Hypnose Wie gut funktionieren Operationen und Zahnarztbesuche in Trance?

Lange war Hypnose als Show verschrien. Inzwischen hat sie aber einen Stellenwert in der Medizin. Ob Therapie, Zahnarzt oder OP - Trance kann bei Angst und Schmerzen helfen. Unser Kollege Uwe Basten hat sich hypnotisieren lassen. Was passiert ist,sehen Sie hier im Video.

Stellen Sie sich vor, Sie könnten sich hinlegen, die Augen schließen und an Ihren letzten Urlaub denken. Und wenn Sie die Augen wieder öffnen, ist der schmerzhafte Zahn gezogen. Würden Sie das tun?

Weil die Angst vor dem Zahnarzt besonders häufig vorkommt, spezialisieren sich immer mehr dieser Mediziner in Deutschland auf Hypnose. Anstatt einer schmerzstillenden Spritze gibt es bei ihnen beruhigende Worte und schöne Suggestionen. Die versenken den Patienten in Trance und somit in einen Zustand, in dem er vom Bohren im Mund kaum etwas merken soll. Aber funktioniert das auch?

Die beruhigende Wirkung der Hypnose machten sich bereits Mediziner im alten Ägypten zunutze. Über die Jahrhunderte wurde sie unter anderem als Showeinlage zweckentfremdet. Seit 2006 gilt die Hypnotherapie aber als wissenschaftlich anerkannt.

Wie eine Sitzung abläuft

Jede Sitzung läuft ähnlich ab. Im Vorgespräch wird der Klient über Hypnose aufgeklärt, das Anliegen besprochen, und mögliche traumatische Erlebnisse werden reflektiert. Danach beginnt die eigentliche Sitzung. Mit monotonen Sprachmustern oder durch Fixierung auf einen Stift hilft der Therapeut dem Patienten, in Trance abzugleiten.

Ungewöhnlich sind diese Zustände nicht. Wer etwa länger aus dem Zugfenster sieht, sich dann in seinen Gedanken verliert und am Ende das Gefühl hat, in Windeseile am Ziel angekommen zu sein - der war in einer leichten Trance.

Das passiert in Trance

Während dieses Zustandes bewegen sich die Gehirnfrequenzen in einen Zustand zwischen Wachen und Schlafen. Wie tief er dabei sinkt, entscheiden Patient und Therapeut gemeinsam je nach Ziel der Sitzung.

Laut Studien empfinden 80 Prozent der Patienten in diesem Zustand kaum Schmerzen. Zehn Prozent sind sogar schmerzfrei. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie von dem Vorgang nichts mitbekommen. Protokolle von Zahnarztsitzungen unter Hypnose zeigen, dass die Patienten den Bohrer gespürt haben, er sie aber nicht gestört hat.

Hypnose in der Psychotherapie

Die Möglichkeit, einen derart sicheren Ort zu schaffen, macht sich auch die Psychotherapie zunutze. Die Ansprechbarkeit ist für sie sogar ein wichtiges Element im Therapieprozess. Denn löschen lässt sich nichts aus dem Gehirn, aber in Zusammenarbeit mit dem Patienten lassen sich Gedankenstrukturen verändern. So sind etwa enge Räume an sich nicht beängstigend. Ein traumatisches Erlebnis kann sie jedoch zu einem gefährlichen Ort machen. Auch eine Zigarette schmeckt den wenigsten auf Anhieb. Der Raucher bringt sie aber bald in Verbindung mit hilfreichen Momenten im Alltag wie Pausen, Genuss oder Gemeinsamkeit. Solche Muster lassen sich verändern.

Die meisten Hypnotherapeuten halten die Methode für so effektiv, dass sie bereits nach drei bis maximal zehn Sitzungen eine deutliche Besserung bis hin zur Auflösung des Problems prognostizieren. Sogar dann, wenn es sich um schwere Krankheitsbilder wie Darmentzündung, Neurodermitis, Depressionen oder schwere Drogensucht handelt. Klassische therapeutische Ansätze räumen für so eine Therapie mindestens 50 Stunden ein.

Aber der Hypnotherapeut hat eben einen Vorteil: Er - und somit auch sein Patient - muss nur begrenzt mit den Sorgen und Hürden des Wachbewusstseins umgehen. Durch die Trance wird das Arbeiten auf einer tieferen Ebene möglich.

Hypnose bei Operationen

Wie mächtig das sein kann, zeigen die Erfolge der Anästhesistin Elisabeth Faymonville vom Universitätsklinikum im belgischen Lüttich. Bei Patienten unter sogenannter Hypno-Sedierung schneidet sie durch Fleisch, operiert Schilddrüsen, entfernt Tumore und liftet Gesichter. Der Patient erhält dabei zwar eine lokale Betäubung - aber Hypnose statt Narkose. Meist ist die Angst vor der Behandlung zunächst größer. Während der OP sind die Patienten aber entspannt. Untersuchungen des Universitätsklinikums Jena zeigen sogar, dass die Methode nicht nur das Stressempfinden senkt, sondern auch die Wundheilung verbessert. Mögliche Nebenwirkungen der Narkose wie Übelkeit oder Kopfschmerzen bleiben den Patienten natürlich auch erspart.

Trotzdem warnen die Experten auch: Immer noch gibt es viele Trittbrettfahrer, die Schaden anrichten können. Interessierte sollten immer darauf achten, dass sie nach Fachärzten oder Psychotherapeuten mit einer speziellen Zusatzausbildung für Hypnose Ausschau halten.

Einig sind sich die Experten aber auch in einer anderen Sache: Gegen seinen Willen kann niemand gezwungen werden, unter Hypnose seltsame Dinge zu tun.

Unser Kollege Uwe Basten ist mit einem Sprachfehler zum Institut für angewandte Hypnose in Mettmann gegangen. Was dort passiert ist, sehen Sie hier im Video.

(ham )
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