Fälle von Hautkrebs steigen dramatisch Wie Sie erkennen, welche Hautflecken gefährlich sind

Witten/Herdecke · Die Fälle von Hautkrebs steigen rapide an, das ergab eine aktuelle Studie der Barmer GEK. Allein in Deutschland erkranken 234.000 Menschen jährlich daran. Wir erklären, woran Sie gefährliche Veränderungen an Muttermalen und Leberflecken erkennen, und wie man Hautkrebs vorbeugen kann.

So sehen die wichtigsten Hautveränderungen aus
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Foto: Shutterstock/Stephen VanHorn

Die warzige, braune Wucherung am Hals, ist das ein Leberfleck oder vielleicht Hautkrebs? Solche Unsicherheiten, sagt Prof. Dr. Thomas Dirschka, kann nur der Hautarzt zweifelsfrei aus dem Weg räumen. Denn die Verwechslungsgefahr zwischen einer harmlosen Hautveränderung und einer bösartigen Erkrankung ist groß. Für den medizinischen Laien meist zu groß. So stellt sich eine ängstlich beim Hautarzt präsentierte erhabene Wucherung oftmals als Alterswarze heraus und nicht als hochgefährlicher schwarzer Hautkrebs, für den der Patient ihn hielt.

Unschön ist zwar eine dunkelbraune Alterswarze auch und mancher wünscht sich deshalb vielleicht deren Entfernung, nötig ist dies aus medizinischer Sicht allerdings nicht. Denn an sich ist es lediglich eine Hornhautansammlung, so der Berufsverband Deutscher Dermatologen (BVDD).

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Foto: dpa, Karl-Josef Hildenbrand

Ganz und gar nicht harmlos sind hingegen oftmals hautfarbene Knötchen, die als vermeintliche Pickel einfach nicht abheilen wollen. In Wirklichkeit kann das aber ein heller Hautkrebs sein. Dazu zählt zum Beispiel das Stachelzellenkarzinom, das eine raue, verhornte Oberfläche aufweist. Die Gefahr: "Wenn sich Hautmale verändern, sie jucken oder gar bluten, ist es eigentlich schon zu spät", sagt der Hautspezialist an der Universität Witten Herdecke und Sonderreferent des BVDD. Bleibende Rötungen auf der Haut, fransige oder erhabene Muttermale könenn Warnzeichen für den Krebs sein, der sich unentdeckt durch die Haut bis in den Knochen frisst.

Weil der Ottonormalverbraucher den gefährlichen Krebs nicht zweifelsfrei identifizieren kann, bieten die Krankenkassen ab dem 35. Lebensjahr alle zwei Jahre ein kostenloses Krebsscreening an, bei dem die Haut auf ungewöhnliche Veränderungen, Neubildungen und Wucherungen angesehen wird. Was manche abschrecken mag: Jeder Fetzen Haut wird in Augenschein genommen. Weil das für viele mit Schamgefühlen behaftet ist, sind die Dermatologen bemüht, es so diskret wie möglich ablaufen zu lassen. Viele arbeiten sich schichtweise von oben nach unten, so dass der Patient nie ganz entblößt dasteht.

Trotz des kostenlosen Angebots könnten das das Screening mehr Menschen nutzen. Laut aktueller Zahlen der Barmer GEK gingen 2012 30 Prozent der männlichen Versicherten hin. Bei den Frauen waren es zwei Prozent mehr. Es ist also Platz nach oben, die den Patienten Sicherheit geben würde. Denn durch die Untersuchung werden in 90 Prozent der Fälle gefährliche Veränderungen aufgespürt, sagt Prof. Thomas Dirschka.

Wer mehr Sicherheit will, der hat die Möglichkeit die Visitation um eine Untersuchung mit dem so genannten Auflichtmikroskop zu erweitern. Da diese Leistung allerdings zu den Individuellen Gesundheits-Leistungen (IGEL) gehört, wird sie oft zusätzlich berechnet und kostet im Schnitt rund 60 bis 80 Euro. Hier lohnt es sich jedoch, vor dem Arztbesuch Kontakt zu seiner Krankenkasse aufzunehmen, denn viele kommen für diese Präventionsmaßnahme auf. So zum Beispiel bei der AOK-Rheinland, der Techniker Krankenkasse und der Barmer GEK. "Diese Untersuchung erhöht die Sicherheit für den Patienten um rund fünf Prozent", sagt der Wittener Mediziner dazu.

Möglich ist daneben noch ein Video-Screening, das der Hautspezialist allerdings nur bei einer eigener oder familiärer Hautkrebsvorgeschichte empfiehlt oder in Fällen, in denen häufig Veränderungen an Muttermalen festgestellt werden. Auch diese Leistung gehört nicht zu den gesetzlichen.

Durchaus spendabel zeigen sich hingegen viele Kassen auch, wenn es um die Hautvorsorge bei unter 35-Jährigen geht. "Zahlreiche Versicherungen übernehmen das Screening schon ab dem 18. Lebensjahr", sagt er. In jedem Fall ist es ratsam, individuell mit seiner Krankenkasse zu besprechen, was sie bereit ist zu übernehmen.

Das vor allem vor dem Hintergrund, das der weniger gefürchtete weiße oder helle Hautkrebs auf dem Vormarsch ist. Allein 2012 wurden bei der Barmer GEK 1,3 Millionen Diagnosen dokumentiert. Innerhalb von sieben Jahren ist diese Zahl um 79 Prozent gestiegen. "Offensichtlich sind sich viele Bundesbürger der Gefahr von UV-Strahlen nicht bewusst", kommentiert Dr. Rolf-Ulrich Schlenker, Vorstandsmitglied der Barmer GEK die Ergebnisse des Arztreports.

Heller Hautkrebs tritt vor allem an Stellen auf, die häufig der Sonne ausgesetzt sind: Die Schläfen zählen dazu, Ohren oder Lippen. Er ist weniger gefährlich als das hoch aggressive Melanom, weil er in der Regel keine Metastasen bildet. Verwechseln darf man ihn nicht mit vollkommen ungefährlichen Hauterscheinungen wie Sommersprossen oder Altersflecken.

Als einen der Gründe für die Zunahme der Erkrankungsraten nennt der Wittener Dermatologe vor allem ein verändertes Freizeitverhalten: "Wir machen heute Fernreisen in Areale, für die unsere Haut nicht gemacht ist", sagt er. Auch Sport und Hobbies draußen bilden ein Gefahrenpotential, wenn man sich nicht adäquat schützt. Prof. Dirschka hält einen Sonnenschutz auf dem Kopf für ebenso unerlässlich wie die obligatorische Sonnenmilch in entsprechend individuell angepasster Lichtschutzhöhe 20 Minuten bevor man sich der UV-Strahlung aussetzt. Kinder unter zwei Jahren empfehlen die Hautärzte nicht der Sonne auszusetzen. Bei Kindern sei zudem ein textiler Sonnenschutz mit UV-Schutz obligat.

(wat)
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