Künstliches Heroin Diamorphin wird künftig von Krankenkassen bezahlt

Berlin (RPO). Die Behandlung von Drogenabhängigen mit speziell hergestelltem Heroin wird künftig unter bestimmten restriktiven Bedingungen von den Krankenkassen bezahlt. Das beschloss der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Therapeuten, Krankenhäusern und Kassen am Donnerstag in Berlin, wie das Gremium mitteilte.

Die jahrelange Auseinandersetzung um den Einsatz der synthetischen Droge - des sogenannten Diamorphins - im Fall von sehr schweren, jahrelang erfolglos behandelten Suchterkrankungen ist damit endgültig beendet.

Mit der Aufnahme von Therapien auf Diamorphinbasis in den Leistungskatalog setzte das oberste Beschlussgremium der gesetzlichen Krankenversicherung einen Beschluss von Bundestag und Bundesrat um, den beide Häuser im vergangenen Jahr nach langen und hitzigen Debatten gefällt hatten.

Nur Patienten ab 23 Jahren

Demnach soll für bestimmte Süchtige neben der seit längerem praktizierten Methadon-Substitution auch eine Behandlung mit synthetischem Heroin angeboten werden, sofern bei ihnen zuvor andere Therapien versagt haben. Laut Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses kommen dafür aber nur Patienten im Alter über 23 Jahren in Frage, die seit mindestens fünf Jahren schwerstabhängig sind und zwei erfolglose Suchtbehandlungen hinter sich haben. Die Behandlung darf zudem nur in speziell darauf ausgerichteten Facheinrichtungen vorgenommen werden, in denen eine ärztliche Betreuung für mindestens zwölf Stunden gewährleistet ist.

Die Abgabe von Diamorphin an schwer Drogensüchtige war auf der politischen Ebene jahrelang heftig umstritten. Vor allem die Union hatte starke Bedenken gegen das zuvor in einem Modellprojekt in sieben Städten erprobte Verfahren, bei dem sich der Gesundheitszustand langjähriger Abhängiger im Vergleich zu Methadon-Verabreichung nach Expertenangaben vielfach verbessert. Das im Labor hergestellte künstliche Heroin musste dafür per Gesetz von der Liste illegaler Drogen gestrichen und zum verschreibungspflichtigen Betäubungsmittel erklärt werden.

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans (FDP), begrüßte den Beschluss des Bundesausschusses als "wesentlichen Schritt". Zugleich äußerte sie die Befürchtung, dass die strengen Auflagen besonders hinsichtlich der mindestens zwölfstündigen Anwesenheit von ärztlichem Personal die Diamorphin-Behandlung auf wenige große Einrichtungen beschränken könnte.

Sie erwarte aber, dass die Therapie in der Praxis überall angeboten werde, wo ein Bedarf bestehe, erklärte sie. Der drogen- und suchtpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Harald Terper, bezeichnete es als "befremdlich", dass der Ausschuss die Anforderungen an die Diamorphin-Einrichtungen gegenüber dem Modellprojekt verschärft habe. Er hoffe, dass trotzdem eine "bedarfsgerechte Versorgungslandschaft" entstehen könne.

(AFP/felt)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort