Medizin Prostata-Krebs trifft auch jüngere Männer

Düsseldorf · Das Karzinom der Vorsteherdrüse ist die häufigste Krebserkrankung des Mannes. Die Urologen prüfen verschiedene Strategien. Während er bei älteren Männern oft langsam wächst, findet man bei Jüngeren aggressive Verläufe. Die Prognosen bei Blasen- und Hodenkrebs sind besser.

 Immer öfter sind auch junge Männer vom Karzinom der Vorsteherdrüse betroffen.

Immer öfter sind auch junge Männer vom Karzinom der Vorsteherdrüse betroffen.

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Die Unterschätzung dieser Drüse durch ihren Besitzer zeigt sich darin, dass er sie im Ernstfall bereits für die Erkrankung als solche hält. "Was hast du denn?" - "Ich habe Prostata!"

Tatsächlich wird die männliche Vorsteherdrüse in der Regel erst aktenkundig, wenn sie sich entzündet (Prostatitis), vergrößert (Prostata-Hyperplasie) oder bösartig (Prostata-Karzinom) verändert. Ansonsten ignoriert man sie geflissentlich - oder fürchtet sie. Kein Mann, der an ordentlicher Weinerlichkeit leidet, hat es gern, wenn der Hausarzt vom Mastdarm aus die kleine Kastanie ertastet, welche die Harnröhre umschließt.

Dabei muss es einmal plakativ gesagt werden: Ohne die Prostata wären wir alle nicht da. Mit ihren vielen Einzeldrüsen, aus denen sie besteht, produziert sie ein Sekret, das sich in der Harnröhre mit den Spermien, die aus den Hoden eintreffen, und weiteren Stoffen vermischt; das Prostata-Sekret bildet etwa 30 Prozent des gesamten Ejakulats.

Die Prostata ist aber auch der größte Killer des Mannes: Ihr Karzinom ist die häufigste Krebserkrankung des Mannes, und die Prognosen für das Überleben sind, wenn es mit relativ jungen Jahren in einem fortgeschrittenen Stadium nach schnellem Wachstum ausbricht, nicht sehr komfortabel. Andererseits wird das Prostata-Karzinom oft auch überschätzt, wenn es ältere Männer befällt, die aber nicht unbedingt behandelt werden müssen: An diesem sogenannten "Haustierkrebs" stirbt man nicht. Höchstens stirbt man mit ihm.

Trotzdem herrscht Unsicherheit, wann man welche Patienten wie behandelt. Denn viele Operationen bescheren den Patienten eine Nebenwirkung, die sie fast noch mehr fürchten als den Krebs als solchen: Impotenz. Und es gibt auch kaum belastbare Daten dazu, ob eine Operation mit den üblichen Nach-Behandlungen die Überlebensdauer des jeweiligen Mannes überhaupt nennenswert verlängert. Denn trotz einer radikalen Entfernung, der sogenannten Prostatektomie, kommt es relativ häufig zu Metastasen. Und der angeblich geheilte Patient wird doch wieder krank. Und stirbt an den Spätfolgen seines Krebses.

Da denkt mancher zu Recht darüber nach, ob er sich die erweiterte Vorsorge mit den nicht ganz unumstrittenen PSA-Messungen nicht lieber schenkt. Denn die folgende hypothetische Rechnung ist ja vorderhand einfach und wird durch die Realität auch oft genug bestätigt: In einem Verlauf A wird ein Mann mit 62 Jahren durch ein mehrfach erhöhtes PSA auffällig, obwohl er keinerlei Symptome hat. Dann wird ihm Gewebe im Rahmen einer Biopsie entnommen, bei positivem, also bösartigem Befund wird er radikal operiert, macht die Nachsorge durch, wird irgendwann von einem Rezidiv und von Knochen-Metastasen eingeholt - und stirbt mit 67 Jahren. Im Verlauf B verzichtet der Patient auf alle Vorsorge, bekommt mit 65 Jahren die ersten Krebs-Symptome - und stirbt ebenfalls mit 67 Jahren. Es liegt auf der Hand, dass Verlauf B für das Seelenleben der angenehmere zu sein scheint. Andererseits ist die Gewissheit, dass ein Krebs in frühem Stadium mit hoher Aussicht auf Heilung entfernt werden kann, ein Pluspunkt für andere Argumentationen.

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In jedem Fall sind sich Urologen derzeit einig, dass man von Männern in eher jüngerem Alter, also unter 50, einmal einen Basis-Wert erheben und ihn zur Grundlage einer Risikoabschätzung machen sollte. Der alte Schwellenwert von 4,0 hat ja ausgedient; Urologen betrachten die Werte differenzierter. Liegt der erste gemessene Wert bei unter 0,5, sind die Aussichten auf lange Krebsfreiheit glänzend, und es reicht eine Kontrolle nach fünf Jahren. Liegt er höher, etwa zwischen 1,5 und 3,0, sollte man vielleicht alle zwei Jahre nachschauen. Ist er noch höher, sind engmaschige Kontrollen vonnöten. Dabei gilt aber immer: Ein mehrfach erhöhtes PSA ist überhaupt kein sicherer Indikator für ein Prostata-Karzinom, der erhöhte Wert kann auch andere Ursachen haben. Umgekehrt findet man bei fast jedem Mann mit einem Prostata-Krebs auch ein deutlich erhöhtes PSA.

Die jüngeren Männer sind als Zielgruppe so wichtig, weil bei ihnen das Prostata-Karzinom oft aggressiv verläuft und in einem spät entdeckten Stadium kaum noch geheilt werden kann. Die Altersklassen unter 50 Jahren rücken mehr und mehr in den Fokus einer um Heilung bemühten Medizin.

Das Blasenkarzinom ist ebenfalls ein Männerkrebs: Es ist der vierthäufigste Tumor des Mannes, bei den Frauen liegt er nur an zehnter Stelle. Bei Männern finden sich rund 30 Neuerkrankungen auf 100 000 Männer. Wird er früh erkannt, sind die Heilungschancen gut.

Das gilt erst recht für das Hodenkarzinom, das schnell Beschwerden macht und deshalb meist rasch entdeckt, diagnostiziert und operiert wird. Die Alarmsignale für Hodenkrebs sind eine tastbare, schmerzlose Verhärtung im Hoden, eine Schwellung oder Schmerzen im Hodenbereich, ein Schweregefühl oder ein Ziehen im Hoden oder in der Leiste, ein Anschwellen oder Schmerzhaftigkeit der Brustdrüsen. Bei fortgeschrittener Erkrankung können Rückenschmerzen auftreten, die durch vergrößerte Lymphknoten im hinteren Bauchraum hervorgerufen werden.

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In jedem Fall gilt für alle diese Krebsarten: Die moderne Medizin hat deutlich mehr Optionen, auch in späteren Zeiträumen einer Krebserkrankung noch eine gute Lebensqualität des Patienten zu gewährleisten.

(RP)
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