Gesundheit Sieben Lügen, die Ihr Zahnarzt leicht entlarvt

Wesel · Wenn der Zahnarzt Fragen stellt, wird das manchem schon unangenehm - so sehr, dass er lieber flunkert. Warum das aber unklug ist und welche Notlügen der Mediziner beim Blick in den Mund ohnehin entlarvt, erfahren Sie hier.

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Foto: proDente e.V.

Ebenso wie jeder andere Arzt steht auch der Zahnarzt in einem besonderen Vertrauensverhältnis zum Patienten. Trotzdem halten es viele mit der Wahrheit nicht so genau, wenn er genauer nachfragt. Dabei kann nach Informationen der Zahnärztekammer Nordrhein der Zahnspezialist auch erste Hinweise auf viele Allgemeinerkrankungen im Mundraum sehen. "Leukämie und Aids erkennt der Zahnarzt frühzeitig an den Mundschleimhäuten. Auch Vorstufen von bösartigen Mundschleimhauterkrankungen kann der Zahnarzt rechtzeitig diagnostizieren und somit Leben retten", so die Zahnärztekammer weiter. Zwar werden nur äußerst selten derart schlimme Erkrankungen im Mund sichtbar, doch gibt es viele gute Gründe bei diesen Fragen bei der Wahrheit zu bleiben:

  • Benutzen Sie täglich Zahnseide?

Den Rat der Zahnärzte, täglich Zahnseide zu nutzen, kennen viele. Wirklich so häufig benutzen sie jedoch wenige. Unangenehm wird das spätestens bei einer der regelmäßigen Kontrollen beim Zahnarzt. Denn kaum hat man im Zahnarztstuhl Platz genommen, inspiziert der den Mundraum sorgfältig. Meist dauert es nicht lange, bis die für Frage kommt: "Wie oft benutzen Sie eigentlich Zahnseide?" Was tun? Flunkern oder die Wahrheit sagen?

Es lohnt sich nicht, die Wahrheit zu verschleiern, denn der Zahnarzt sieht es auch so: Rötungen am Zahnfleisch oder handfeste Entzündungen verraten, was Sache ist. Auch wer selbst beim Zähneputzen feststellt, dass das Zahnfleisch zu bluten beginnt, der sollte das Problem schleunigst angehen. Denn dahinter verbirgt sich weit mehr als ein kosmetisches Problem: "Rötung, Schwellung und Zahnfleischbluten sind die typischen Zeichen einer Zahnfleischentzündung", sagt Erling Burk, Vorstandmitglied der Zahnärztekammer Nordrhein und Zahnarzt in Wesel.

Sie entstehen, wenn das bakterielle Gleichgewicht im Mundraum zum Beispiel durch mangelnde Zahnhygiene aus dem Ruder läuft und sich Plaque bildet. "Aus ihr bilden sich Entzündungen am Zahnfleischrand oder in den Zwischenräumen oder Karies auf den Zähnen", sagt der Zahnarzt. Werden sie hingegen regelmäßig zweimal täglich gründlich geputzt und — am besten täglich — mit Zahnseide gereinigt, beugt man nicht nur den Entzündungen, sondern auch Mundgeruch vor.

"Unbehandelt kann eine Zahnfleischentzündung auch zur Parodontitis führen", sagt Burk. Das ist nicht nur für den Zahnhalteapparat ein Problem, weil es einen Zahnverlust nach sich ziehen kann. Hoch risikoreich ist es für Schwangere, "denn deren Risiko eine Frühgeburt zu erleiden, ist sieben Mal so hoch", so Burk. Zahlreiche Studien weisen zudem einen Zusammenhang zwischen Parodontitis und ernsten Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Arteriosklerose, Diabetes oder Schlaganfall oder sogar Bauchspeicheldrüsenkrebs auf.

  1. Putzen Sie zweimal täglich die Zähne?

Auch kleine Unwahrheiten bezüglich der Häufigkeit des Zähneputzens kann der Zahnarzt durch einen Blick auf die Zahnoberfläche leicht entlarven. Sammelt sich auf den Beißerchen oder am Zahnrand ein weißer Film, auch Biofilm oder Plaque genannt, kann es mit dem Putzen nicht weit her sein. Hier drohen dieselben Probleme, wie bei mangelnder Zahnraumpflege.

Solche Beläge werden noch leichter mit dem bloßen Auge sichtbar, wenn sie eingefärbt werden. Möglich ist das mit Kautabletten, Lösungen oder Gel. "Anhand des Farbausschlags lässt sich sogar unterscheiden, ob die Beläge älter als vier Tage sind, als 48 Stunden oder noch relativ frisch", sagt der Zahnexperte aus Wesel. Auch hier gilt also: Besser bei der Wahrheit bleiben.

  1. Rauchen Sie?

Ob jemand raucht oder nicht kann der Zahnarzt unter anderem an den Nikotinablagerungen auf den Zähnen erkennen. Zudem leiden Raucher wesentlich häufiger unter entzündlichen Veränderungen des Zahnhalteapparats und haben ein rund doppelt so hohes Risiko für Zahnausfall wie Nichtraucher. Dies zeigt der vom Deutschen Krebsforschungszentrum gemeinsam mit der Bundeszahnärztekammer herausgegebene Report "Rauchen und Mundgesundheit". "Trotz starker Parodontitis blutet das Zahnfleisch jedoch oft nicht, weil die Kapillaren, also feinste Blutgefäße auf der Schleimhaut, geschädigt sind", sagt Burk. Da das typische Symptom des Zahnfleischblutens nicht auftritt, bemerken Raucher die Erkrankung selbst meist erst spät.

Doch aus anderem Grund kann es wichtig für die Gesundheit sein, wahrheitsgemäß auf die Frage nach dem Rauchen zu antworten: "Raucher haben deutlich häufiger Wundheilungsstörungen", so Burk weiter. Stehen größere Eingriffe im Mundraum an, kann sich das nachteilig auf den Heilungsverlauf auswirken.

Auch die Speichelzusammensetzung ist nach Informationen des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) bei Rauchern verändert. Mit dem Rauch gehen krebserzeugende Substanzen in den Speichel über, die Vorstufen von Mundhöhlenkrebs verursachen können. "Dies sind Veränderungen, die sich mit hoher Wahrscheinlichkeit innerhalb weniger Jahre in Krebs umwandeln", so das DKFZ. Erkennen kann auch diese der Zahnarzt.

  1. Trinken Sie häufiger Saft oder Säurehaltiges?

Säure in Saftschorlen oder Limonaden ist der Tod für den Zahnschmelz. Laut einer europäischen Studie aus dem Jahr 2013 zeigen 30 Prozent der jungen Erwachsenen erste Zeichen von Zahnschmelzerosionen. Schon vier säurehaltige Getränke am Tag können Schäden am Schmelz — so genannte Erosionen — herbeiführen. Der Zahnschmelz — eigentlich die Schutzhülle des Zahns — wird durchlässiger, der Zahn zunächst mehr und mehr kälte- und hitzeempfindlich.

Zahnexperte Burk empfiehlt, vor allem nach dem Genuss von Obst und säurehaltigen Speisen und Getränken mindestens für eine halbe Stunde aufs Zähneputzen zu verzichten. "Da der Zahnschmelz untersäuert ist, richtet das Zähneputzen unmittelbar nach dem Säuregenuss Schaden an und man putzt sich Erosionen oder Kerben in die Zähne."

Bei Kleinkindern zeigt sich das ständige Nickeln und Tippen an saftgefüllten Flaschen häufig durch die so genannte Early Childhood Caries (ECC), also Karies bei Kleinkindern.

  1. Verwenden Sie eine harte Zahnbürste?

Falsche Putztechnik, die heftig über die Zähne schrubbt macht aus der Zahnbürste beinahe eine Art Waffe. Ähnlich wie beim Umspülen mit sauren Getränken geht das an die Zahnsubstanz und verursacht Schäden im Zahnschmelz. Auch die Frage nach der verwendeten Zahnbürste sollte man ehrlich beantworten, denn "Harte Bürsten sind schlecht für Zahnfleisch und Zähne"; sagt Erling Burk. "Sie können das Zahnfleisch auf Dauer so verletzen, dass es sich zurückzieht." Zudem fahre man sich wie mit einer Eisenbahn Riefen in den Zahnschmelz. Verstärkt wird dieser Effekt durch Zahnpasta mit starker Schmirgelwirkung. Man erkennt diese an den auf den Tuben angegebenen RDA-Werten. Sie sollten nicht höher als 60 liegen.

  1. Trinken Sie häufig Alkohol?

Das regelmäßige Trinken von Alkohol wirkt sich auf die Speicheldrüsen aus und sorgt mitunter für einen sehr trockenen Mund. Auch Cannabis wird eine nachteilige Wirkung auf die Speicheldrüsen bescheinigt. Da der Speichel den Zähnen Schutz vor Bakterien bietet, haben es im trockenen Mund Kariesbakterien besonders leicht. Nach Angaben der American Cancer Society sind etwa sieben von zehn Menschen mit Mundkrebs schwere Trinker.

  1. Haben Sie Stress?

Wer ständig unter Strom steht, der hat häufig auf längere Sicht auch ein Zahnproblem. "Vor allem das Pressen und Knirschen im Schlaf ist auf eine zu hohe Stressbelastung oder eine Fehlfunktion wie zum Beispiel eine zu hohe Zahnfüllung zurückzuführen", sagt Burk. Die Zähne verlieren ihre Form und werden glatt gerieben. Der Weseler Zahnarzt weiß, dass viele Menschen sich schwer tun, Stress einzuräumen. "Es ist ein sehr sensibles Thema." Dabei täte es gut, offen mit dem Zahnarzt darüber zu reden. Schließlich geht der nicht spurlos an einem vorüber und sorgt neben ruinierten Zähnen auch für andere gesundheitlichen Auswirkungen wie Bluthochdruck, eine verzögerte Wundheilung, Schlafstörungen oder ein höheres Risiko für psychische Erkrankungen. Der Zahnarzt kann mit Aufbissschienen und anderen therapeutischen Maßnahmen dem stressbedingten Zahnabrieb und —verlust leicht entgegenwirken.

Eine weitere wenn auch seltenere Auswirkung, die der Zahnarzt in Folge von Stress aufspüren kann: Mancher beißt sich im Stress ständig von innen auf die Wangen. Dadurch entstehen innenseitig zunächst Verdickungen und später Wucherungenso genannte Reizfibrome. Die müssen dann operativ entfernt werden, weil sie laut Burk bösartig werden können.

(wat)
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