Naturheilkunde erklärt Was passiert eigentlich beim Schröpfen?

Meddersheim/Berlin · Bewegungsmangel und Haltungsfehler können Rücken- und Nackenschmerzen auslösen. Eine uralte Therapie aus der Naturheilkunde soll da helfen: das Schröpfen. Wir haben eine Behandlung gefilmt, und mit Experten darüber gesprochen.

Nach der Behandlung hat der Patient ein paar blaue Flecken - und das ist bei der Schröpftherapie auch gut so. Auf das Heilverfahren schworen neben vielen anderen schon die alten Griechen.

Das Schröpfen ist eine Therapie aus dem Bereich der Naturheilkunde. "Ziel ist, schädliche oder krankmachende Stoffe aus dem Körper zu entfernen", erläutert die Heilpraktikerin Ursula Hilpert-Mühlig. Sie ist Vizepräsidentin des Fachverbandes Deutscher Heilpraktiker. Geschröpft wird mit kleinen Gefäßen aus Glas oder Kunststoff. Sie werden auf den Körper - in der Regel auf dem Rücken, aber etwa auch auf dem Bauch oder an den Beinen - platziert. Bei einer Behandlung kommen in der Regel mehrere Schröpfgefäße zum Einsatz.

"Elementar ist, dass in den Gefäßen ein Unterdruck erzeugt wird", erklärt Stange. Der Unterdruck kann über verschiedene Techniken hergestellt werden. "Eine Methode ist, Watte oder Alkohol im Schröpfgefäß anzuzünden", sagt der auf Naturheilverfahren spezialisierte Mediziner Matthias Menschel. Dadurch wird die Luft im Schröpfgefäß erhitzt. Danach wird es zügig auf die zu behandelnde Körperpartie platziert. Beim Abkühlen entsteht ein Vakuum. "Dadurch saugt sich das Schröpfgefäß auf der Haut fest", erläutert Menschel. Der Unterdruck kann auch über einen manuellen Gummiball erzeugt werden, der auf das Gefäß gestülpt wird. An den jeweiligen Stellen können sich Blutergüsse bilden. "Das ist therapeutisch so gewollt", betont Menschel. Die blauen Flecken bleiben für einige Stunden oder Tage.

Durch das Schröpfen wird das Gewebe stark durchblutet, der Lymphfluss angeregt. Zugleich sollen Verspannungen und Verhärtungen gelockert werden. "Schröpfen kann Blockaden lösen und dazu beitragen, Schmerzen zu lindern", sagt Hilpert-Mühlig. Durch das Schröpfen werden auch Reflexzonen am Rücken aktiviert, die in Verbindung zu inneren Organen stehen. Die Behandlungsform kann auch eine harmonisierende Wirkung auf das Nervensystem haben.

Das Schröpfen ist eines der ältesten Therapieverfahren. Das zeigen etwa Darstellungen von Schröpfköpfen im klassischen Griechenland und im ägyptischen Altertum. "Nahezu jede Medizinkultur hat unabhängig voneinander Schröpfen praktiziert", sagt Rainer Stange, Präsident des Zentralverbands der Ärzte für Naturheilverfahren und Regulationsmedizin. Nach seinen Angaben wurden etwa in Finnland Schröpfgefäße aus Kuhhörnern hergestellt, die Chinesen schröpften mit Gefäßen aus Bambus. Auch der deutsche Arzt Paracelsus war von der Wirkung des Schröpfens überzeugt.

Unterschieden wird zwischen dem trockenen und dem blutigen Schröpfen.
Beim blutigen Schröpfen werden die zu behandelnden Körperpartien vor der Behandlung leicht eingeritzt oder gestichelt. Durch den Unterdruck wird Blut und Gewebsflüssigkeit aus dem Körper in die Schröpfgefäße gesaugt. Beim trockenen Schröpfen entfällt das Einritzen oder Sticheln der Haut. Außerdem gibt es noch die Schröpfkopfmassage. Sie kommt in der Regel am Rücken zum Einsatz.
"Vor einer solchen Massage wird der Rücken mit Salbe eingerieben", erläutert Menschel. Dadurch gleiten die Schröpfköpfe besser.

Neben Verspannungen und Verhärtungen werden etwa auch Hexenschuss oder Durchblutungsstörungen behandelt. "Wichtig ist, dass das Schröpfen im Rahmen einer medizinischen Behandlung nur ein therapeutischer Schritt von mehreren ist", betont Menschel. Auch etwa bei Nierenleiden oder Verdauungsstörungen kommt die Schröpftherapie zum Einsatz. Gleiches gilt für Nerven, Rücken- oder Kopfschmerzen.

Das ist individuell unterschiedlich und hängt nicht zuletzt von den Beschwerden ab. "Die genaue Vorgehensweise sollte jeder in Ruhe mit seinem Heilpraktiker oder Arzt besprechen", rät Hilpert-Mühlig. Nicht blutig geschröpft werden dürfen etwa Menschen mit Neurodermitis oder Blutgerinnungs- und Wundheilungsstörungen. Wer blutverdünnende Medikamente einnimmt, darf nicht geschröpft werden.

Schröpftherapien werden von Heilpraktikern und Ärzten, die auf Naturheilverfahren spezialisiert sind, angeboten. Im Schnitt kostet eine Sitzung zwischen 50 und 80 Euro. Wie viele Sitzungen notwendig sind, ist von Fall zu Fall verschieden. Eine Sitzung dauert im Schnitt zwischen 30 und 45 Minuten.

Welcher Massage-Stil sich wofür eignet
11 Bilder

Welcher Massage-Stil sich wofür eignet

11 Bilder
Foto: Maksim Shmeljov /Shutterstock.com

Nein. Die Schröpftherapie gehört derzeit nicht zum Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). "Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass einige Kassen auf freiwilliger Basis zahlen", sagt Ann Marini, stellvertretende Sprecherin des GKV-Spitzenverbands.

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort