Tüv Rheinland warnt Krebsgefahr durch Gummi

Köln (RP). Der Lenkrad-Überzug und die Badesandalen riechen etwas beißend, aber dafür waren sie im Baumarkt billig. Doch für wenig Geld nimmt der Kunde ein Übel in Kauf, das er nicht bedacht hat: das hohe Risiko, an Krebs zu erkranken. Denn viele der Schnäppchen bestehen aus Gummi-Teilen, die voller gefährlicher Weichmacher stecken – den PAK (Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe).

Krebs - So minimieren Sie Ihr Risiko
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Foto: AFP

Köln (RP). Der Lenkrad-Überzug und die Badesandalen riechen etwas beißend, aber dafür waren sie im Baumarkt billig. Doch für wenig Geld nimmt der Kunde ein Übel in Kauf, das er nicht bedacht hat: das hohe Risiko, an Krebs zu erkranken. Denn viele der Schnäppchen bestehen aus Gummi-Teilen, die voller gefährlicher Weichmacher stecken — den PAK (Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe).

Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des TÜV Rheinlandes: Die Tester haben in Baumärkten und Billigläden 27 verschiedene Produkte gekauft. "Ursprünglich sollten es 100 sein", sagt TÜV-Sprecher Hartmut Müller-Gerbes. Doch schon nach den ersten 27 hatten die Prüfer quasi die Nase voll.

Fast 80 Prozent der Test-Einkäufe erhielten weit mehr der PAK-Weichmacher, als der Orientierungswert empfiehlt. So maßen die Tester in einem Massage-Überzug fürs Lenkrad das 140-fache des Orientierungswertes. Oder anders ausgedrückt: "Hält man es eine Stunde in den Händen, nimmt man so viel Weichmacher auf wie beim Rauchen von 1100 Zigaretten", erklärt Müller-Gerbes. Der Blasebalg einer Hupe für Kinderfahrräder entsprach 45 Zigaretten pro Stunde.

Begründeter Verdacht

Die Kohlenwasserstoffe werden dabei vor allem über die Haut aufgenommen. Je länger und häufiger man eins der Produkte in den Hände hält oder an den Füßen trägt, desto mehr der giftigen Chemikalien werden aufgenommen. Darum ist eine Transporthilfe für Möbel (der Spitzenreiter bei der PAK-Konzentration im Test) auch bei weitem nicht so gefährlich wie Badelatschen, Lenkrad-Überzüge, Uhren-Armbänder oder Hämmer und Schraubendreher.

Produkte, die entweder ständig Kontakt mit der Haut haben oder bei denen sich Handschweiß bildet. Und der fördert die Aufnahme der PAK. Die Weichmacher stehen dabei laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung in dem begründeten Verdacht, Krebs zu erzeugen und die Fortpflanzung zu beeinträchtigen. Jedes der Schnäppchen ist so ein Spiel mit dem Risiko.

Dass es vor allem Billigprodukte trifft, ist kein Zufall. Die gefährlichen Weichmacher werden dem Gummi zugesetzt, um den Natur-Rohstoff Kautschuk wieder geschmeidig zu machen — nachdem er mit Kreide gestreckt worden ist. Dafür gibt es teure und unbedenkliche Öle, die den Preis indes in die Höhe treiben. Oder aber der Hersteller benutzt Teeröle, die mehr oder weniger als Rückstände in asiatischen und indischen Kokereien anfallen. Das macht die Endprodukte zwar billiger — aber eben auch gefährlich.

Auf das GS-Zeichen achten

Die Anbieter nutzen dabei die Lücke, dass es in Deutschland nur Orientierungswerte gibt. Und die sind so zwingend wie die Richtgeschwindigkeit auf der Autobahn. Einen gesetzlich verbindlichen Grenzwert gibt es indes nicht. Doch den fordert der TÜV Rheinland nun vehement von der Politik. Bund oder noch eher die EU müssten reagieren, sagt Müller-Gerbes angesichts der Ergebnisse. Bisher scheiterte das daran, dass man sich im Behördenkraussell nicht auf einen Wert einigen konnte, ab dem die PAK-Konzentration für ungefährlich gehalten wird.

Bis sich das ändert, kann der Verbraucher zwei Dinge tun. "Er sollte auf das GS-Zeichen achten", rät Müller-Gerbes. Dafür muss ein Produkt die PAK-Orientierungswerte einhalten. Zudem sollte er seiner Nase vertrauen und am Schnäppchen schnuppern. Verströmt es einen scharfen, stechenden Geruch, der an Mottenkugeln erinnert, ist das ein Indiz für eine zu hohe PAK-Belastung. Eindeutig ist das indes nicht: Manche Gummimischungen stinken nicht — und enthalten trotzdem zu viel Weichmacher.

(RP)
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