland sowie 30 stille Mineralwasser untersucht. Das Ergebnis: Leitungswasser ist oft besser als Mineralwasser. Das gilt auch für die Stichproben aus NRW.

Diese Mineralstoffe sind im Wasser
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Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Die Stiftung Warentest hat Trinkwasserproben aus 28 Orten in Deutschland sowie 30 stille Mineralwasser untersucht. Das Ergebnis: Leitungswasser ist oft besser als Mineralwasser. Das gilt auch für die Stichproben aus NRW.

An 28 Orten hat der Umweltgeologe der Stiftung Warentest den Wasserhahn in einem Rathaus aufgedreht und eine Probe des dortigen Leitungswassers genommen. Dies geschah heimlich, um es dann gekühlt und auf schnellstem Wege ins Labor zu bringen und auf insgesamt 98 Stoffe testen zu lassen. So jedenfalls beschreiben die Verbraucherschützer den Ablauf ihres aktuellen Trinkwassertests.

Untersucht wurde das Leitungswasser aus sechs Großstädten und 22 Gemeinden, darunter auch drei Standorte in NRW: Köln, Duisburg und Bielefeld. Wie sich zeigte, schnitten die Stichproben in NRW im deutschlandweiten Vergleich sehr gut ab. Die sauberste Probe fanden die Tester in Bielefeld. In dem Leitungswasser wurden im Labor keinerlei zu bemängelnden Rückstände nachgewiesen. Damit liegt das Bielefelder Wasser unter den sieben saubersten in Deutschland.

Im Kölner und im Duisburger Leitungswasser wurden dagegen Rückstände von Pflanzenschutzmitteln, Röntgenkontrastmitteln und Süßstoffen gefunden. Das Wasser aus Duisburg enthielt zudem Trihalogenmethane, ein Stoff, der beim Desinfektionsprozess entsteht und in hoher Konzentration krebserregend sein kann. Insgesamt enthielten zehn der 28 Wasserproben den Stoff, in keiner überschritt er jedoch den Grenzwert.

Auch der Mineralstoffgehalt in den Leitungswassern aus NRW war in Ordnung. Er lag mit einem Wert von durchschnittlich 500 Milligramm auf einen Liter im mittleren Bereich. Mineralstoffe wie Natrium, Kalium, Kalzium und Magnesium sind wichtig für viele Regulationsprozesse des Körpers. Wasser ist eine der wichtigsten Aufnahmequellen. Weitere Ergebnisse:

  • Nachdem die gesundheitsschädliche Wirkung des Pflanzenvernichtungsmittels Glyphosat in der Vergangenheit immer wieder in die Diskussion geraten ist, prüfte die Stiftung Warentest sämtliche Proben auf das Mittel. In keiner einzigen wurden jedoch Rückstände gefunden.
  • Sechs Proben enthielten allerdings Rückstände von Arzneimitteln, die drei Testorte in NRW waren davon aber nicht betroffen.
  • In 27 Proben fanden die Tester Nitrat im Leitungswasser, ein Stoff der beim Düngen in der Landwirtschaft entsteht und krebserregend sein kann.
  • Immerhin 23 Mal wurde Chlor-VI gefunden. Ein Stoff, der von Natur aus in Böden und Gesteinen vorkommt, wasserlöslich und krebserregend ist. Einen Grenzwert gibt es dafür noch nicht. Die höchste Konzentration von Chlor-VI wurde im Kölner Leitungswasser gefunden. Trotzdem gibt die Stiftung Warentest Entwarnung: "Wenn eine Million Menschen ein Leben lang jeweils zwei Liter Leitungswasser täglich trinken würden, könnte es nach entsprechenden Rechenmodellen in 70 Jahren theoretisch zu etwa 1,5 zusätzlichen Krebsfällen kommen", erklären die Prüfer zum Chrom-VI-Gehalt im Trinkwasser.

Das Fazit: "Trinkwasser hat eine gute Qualität. Alle Proben entsprechen der strengen Trinkwasserverordnung." Zwar hätten die High-Tech-Analysemethoden Spuren von Chemikalien gezeigt, die Konzentrationen seien jedoch unbedenklich. Die Rückstände betrachten die Prüfer als "Spiegel unseres Lebensstils", so sei in ländlichen Gegenden der Nitrat-Gehalt im Wasser höher und in jeder Großstadtprobe wurden Rückstände von Süßstoffen gefunden.

Gesundheitlich unbedenklich, nicht umweltschädlich und kostengünstig, das sind die wichtigsten Argumente der Prüfer für das Trinken von Leitungswasser. So brauche man dafür keine Plastikflaschen und müsse gerade mal einen halben Cent pro Liter bezahlen, während die Produzenten der getesteten Mineralwasser bis zu 70 Cent pro Liter verlangen. Im Test schneiden Mineralwasser insgesamt sogar schlechter ab als das deutsche Leitungswasser.

30 stille Mineralwasser aus der Flasche (fünf Glasflaschen, 25 PET) prüften die Tester auf ähnliche Kriterien wie das deutsche Leitungswasser. Dafür unterzogen sie das Wasser sensorischen sowie mikrobiologischen Untersuchungen. Die wichtigsten Ergebnisse:

  1. Wie sich zeigte, waren nur zehn Proben geschmacklich einwandfrei und ohne Verunreinigungen. Darunter fielen die geprüften Produkte von Adelholzener, Rheinfels Quelle, Vittel, Celtic und Extaler Mineralquelle.
  2. In sechs Wässern wurden so hohe Keimkonzentrationen gefunden, dass sie das Immunsystem schwächen könnten. In den Flaschen von Gerolsteiner und Märkisch Kristall stellten die Prüfer so hohe Keimzahlen fest "wie noch nie in einem Mineralwasser", heißt es in dem Test. Auffällig waren auch die Werte im französischen Evian, es sollte vor dem Einsatz in Babynahrung abgekocht werden, empfehlen die Prüfer - obwohl auf der Flasche zu lesen steht "geeignet für Babynahrung".
  3. In 21 Produkten wurde Chrom-VI gefunden. In fünf Wassersorten kamen Spuren von Ampa, das von Glyphosat stammen kann, Pestizide und Süßstoffe vor. Alle Rückstände lagen zwar unter dem Grenzwert, zeigten aber, dass die Quellen nicht ausreichend geschützt sein, so die Tester. Jedes zweite geprüfte Wasser wies außerdem einen niedrigen Mineralstoffgehalt auf. Insgesamt befanden die Tester deshalb, Mineralwasser werde überbewertet. Welche Mineralstoffe im Wasser sind und welche Funktion sie im Körper übernehmen, sehen Sie hier.
(ham)
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