Gelenkbeschwerden Wann muss ich mit meinem Knie-Knacken zum Arzt?

Düsseldorf/Viersen · Es quietscht bei Bewegung, knackt beim Hinhocken oder knirscht beim Treppensteigen: Geräusche aus dem Knie sind ein weit verbreitetes Phänomen. Nicht immer sind sie harmlos, sondern ein Fall für den Arzt.

 Knackende Geräusche im Knie sind häufig, aber meist harmlos.

Knackende Geräusche im Knie sind häufig, aber meist harmlos.

Foto: shutterstock/Image Point Fr

Es passiert immer wieder: Beim Schuhe anziehen eben den Fuß auf der Bank abgestellt — knack —, den Hund begrüßt und in die Hocke gegangen — knack. "Geräusche im Knie sind extrem häufig", sagt Dietmar Pierre König, Ärztlicher Direktor der LVR-Klinik für Orthopädie in Viersen. Bei vielen Menschen knirscht, knackt oder quietscht es im Kniegelenk, das übrigens das größte Gelenk des Körpers ist. Das hinterlässt ein beunruhigendes Gefühl und die Frage: Ist da was kaputt?

"In den meisten Fällen nicht, sofern die Geräusche nicht mit Schwellungen und Schmerzen einhergehen", sagt König. In der Regel rührt das Knarzen im Knie vom Kniestreckapparat her und ist kein Zeichen des Alters, wie oft im Scherz behauptet wird. Auch bei jungen Leuten knackt es zuweilen gehörig. Wie das verunsichernde Geräusch entsteht, ist ungeklärt. "Als unwahrscheinlicher gilt die Hypothese, dass winzige Lufteinschlüsse in den Gelenken dazu führen", sagt König. Eine andere Erklärung macht einen Unterdruck, der beim Auseinanderweichen der Gelenkflächen voneinander entsteht, dafür verantwortlich.

Bei aller Unsicherheit diesbezüglich gilt hingegen als sicher, dass vor allem Sportmuffel tönende Knie haben. Warum das so ist, erklärt Roland Tenbrock, Vorsitzender des Berufsverbandes für Orthopädie und Unfallchirurgie Nordrhein so: Die Kniescheibe liegt wie in einem Tunnel zwischen zwei Gelenkrollen des Oberschenkels. Wie eine Umlenkrolle verbessert sie bei Bewegungen die Kraftübertragung über Sehnen, Bänder und Muskulatur zwischen Ober- und Unterschenkel. Dazu muss sie sehr beweglich und gleichzeitig aber im Gelenk stabil geführt sein. "Ist die Oberschenkelmuskulatur aber nicht genug trainiert, kann sie die Kniescheibe nicht in ihrer Gleitrinne halten. Diese verrutscht leicht und erzeugt das Geräusch", sagt der Düsseldorfer Orthopäde. Muskuläre Schwäche gilt als häufigster Auslöser für das Phänomen. Prädestiniert für seltsame Kniegeräusche sind daneben junge Menschen im Wachstum. Laut Tenbrock könne es bei ihnen zu einem Ungleichgewicht der Muskulatur kommen, das der Kniescheibe zu viel Bewegungsspielraum gibt.

Eine ähnliche Problematik zeigt sich laut König bei Beinfehlstellungen wie X-Beinen. Sie verursachen ebenfalls eine Fehlstellung der Kniescheibe, die durch ein Knacken hörbar wird. Hier können Einlagen in den Schuhen Abhilfe schaffen, die der Orthopäde verschreibt. Durch das leichte Anheben des Fußes wird die richtige Achse wieder hergestellt und die Kniescheibe bleibt in korrekter Führung.

Wichtig ist eine solche Behandlung aber auch aus anderem Grund. Wird sie nicht durchgeführt, kann sich daraus später eine Arthrose, also ein massiver Gelenkverschleiß ergeben. Medizinisch wird die Zerstörung des Gelenkknorpels auch als Gonarthrose bezeichnet. Da die Knorpelschicht schließlich als schützende Schicht zwischen den knöchernen Gelenken fehlt, verursacht das ein knirschendes oder knackendes Geräusch, Steifheitsgefühl und Schmerzen.

Der Knirschtest

Mit einem einfachen Test kann man das im fortgeschrittenen Stadium selbst ertasten, indem man sich auf einen Stuhl setzt, eine Hand auf das Knie legt und dann das Bein anhebt und wieder absenkt. "Man spürt und hört dann selbst das Reiben im Knie, das durch den Gelenkverschleiß verursacht ist", sagt Tenbrock.

Entstehen kann eine Gonarthrose nicht nur durch Beinfehlstellungen, sondern auch altersbedingt, als Folge von Übergewicht sowie durch Meniskus- oder Kreuzbandverletzungen. Eine aktuelle Studie, die erstmals die Häufigkeit von Kniegelenksverletzungen darstellt, kommt zu dem Ergebnis, dass in 80 Prozent der Fälle nach einer Kreuzbandverletzung eine Gonarthrose entsteht.

Meniskusschmerzen im Yogasitz

Darum raten die Orthopäden beim Auftreten von knackenden oder reibenden Geräusche zusammen mit Schmerzen oder Schwellungen des Gelenks dazu, den Arzt aufzusuchen. Der kann eine Meniskusverletzung, die wiederum auch selbst mit Knackgeräuschen, Schmerzen und einem Blockierungsgefühl im Knie einhegeht, diagnostizieren. Typischerweise treten solche Beschwerden beispielsweise in der Yogasitzhaltung auf. "Die Betroffenen verspüren dann innenseitig Schmerzen. Der Meniskus wird in dieser Haltung zusammengedrückt. Dabei kann es passieren, dass er wie in einem Kugellager eingeklemmt wird und dann ganz blockiert", sagt Tenbrock.

Ähnlich Symptome zeigen sich bei einer anderen typischen Sportlerverletzung, dem Kreuzbandriss. Neben Knackgeräusch, Schwellung und Schmerzen kommen jedoch Symptome wie Knieinstabilität und ausgeprägte Gangunsicherheit hinzu sowie das Gefühl, dass sich Ober- und Unterschenkel gegeneinander verschieben. Neben der konservativen Therapie, die vor allem auf den Muskelaufbau im Oberschenkel setzt, kann eine Operation nötig werden. Wer die mitsamt langer Rehazeit auf sich nimmt, sollte nicht erschrecken, wenn er im Anschluss daran sein Knie bewegt und ihn das altbekannte Knacken erneut aufhorchen lässt. "Unmittelbar nach der OP baut sich die stützende Muskulatur zunächst ab und das neue Kreuzband ist zudem meist fester als das alte zuvor", sagt Tenbrock. Beides kann zu neuerlichen Kniegeräuschen führen, die aber später verschwinden.

Das Knackens überdrüssig kann man — sofern nachweislich keine Erkrankung der Grund dafür ist — selbst leicht für Abhilfe sorgen, indem er seine Muskulatur stärkt. Die Orthopäden empfehlen dazu Sportarten wie Schwimmen, Radfahren, den Crosstrainer oder gezielte Gymnastikübungen. "Das Knie gegen einen Widerstand zu strecken, also zum Beispiel im Liegen das Bein gegen das Eigengewicht hochzuheben, baut Muskulatur auf", sagt Tenbrock. Die Oberschenkelmuskulatur lässt sich effektiv durch Wandsitzen aufbauen.

(wat)
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