Magenprobleme, Herzkrankheit und Stress Das sagt Ihre Zunge über Ihre Gesundheit aus

Duisburg/Berlin · Fast jeder kennt den schalen Geschmack und die weißlich belegte Zunge am Morgen. Meistens ist das harmlos. Doch lohnt sich beim Zähneputzen ein ausgiebiger Blick auf den Lappen. Denn viele Krankheiten lassen sich dort ablesen. Hier erfahren Sie, was die Zunge über Ihre Gesundheit verrät.

Belegte Zunge - Was bedeutet der Belag auf der Zunge?
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Was bedeutet der Belag auf Ihrer Zunge?

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Foto: Shutterstock/Arve Bettum

Ein dicker Morgenschmatzer vom Liebsten ist nicht in jedem Fall der Garant für einen guten Start in den Tag. Denn nüchtern betrachtet müffelt das oft. Eine Krankheit steckt hier allerdings nicht unbedingt dahinter. Grund für das schale Geruchserlebnis ist der nächtlich eingeschränkte Speichelfluss. Der Mund und auch die Zunge werden trocken und schimmern leicht weißlich. Die dort klebenden Bakterien nehmen dann vorübergehend Überhand - und verursachen den Geruch. Nach dem Frühstück oder dem Zähneputzen verschwindet das Phänomen wieder allerdings wieder, jedenfalls, wenn der Betroffene gesund ist.

Denn neben diesen normalen nächtlichen Ablagerungen, verfärbt sich die Zunge auch dann, wenn wir krank sind. Das beginnt bereits bei einer normalen Grippe und kann sich bis hin zu Anzeichen von Erkrankungen wie Krebs ziehen.

"Eine gesunde Zunge zeigt sich rosafarben mit einem leicht weißen Belag. Ihre Oberfläche ist feucht, glatt und gleichmäßig", so beschreibt Hals-Nasen-Ohrenarzt und Vorsitzender des HNOnet-NRW, Dr. Uso Walter den optimalen Zustand des Organs. Wer sich selbst einmal den Lappen entgegenstreckt, kann jedoch mitunter seltsame Verfärbungen wahrnehmen.

Besonders auffällig können diese in Zusammenhang mit der Einnahme mancher Antibiotika oder Mittel gegen Mundtrockenheit ausfallen. "Solche Arzneimittel färben manchmal das hintere Drittel der Zunge braun bis beinahe schwarz", sagt der HNO. Bei der Antibiotikaeinnahme kann es im schlimmsten Fall zur sogenannten "blacky hairy tongue" kommen. Ihre Erscheinung löst oftmals Ekel aus. Denn die kleinen Papillen auf der Zungenoberfläche verlängern sich durch eine gestörte Abstoßung der oberen Hornschichten. Der ungeübte Betrachter hält das auf dem dunklen Zungengrund für Haarwachstum. Durch Bakterien, Essensreste und Co. verstärkt sich der färbende Effekt. Glücklicherweise verschwindet er nach dem Absetzen der Arzneimittel meist von selbst wieder.

Neben solchen Gruselerscheinungen können auch Genussmittel Einfluss auf die Färbung der Zunge nehmen. "Bräunlich kann die Zunge beispielsweise nach dem Genuss von Kaffee oder Tee erscheinen", führt der Duisburger HNO aus. Lebensmittelfarbstoffe sorgen mitunter für Kolorierungen in allen Regenbogenfarben. Manchmal versetzt das Patienten derart in Panik, dass sie in Sorge zum Arzt kommen. "Sie vermuten dahinter eine Erkrankung der Zunge selbst", sagt Walter. Doch die kommt selten vor und tritt dann meist unerwartet unscheinbar auf.

Zungenkrebs zeigt sich zum Beispiel zunächst durch weiße Verhornungen auf der Zungenoberfläche. "Die Schleimhaut ist dort normalerweise durchsichtig. Liegt jedoch ein Tumorwachstum vor, verhornen diese Zellen und verändern so ihr Aussehen", erklärt der HNO. Von solch lokalen unterscheidet man die akuten und die chronischen Veränderungen. Die letzten beiden treten besonders häufig auf.

Zu chronischen Veränderungen zählen oft Magen- oder Darmkrankheiten, zu den akuten Veränderungen in erster Linie Infekte. "Bei einem Fieberinfekt ist beispielsweise die Zunge stark gerötet", sagt der Duisburger Mediziner. Ebenso ist es bei Scharlach. Diese Streptokokken-Infektion geht ebenfalls mit Fieber einher. Typisch ist dabei neben einem entzündeten Rachen auch die himbeerrote Zunge. Später zeigt sich die Erkrankung auch als Hautausschlag. Um Komplikationen wie Herzmuskelentzündungen oder Nervenschädigungen auszuschließen, sollte Scharlach sofort antibiotisch behandelt werden.

Ein gelblich gefärbter Zungenbelag kann auf eine Pilzinfektion hinweisen und wird auch Soor genannt. Er entsteht durch eine Immunschwäche. Häufig klagen die Betroffenen dann zudem über ein pelziges Gefühl im Mund. "Typisch für diesen Belag ist, dass er sich oft abwischen lässt", erklärt Dr. Uso Walter. Manchmal bluten die betroffenen Stellen danach leicht. Zudem wird das Schlucken bei einer Soorinfektion oft beschwerlich. Es schmerzt und brennt — manchmal bis zum Brustbein. Hier hilft ein Antipilzmittel. Sowie Spülungen mit antiseptischen Mitteln oder Kamille.

Zeigt die Zunge sich im gesamten Erscheinungsbild in kräftig gelbem Ton, kann das aber auch der Hinweis auf ein Leber- oder Gallenproblem sein. Beides bedarf der ärztlichen Abklärung. Ebenso wenn sie brennt und hellrot-entzündet ist. Dahinter kann ein Vitaminmangel, Blutarmut oder Diabetes stecken.

Neben der Farbe spielen bei der Beurteilung der Zunge auch andere Kriterien eine Rolle. Wer sich vor dem Spiegel selbst einmal die Zunge herausstreckt, kann dabei zum Beispiel manchmal ein Zittern der Zunge wahrnehmen. "Dieses Fibrillieren tritt auf, wenn Menschen sehr unter Spannung und Stress stehen", sagt der HNO. Besonders gut kann man es sehen, wenn man sie weit herausstreckt und sie sich dabei nicht unter Kontrolle bringen lässt, sondern ständig leicht wackelt. Solche Aspekte spielen bei anderen als den rein schulmedizinischen Diagnoseverfahren eine weit größere Bedeutung.

Bei der Traditionellen Chinesischen Medizin gehört die Betrachtung des Organs sogar zu den wichtigsten diagnostischen Methoden. Der TCM Mediziner würde eine zitternde Zunge auch von unten betrachten. "Dort zeigen sich dann meist bläulich verfärbte Venen", so der Duisburger HNO-Arzt.

Dr. Achim Kürten, Leiter des Zentrums für Traditionelle Chinesische und Integrative Medizin am Alexianer Krankenhaus in Berlin kann daran einen Stau im Energiefluss zur Leber ablesen. "Dadurch entsteht zum Beispiel Bluthochdruck", sagt er. In der TCM wird dieser dann ursächlich behandelt, indem man durch Akupunktur und andere Maßnahmen die Barriere löst.

"Das verschafft noch weit mehr Interpretationsspielraum", erklärt Dr. Uso Walter, der seine Diagnosen nicht nur nach schulmedizinischen, sondern ebenfalls nach diesen Kriterien stellt. Fleckige Veränderungen der Oberfläche, die auch Landkartenzunge genannt werden, sind auch für Schulmediziner der Hinweis auf mögliche Magenprobleme des Patienten. In der TCM ist eine solche Zunge "mit typischen Zahnabdrücken und vermehrten Belag ein Zeichen für Energiemangel und man sollte sicher überlegen, ob man nicht noch einmal Urlaub machen sollte", sagt Walter. Daneben zeugt in der TCM auch eine Braunfärbung von Verdauungsstörungen oder Darmproblemen.

Dicker weißer Belag deutet hingegen auf eine Magen-Darm-Problematik hin, eine dick geschwollene Zunge kann auf eine Schilddrüsenunterfunktion hindeuten. "Ist die Zunge eher im hinteren Teil verändert, weist das auf ein Ungleichgewicht in der unteren Körperhälfte hin. Ist es die Zungenspitze, die anders aussieht, deutet das eher auf Herzprobleme hin", führt Walter aus.

Grundsätzlich empfiehlt er darum mit Belägen oder Veränderungen der Zunge, einen Arzt aufzusuchen und der Ursache nachzugehen. Seine Erfahrung als TCM-Mediziner zeigt: "Oft sieht man hier gesundheitliche Veränderungen schon früh und kann sie regulativ beheben."

(wat)
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