Hautkrankheit wieder da Bonner Klinik muss Station wegen Krätze schließen

Düsseldorf/Bonn · Lange schien die Krätze ausgerottet zu sein. Im vergangenen Jahr wurden jedoch immer wieder neue Fälle gemeldet. Nun muss ein Krankenhaus in Bonn sogar eine ganze Station schließen. Der Grund: Eine zu hohe Ansteckungsgefahr.

 Eine Station des Johanniter Krankenhaus in Bonn musste schließen. (Symbol)

Eine Station des Johanniter Krankenhaus in Bonn musste schließen. (Symbol)

Foto: AP, AP

1 A heißt die Station, die im Johanniter Krankenhaus in Bonn geschlossen werden musste. Anlass ist eine Ausbreitung der parasitären Hautkrankheit Krätze. Nachdem bei mehreren Patienten sowie Pflegern die Krankheit festgestellt wurde, entschied sich das Klinikum, die Station präventiv zu schließen, um eine weitere Ausbreitung zu vermeiden. Das teilte Michael Forst, Sprecher der Klinik, mit.

In der Fachsprache heißt die Krankheit Skabies, was sich von dem lateinischen Wort scabere ableitet. Übersetzt bedeutet es kratzen. Damit wird eines der wichtigsten Symptome der Krankheit beschrieben. Betroffene leiden an massivem Juckreiz, Rötungen und Pusteln auf der Haut.

Ausgelöst werden diese Beschwerden von rund 0,5 Millimeter großen Krätzmilben, die sich in die Oberhaut bohren und dort in Kanälen Eier ablegen. Die Absonderungen sind es, die die Beschwerden auslösen. Wer infiziert ist, darf vorerst nicht in Gemeinschaftseinrichtungen arbeiten, da die Tiere bei intensiven Hautkontakt von einem Mensch zum nächsten übergehen. Eine Ansteckungsgefahr besteht allerdings auch durch Textilien und Möbel wie Stuhl, Sofa oder Bett.

Krätze in NRW

In NRW sind die Infektionszahlen seit 2013 deutlich angestiegen. In Düsseldorf stiegen die Fälle von 21 im Jahr 2013 auf 93 im Jahr 2016. In der Städteregion Aachen nahm die Zahl im gleichen Zeitraum von 11 auf 316 Fälle zu. In Duisburg war eine Steigerung von 44 Fällen im Jahr 2014 auf 163 Fälle im Jahr 2016 zu verzeichnen. Das Gesundheitsamt Köln vermeldet ein Wachstum von 26 Fällen im Jahr 2013 auf 65 im laufenden Jahr 2016.

Die Gründe dafür sind zahlreich: "Wir stellen zum einen fest, dass es immer mehr Fälle unter Kindern in Kitas und Schulen gibt, aber auch unter Senioren in Altenheimen", sagt Anne Bunte, Leiterin des Gesundheitsamtes in Köln. "Zugleich muss man sagen, dass wir den größten Zuwachs an Fällen in Flüchtlingsunterkünften verzeichnen, vor allem in den vergangenen beiden Jahren." Als besorgniserregend stuft Bunte dies aber nicht ein.

"Ein Wachstum von 20 Fällen auf 65 ist nicht so groß, dass man von dramatischen Auswüchsen sprechen müsste." Vor allem in Flüchtlingsunterkünften würden jedoch häufig falsche Diagnosen gestellt und die Leidens- und mögliche Ansteckungszeit deswegen unnötig verlängert, berichtet Bunte. Wenn die Kinder dann in die Grundschule oder Kita gingen, könne es zu weiteren Ansteckungen kommen.

Auch Heinrich Rasokat, Dermatologe an der Uniklinik Köln, bestätigt dies: "Scabies ist nicht leicht zu diagnostizieren, weil die Inkubationszeit mit bis zu sechs Wochen sehr lang ist. Menschen aus anderen Ländern wissen sich zudem oftmals nicht richtig auszudrücken und beschreiben die Symptome anders." Alle Experten sind sich zudem einig, dass viele Patienten die Krankheit mit Neurodermitis verwechseln und deswegen lange unbehandelt bleiben. In beiden Fällen treten Ekzeme auf, und es kommt zu Juckreiz; man muss also sehr genau unterscheiden.

Die Krätze lässt sich nur von einem Dermatologen diagnostizieren - und zwar per Untersuchung von Haut unter dem Mikroskop. "Zu guter Letzt muss ich sagen, dass Scabies einfach eine Zivilisationskrankheit ist", sagt Körber. "Wo mehrere Menschen zusammenkommen, können sich diese Tiere ausbreiten, das war schon immer so und lässt sich auch durch alle modernen Hygienemaßnahmen nicht vollständig verhindern."

So wird therapiert

Die gute Nachricht für besorgte Eltern und Betroffene ist, dass sich die Krankheit inzwischen sehr gut therapieren lässt. Man trägt eine Creme auf, die den Stoffwechsel der Milben blockiert, und außerdem ein Medikament. Der Wirkstoff Ivermectin wurde erst 2016 in Deutschland zugelassen und beschleunigt die Therapie: Binnen 24 Stunden sind alle Milben dank der Tablette abgetötet." Trotzdem müssen Betroffene umfangreiche Hygienemaßnahmen treffen, um sich nicht im eigenen Heim erneut anzustecken.

Dazu gehört das Schneiden der Fingernägel, das Saugen der Wohnung, das Waschen aller Handtücher und der Bettwäsche; zudem darf die getragene Kleidung zwei Wochen lang nicht wieder benutzt werden.

(ham)
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