Gadolinium Bei MRT-Untersuchungen lagert sich Metall im Gehirn ab

Düsseldorf/Essen · MRT gelten vor allem bei Krebspatienten als eine lebenswichtige Untersuchung. Dazu allerdings ist die Gabe von Kontrastmitteln notwendig. Sie galten bislang als sicher. Neuste Untersuchungen zeigen aber, dass sich dabei Metall im Hirn ablagern kann. Wie gefährlich ist das?

 Wird beim MRT ein Kontrastmittel verwendet, kann sich das unter bestimmten Umständen im Gehirn ablagern.

Wird beim MRT ein Kontrastmittel verwendet, kann sich das unter bestimmten Umständen im Gehirn ablagern.

Foto: Shutterstock/Volt Collection

Magnetresonanztomographien (MRT) sind beliebt. Sie gelten als schonend und gegenüber Röntgenverfahren und der Computertomographie als strahlungsfrei. Mit ihrer Hilfe lassen sich Verletzungen wie Sehnenerkrankungen oder Meniskusrisse aufspüren, ohne dass Ärzte über kleine Schnitte mit Minikameras invasiv arbeiten müssen. Sie machen Organstrukturen wie etwa die von Hirn und Prostata sichtbar und zeigen ihre Funktion. Nach einem Schlaganfall oder Herzinfarkt geben sie so zum Beispiel Auskunft über das Ausmaß der Schädigung.

Gadolinium versetzt Fachleute in Sorge

"Jährlich werden in Deutschland schätzungsweise zwischen acht und zehn Millionen MRT durchgeführt", sagt Professor Detlef Moka, Vorsitzender des Berufsverbandes deutscher Nuklearmediziner (BDN). In 30 Prozent der Fälle kommt dabei ein Kontrastmittel zum Einsatz. Das reichert sich in krankhaften Veränderungen an und macht besser sichtbar, was sonst oft unentdeckt bliebe. Einige Fachleute sind jedoch in Sorge. Der Grund: Die bislang als unproblematisch eingestuften Mittel enthalten neben einer Trägersubstanz den magnetischen Stoff Gadolinium. Dieses Metall kann sich nach neuen Erkenntnissen im Gehirn absetzen.

So oft kommen Kontrastmittel zum Einsatz

Laut Informationen der Deutschen Krankenhausgesellschaft kam Kontrastmittel im Jahr 2013 bei 42 Prozent der MRT im Krankenhaus ein Kontrastmittel zum Einsatz. Dieses wird dem Patienten vor der Untersuchung in die Vene gespritzt und verteilt sich dann im ganzen Körper. Damit es sich nicht im Blut löst, wird das an sich giftige Metall an eine Trägersubstanz gebunden. Doch wie aktuelle Untersuchungen zeigen, kann es passieren, dass sich das Gadolinium von dieser Substanz trennt und sich dann im Körper absetzt.

"Es war für uns überraschend, dass das ausgerechnet im Hirn passiert. Frühere Untersuchungen hatten schon gezeigt, dass es sich im Hautgewebe und den Knochen absetzt", sagt der Nuklearmediziner und ergänzt: "Diese Ablagerungen bleiben wie es scheint dauerhaft im Körper." Was sie dort genau anrichten, wird nun untersucht. Denn es ist unklar, ob das zu gesundheitlichen Schäden führen kann. Eine kürzlich erschienene Studie konnte den unerwünschten Effekt lediglich für einen Teil der gadoliniumhaltigen Mittel nachweisen, die sogenannten linearen Komplexe.

Die Amerikanische Food and Drug Administration (FDA) berichtet von Patienten, die nach vier und mehr MRT mit Kontrastmitteln Ablagerungen im Hirn zeigten. "Das Risiko steigt offenbar mit der Anzahl der Untersuchungen", betont Professor Moka. "Derzeit hat jedoch niemand nachgewiesen, dass die Ablagerungen zu Erkrankungen führen", sagt Professor Gerald Antoch, Leiter des Radiologischen Instituts am Uniklinikum Düsseldorf. Die kursierende Angst, es könne möglicherweise neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer oder Demenz auslösen, hält er für unbegründet. "Die Ablagerung des Gadoliniums wurde nicht in den Hirnregionen nachgewiesen, die bei Alzheimer relevant sind."

Der Experte sorgt sich im Gegenteil darum, dass Patienten verunsichert werden, für die diese spezielle Untersuchung lebensrettend sein kann. "Denn die Mittel kommen zum Einsatz, um Entzündungen oder Gefäßverengungen zu identifizieren, die sonst nur schwer vom umliegenden Gewebe abgrenzbar wären", sagt Antoch.

Besonders bei der Diagnostik von Krebserkrankungen ist diese Möglichkeit ein Segen. "Nur so sehen wir, ob beispielsweise ein Dickdarmtumor auch Lebermetastasen gebildet hat", betont Antoch und fügt an: "Es gibt dazu derzeit keine Alternative." Das sieht auch Professor Gabriele Krombach, Direktorin der Klinik für Radiologie am Uniklinikum Gießen so: "In vielen Fällen ist die Diagnose jedoch allein durch den Einsatz eines Kontrastmittels zu erheben."

In den USA ist die Substanz bei medizinischen Bildgebungsverfahren seit 1988 erlaubt. Im Jahr 2006 kam das Kontrastmittel erstmals ins Gerede. Die Verwendung von Gadolinium rief bei einigen Nierenpatienten eine bis dahin vollkommen unbekannte Erkrankung, die sogenannte nephrogene systemische Fibrose (NSF), hervor. Bei ihr kommt es zu einer krankhaften Vermehrung von Bindegewebe an Haut, Muskulatur und Organen. Diese sehr schmerzhafte Erkrankung kann tödlich enden. Die Kontrastmittel dürfen deshalb nach Informationen des Berufsverbandes deutscher Nuklearmediziner bei Patienten mit erheblich eingeschränkter Nierenfunktion nicht mehr eingesetzt werden. Die Arzneimittelkommission rät zudem auch bei Patienten mit erfolgter oder geplanter Lebertransplantation vom Einsatz eines solchen Mittels ab.

Für vorerst verzichtbar hält der BDN den Einsatz beim Herz-MRT. Mit der Untersuchung lassen sich Durchblutungsstörungen aufzeigen oder nach einem Herzinfarkt feststellen, durch welche Teile des Herzmuskels kein Blut mehr fließt. Auch die Pumpleistung des Herzens kann so überprüft werden. "Für all diese Aspekte steht uns mit der Myokardszintigraphie eine alternative Untersuchungsmethode zur Verfügung, die ebenso zuverlässig wie sicher ist", erläutert Moka. Die Pumpleistung des Herzens könne alternativ auch mit dem Ultraschall ebenso strahlenfrei wie beim MRT ermittelt werden. Daneben steht zur Darstellung von Gefäßen zum Beispiel die Angiographie per Computertomographie zur Verfügung.

Grundsätzlich rät Moka in Anbetracht der unklaren Situation: "Bis neue Ergebnisse vorliegen, sind wir Ärzte aufgerufen, vor jeder Untersuchung noch gewissenhafter als bisher zu prüfen, ob die Verwendung eines Kontrastmittels mit Gadolinium erforderlich ist." Derweil wird an alternativen Mitteln geforscht. In einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt untersucht man im Tierversuch die Nutzung von Wasserstoffmolekülen als Kontrastmittel. "Ein weiteres Mittel auf Basis von Eisenpartikeln ist zum Teil schon im Test am Menschen", sagt Moka.

(wat)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort