Kampf gegen tödliche Krankheit Forscher entwickeln wirksamen Impfstoff gegen Ebola

Conakry · Fieberhaft forschten Wissenschaftler an Impfstoffen gegen das Ebola-Virus. Nun berichten sie von einem außerordentlichen Fortschritt. Kann die Epidemie in Westafrika damit besiegt werden?

Die wichtigsten Fakten zu Ebola
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Foto: AP/Frederick Murphy

Erstmals wirkt ein Ebola-Impfstoff nachweislich: In einer großen Studie in Guinea schützte das Mittel VSV-ZEBOV die Teilnehmer zuverlässig vor einer Ansteckung mit dem Virus. Geimpft wurden Menschen, die engen Kontakt zu Neuinfizierten hatten und als besonders gefährdet galten. Die Generaldirektorin der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Margaret Chan, sprach von einer "sehr vielversprechenden" Entwicklung. "Eine wirksame Impfung wird ein ganz wichtiges Mittel gegen laufende und zukünftige Ausbrüche von Ebola sein."

In dem Feldversuch wurden über 4000 Teilnehmer geimpft. Sie erhielten den Impfstoff entweder, kurz nachdem bekanntwurde, dass ein ihnen nahestehender Mensch erkrankt war, oder aber erst mit einer Verzögerung von 21 Tagen. Die Studie ergab, dass der Impfstoff nach zehn Tagen zu 100 Prozent vor einer Ebola-Ansteckung schützt. Von jenen Teilnehmern, die erst mit dreiwöchiger Verzögerung geimpft wurden, erkrankten 16. Die Studie, an der auch die WHO und der US-Pharmakonzern Merck & Co beteiligt waren, wird im Fachblatt "The Lancet" vorgestellt.

So kämpfen Helfer gegen Ebola
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Ein für Impfungen zuständiges WHO-Gremium sprach von einem akzeptablen Sicherheitsprofil. Es habe auch in vergangenen Versuchen mit VSV-ZEBOV bei einigen Geimpften Nebenwirkungen wie Fieber und Gelenkschmerzen gegeben, diese seien aber zu akzeptieren gewesen, bestätigte Prof. Stephan Becker von der Universität Marburg. Er war bereits an mehreren Ebola-Impfversuchen beteiligt, jedoch nicht an der neuen Studie.

"Das ist Guineas Geschenk an Westafrika und den Rest der Welt", erklärte der nationale Koordinator Guineas für die Bekämpfung Ebolas, Sakoba Keita. Allerdings kann der Einsatz des Impfstoffs nach Angaben der Studienautoren in Afrika problematisch sein, da das Mittel kalt gelagert werden muss.

Die Impfstudie erfolgte nach der sogenannten Ringmethode, die auch schon bei der Bekämpfung von Pocken erfolgreich eingesetzt wurde. Dabei wird jeder geimpft, der mit einem Infizierten mehr oder weniger engen Kontakt hatte. "Diese Strategie soll einen schützenden Ring um ein infiziertes Individuum errichten und weitere Ansteckungen verhindern", erklärt John-Arne Røttingen vom norwegischen Gesundheitsamt NIPH. Das Land hatte sich ebenso wie Kanada und Guinea an der Studie beteiligt.

"Dies könnte endlich das Ende der Ebola-Epidemie in Westafrika einleiten und auch in Zukunft für die Bekämpfung dieser Krankheit nützlich sein", sagte Ko-Autor Matthias Egger vom Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Bern (ISPM). Norwegens Außenminister Børge Brende jubelte: "Dieser neue Impfstoff könnte die Königswaffe gegen Ebola werden."

"Ich finde das Ergebnis großartig. Ich bin wirklich heilfroh, dass das geklappt hat", lobte der Marburger Virologe Becker. "Es hatte keiner mehr zu hoffen gewagt, dass man bei diesem Ausbruch in Westafrika die Wirksamkeit eines Impfstoffes noch überzeugend beweisen kann." Bisherige Versuche hätten mit Hilfe von Bluttests lediglich nachgewiesen, dass das Immunsystem auf die Impfung reagiert, "aber ob dies tatsächlich ausreicht, um einen Menschen sicher vor Ebola zu schützen, das konnte man erst jetzt zeigen".

Becker rechnet mit einer vergleichsweise schnellen Zulassung des Impfstoffs. "Ich glaube nicht, dass die US-Gesundheitsbehörde FDA angesichts des Erfolges noch große Hürden in den Weg legt." Er gehe zudem davon aus, dass es genügend Impfstoff gebe, da ihn mehrere Pharmafirmen produziert hätten und noch einige Versuche mit dem Impfstoff liefen. "Man braucht ja jetzt keine zig-Millionen Dosen davon." Der Impfstoff soll nach Angaben der Studienautoren nicht flächendeckend eingesetzt werden wie bei Masern oder Kinderlähmung, sondern nur bei Ebola-Ausbrüchen.

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Foto: dpa, fg

Trotz des Erfolges sind nach WHO-Angaben noch mehr Nachweise für den sicheren Schutz von größeren Gruppen nötig: Deshalb werde die Testphase noch weiterlaufen.

"Die Ergebnisse sind vielversprechend und wir sollten den Impfstoff für Risikogruppen unbedingt so bald wie möglich zur Verfügung stellen", schreibt die Organisation Ärzte ohne Grenzen, die im Rahmen der Studie den Impfstoff 1200 Menschen in Guinea gespritzt hatte, unter anderem auch medizinischen Helfern. Es bleibe jedoch unverzichtbar, Kontaktpersonen aufzuspüren sowie die Gesundheitsaufklärung und die Isolierung der Infizierten fortzusetzen.

Obwohl die Neuansteckungen in Guinea, Liberia und Sierra Leone seit Jahresbeginn stark zurückgegangen sind, ist das Virus noch nicht besiegt. Ein Erkrankter reicht, um die Epidemie wieder ausbrechen zu lassen. In den Ländern werden weiterhin einzelne Fälle nachgewiesen.
In Westafrika wurden bereits mehr als 11 200 Ebola-Tote registriert, die meisten in den drei genannten Ländern.

(AFP)
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