Tabakatlas 2015 Möbelpacker rauchen wie die Schlote, Apothekerinnen kaum

Berlin · Jedes Jahr sterben in Deutschland 121.000 Menschen an den Folgen des Tabakkonsums. In Nordrhein-Westfalen sind es 21 Prozent der Männer und 9,4 Prozent der Frauen. Die Bundesregierung will handeln und ein Werbeverbot für Zigaretten einführen.

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Foto: dpa, mg cul

Die Drogenbeaufragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CDU), und das Deutsche Krebsforschungszentrum haben am Dienstag in Berlin den "Tabakatlas 2015" vorgestellt. Zum zweiten Mal nach 2009 wird mit dem Atlas eine Zusammenfassung aktueller Daten und Fakten rund um den Tabakkonsum in Deutschland sowie der damit verbundenen gesundheitlichen Risiken und gesellschaftlichen Folgen veröffentlicht.

Dem Atlas zufolge rauchen in Deutschland 25 Prozent der erwachsenen Bevölkerung, 30 Prozent der Männer und 20 Prozent der Frauen. In den nördlichen Bundesländern rauchen mehr Menschen als im Süden. Die höchsten Raucheranteile unter beiden Geschlechtern haben Berlin und Bremen. In Baden-Württemberg rauchen die wenigsten Männer, in Sachsen die wenigsten Frauen.

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Nordrhein-Westfalen liegt im Mittelfeld. Nichtsdestotrotz sind die Zahlen alarmierend. 9,4 Prozent der Frauen, die 2013 in NRW gestorben sind, starben an den Folgen des Rauchens. Das ist der dritthöchste Wert nach Berlin und Bremen. Bei den Männern starben in NRW 21 Prozent an den Folgen des Tabakkonsums. Hier ist der Anteil nur in Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Brandenburg höher. Insgesamt wird im Norden Deutschlands mehr geraucht als im Süden der Republik.

In qualifizierten und akademischen Berufen sind die Raucheranteile geringer als in manuellen und einfachen Dienstleistungsberufen. Am häufigsten rauchen Männer, die als Möbelpacker arbeiten (85 Prozent) und Frauen, die im Werk- und Personenschutz tätig sind (51 Prozent). Die wenigsten Raucher finden sich unter den Hochschullehrern (13 Prozent) und die wenigsten Raucherinnen unter den Apothekerinnen (6 Prozent).

Insgesamt ist der Tabakkonsum aber auf dem Rückzug: Anfang der 90er Jahre rauchten bundesweit noch fast 37 Prozent der Über-14-Jährigen, zwischen 2009 und 2013 sank der Anteil von 30,5 auf 29,0 Prozent.

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Dieser Trend ist allerdings vor allem auf den deutlichen Rückgang jugendlicher Raucher zurückzuführen, bei Älteren bleiben die Werte relativ konstant. Mortlers Fazit lautet deshalb: "Tabakprävention muss weiterhin oben auf der politischen Agenda stehen." Schließlich sei Rauchen "das größte vermeidbare Gesundheitsrisiko unserer Zeit". "Die Zigarette ist und bleibt ein Giftgemisch", beklagte Martina Pötschke-Langer vom Deutschen Krebsforschungszentrum.

Pötschke-Langer forderte deshalb unter anderem eine massive Anhebung der Tabaksteuer und ein komplettes Werbeverbot für Tabak. Schließlich sei Deutschland das einzige EU-Land neben Bulgarien, das noch Außenwerbung für Zigaretten erlaube.

Auch Mortler hält ein solches Werbeverbot für überfällig und versicherte: "Ich setze mich Tag und Nacht dafür ein." Nach ihren Worten soll ein entsprechendes Gesetz voraussichtlich in dieser oder in der nächsten Woche vom Kabinett beschlossen werden. Wann ein Werbeverbot für Zigaretten in Kraft tritt, ließ die Drogenbeauftragte allerdings offen: "Ich kann mir vorstellen, dass es hier sicherlich eine Übergangszeit gibt.

Auch für die Volkswirtschaft ist der Tabakkonsum eine Belastung. Das Rauchen kostet die deutsche Gesellschaft jährlich rund 80 Milliarden Euro. Davon sind etwa ein Drittel Kosten für das Gesundheitssystem (direkte Kosten) und zwei Drittel Kosten für die Volkswirtschaft durch Produktionsausfälle und Frühverrentung (indirekte Kosten), heißt es im Tabakatlas.

Ausgehend von dem aktuellen Packungspreis von fünf Euro müsste eine Schachtel Zigaretten 7,80 Euro kosten, um die direkten Kosten zu kompensieren. Mit einem Packungspreis von 11,30 Euro wären zusätzlich die indirekten Kosten abgedeckt, schreiben die Forscher.

Mit Material von dpa.

(lsa)
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