Patient in Lebensgefahr gerettet Herzinfarkt-Therapie: Durchbruch an Düsseldorfer Uni-Klinik

Düsseldorf/Berlin (RP). Weltweit zum ersten Mal konnte mit Hilfe einer Stammzell-Therapie ein Patient mit schwerstem Herzinfarkt gerettet werden. Der Kardiologe Prof. Strauer spricht von einem bahnbrechenden Fortschritt.

 Prof. Bodo E. Strauer, Direktor der Kardiologischen Abteilung in der Heinrich-Heine-Universität, im Herzkatheter-Untersuchungsraum.

Prof. Bodo E. Strauer, Direktor der Kardiologischen Abteilung in der Heinrich-Heine-Universität, im Herzkatheter-Untersuchungsraum.

Foto: RP/Gabrie

Der 64-jährige Patient sei nach einem schweren Herzinfarkt und zwei Vor-Infarkten "praktisch dem Tod geweiht" gewesen, berichtete der Direktor der Universitäts-Klinik für Kardiologie, Prof. Bodo-Eckehard Strauer, am Freitag im Gespräch mit unserer Redaktion.

 So funktioniert die Stammzellen-Therapie am Herzen. Für eine große Version einfach anklicken.

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Foto: RP/Grobusch

In sieben Wochen auf der Intensivstation habe es keinerlei Besserung gegeben, dann habe er sich mit Erlaubnis der Angehörigen zur Anwendung der Stammzell-Therapie entschlossen. Neun Tage danach habe der Patient die Intensivstation verlassen und zwei Wochen später in eine Reha-Klinik verlegt werden können.

Strauer sprach von einer "Weltinnovation, da erstmals ein kardiogener Schock mit dieser Therapieform behandelt werden konnte". Dabei würden die adulten Stammzellen aus dem Knochenmark des Patienten mit Hilfe eines Ballon-Katheters in die Infarkt-Arterie gespritzt. "Die Prozedur dauert etwa eine halbe Stunde. Das Verfahren ist für den Patienten schonend und wird mit den üblichen Herzkatheter-Techniken durchgeführt", erläuterte Strauer.

Medizinischer Erfolgsfall

Dieser medizinische Erfolgsfall wirkte sich sogleich auf die aktuelle Debatte um die Nutzung embryonaler Stammzellen aus. Deren Kritiker werteten den Düsseldorfer Durchbruch als Beleg, dass Heilungserfolge durch Stammzellen ohne die ethisch bedenkliche Verwertung von Embryonen möglich seien.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Hubert Hüppe forderte daraufhin ein "massives Forschungsprogramm" für die adulte Stammzelltherapie, die "heute schon mehr hält als die embryonale Stammzellforschung verspricht". Das Embryonenschutzgesetz in Deutschland führe dazu, dass "unsere Forscher im ethisch einwandfreien Bereich der adulten Stammzellen weltweit führend werden", sagte Hüppe unserer Zeitung. Hingegen könne die embryonale Stammzellforschung bisher keine einzige klinische Studie über konkrete Erfolge vorweisen, wie es sie für adulte Stammzelltherapien bereits tausendfach gebe.

"Da wurde viel Geld hineingesteckt"

Strauer berichtete, in Düsseldorf habe man bereits über 300 Herzpatienten mit diesem Verfahren behandelt, bisher allerdings noch nicht in so dramatischen Fällen. Die Stammzellen würden im Normalfall am wachen Patienten, nur bei örtlicher Betäubung, aus dem Knochenmark entnommen und einige Stunden später, ebenfalls in örtlicher Betäubung, per Herz-Katheter in die betroffene Arterie gespritzt.

Der Düsseldorfer Kardiologe sprach sich dafür aus, die Forschung an adulten Stammzellen in Deutschland viel stärker als bisher zu fördern. "Andere machen sehr viel Wind mit ihren embryonalen Stammzellen. Da wurde viel Geld hineingesteckt, doch es ist nie etwas Richtiges herausgekommen", sagte Strauer.

Nach Ansicht des Vorsitzenden des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie, Bernd Wegener, haben nur Verfahren mit adulten Stammzellen aus dem Knochenmark oder aus Nabelschnurblut die Qualität, die Hürden der Arzneimittel-Zulassung zu überwinden. "Bei den vielfältigen Ansätzen mit embryonalen Stammzellen kann ich das nicht erkennen", sagte Wegener.

Auch Forschungsministerin Annette Schavan (CDU) sieht die Stärken der deutschen Forschung vor allem im Bereich der adulten Stammzellen. "Diese Forschung bietet für die Zukunft ein Potenzial zur Behandlung bisher unheilbarer Krankheiten", sagte sie im Interview mit unserer Zeitung. "Die neuen Ansätze bieten zudem die Perspektive, Krankheitsursachen zu beseitigen und damit eine echte Heilung zu bringen — im Gegensatz zu bisherigen Therapien, die oft nur Krankheitssymptome lindern", sagte Schavan.

(RP)
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