Früherkennung statt verdrängen Die richtige Vorsorge kann vor Darmkrebs bewahren

Darmkrebs gehört zu den drei häufigsten Krebsarten in Deutschland. Aber: Früh erkannt, ist er heilbar. Daher ist es wichtig, die Vorsorgemöglichkeiten wahrzunehmen - besonders für Menschen ab 50.

So beugen Sie Darmkrebs vor
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Foto: dpa, Christian Charisius

Von der Gefahr wissen die meisten Menschen. Nur zur Vorsorge gehen längst nicht alle: Darmkrebs löst bei vielen eine diffuse Angst aus, die sie das Thema gerne verdrängen lässt. Leider ist das genau das Falsche.

Nach Angaben der Felix Burda Stiftung in München ist Darmkrebs der zweithäufigste bösartige Tumor bei Männern und Frauen. "Mehr als 60 000 Menschen erkranken jedes Jahr und es sterben rund 30 000 Menschen an diesem Krebs im Jahr", sagt Professor Richard Raedsch vom Berufsverband Deutscher Internisten in Wiesbaden.

Rund 18 Prozent der Betroffenen haben laut Raedsch eine familiäre Vorbelastung. Ist also in der eigenen Familie ein Verwandter an Darmkrebs erkrankt, empfiehlt es sich besonders, in jungen Jahren an der Darmkrebsvorsorge teilzunehmen. Ein erhöhtes Risiko haben auch Menschen, die unter einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung wie Colitis ulcerosa sowie Morbus Crohn leiden. Sie sollten sich an einen Gastroenterologen wenden. Das gilt auch für diejenigen, die unter Durchfall, Verstopfung und Bauchschmerzen leiden.

Menschen mit Diabetes Typ 2 haben ein dreimal höheres Risiko zu erkranken. Auch ein ungesunder Lebenswandel wirkt sich aus: Die Ernährung sollte ausgewogen sein, mit viel Gemüse, Obst, Vollkorn, Seefisch und zwei Litern kalorienfreien Getränken am Tag. Raedsch rät zu mindestens 30 Gramm Ballaststoffen täglich, Alkohol sollte nur in Maßen genossen werden. "Regelmäßige Bewegung ist wichtig", ergänzt Prof. Wolff Schmiegel, Präsident der Deutschen Krebsgesellschaft in Berlin.

Ab dem 50. Lebensjahr kümmert man sich am besten um die Vorsorge. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen jährlich einen Okkultbluttest, der verstecktes Blut im Stuhl aufspüren soll, sowie die Austastung des Mastdarms. "Ist der Test negativ, heißt das allerdings nicht, dass alles in Ordnung ist", erklärt Raedsch. "Ebenso wenig bedeutet Blut im Stuhl automatisch Krebs."

Ab dem 55. Lebensjahr zahlen die Kassen eine Darmspiegelung als Vorsorge. "Der Patient sollte die Vorbereitung gewissenhaft durchführen, damit der Darm möglichst sauber ist", rät Schmiegel. Denn nur so kann der Arzt die Darmoberfläche gut sehen. Vor der Koloskopie putzt der Patient deshalb mit abführenden Mittel den Darm frei.

Vor der Darmspiegelung wird der Patient in einen Dämmerschlaf versetzt. Von der Untersuchung bekommt er nichts mit. Der Arzt sucht mit einem Endoskop Dick- und Mastdarm nach Veränderungen ab, zum Beispiel nach Polypen, pilzförmigen Wucherungen. Etwa zehn Prozent der Bevölkerung haben Polypen im Darm. Mit steigendem Alter nimmt die Wahrscheinlichkeit zu, einen Darmpolypen zu haben.

Die Polypen sind zunächst gutartige Wucherungen der Schleimhaut im Darm. Doch je größer sie werden, desto höher die Gefahr, dass eine Fehlbildung entsteht, Krebszellen wuchern und zu einem bösartigen Tumor werden. Bis ein Darmpolyp zum kolorektalen Karzinom entartet, kann es zehn Jahre dauern.

Und genau das ist die große Chance: Wer zur Vorsorge geht, bei dem kann ein Polyp noch als harmlose Wucherung entdeckt werden. "Jeder Polyp wird bei der Darmspiegelung entfernt und zur histologischen Untersuchung eingeschickt", erklärt Professor Christian Trautwein von der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) in Hamburg.

Finden sich bei einem Polypen erste Veränderungen, ist abhängig von der Anzahl der gefundenen Polypen eine Kontrolle nach zwei oder drei Jahren notwendig. Ohne Polypenfund folgt die nächste Darmspiegelung nach zehn Jahren.

Werden Krebszellen im Polypen gefunden, die entarteten Zellen sind aber noch nicht tiefer in die Darmwand eingedrungen, stehen die Heilungschancen sehr gut. Das gilt häufig auch, wenn die Darmwand schon stärker angegriffen ist. Der Chirurg entfernt den Tumor, einen Teil des Darms sowie Lymphknoten. Abhängig vom Stadium der Erkrankung ist mitunter eine Chemotherapie nötig, um die Heilungschancen zu erhöhen.

Trautwein rät, sich an die zertifizierten Darmzentren oder Comprehensive Cancer Center in Deutschland zu wenden. "Sie sind qualitätskontrolliert, die Ärzte sehr erfahren beim Darmkrebs, und mehrere Fachdisziplinen arbeiten zusammen." Auch ist es nicht verkehrt, eine zweite Meinung einzuholen.

In vielen Fällen müsste es nicht erst so weit kommen. Doch gerade einmal 20 Prozent nehmen den Anspruch auf die von der Kasse bezahlte Darmspiegelung ab dem 55. Lebensjahr wahr. "Ich vermute, dass viele glauben, die Koloskopie sei unangenehm", sagt Schmiegel. "Doch der Patient merkt nichts, und auch das Abführen die Tage vorher ist verbessert worden." Und wenn dies davor bewahren könnte, an Darmkrebs zu erkranken - ist das nicht einen Tag in der Nähe der Toilette wert?

(dpa)
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