Candidatus Neoehrlichia mikurensis Neuer Erreger in Zecken entdeckt

Düsseldorf · Die "Kandidaten-Mikrobe" verbreitet sich in Mitteleuropa. Der neue Keim lässt sich nicht ohne weiteres nachweisen. Darin liegt seine Heimtücke. Wir beantworten Fragen rund um die neue Gefahr.

Was die Malaria-Mücke für Afrika, ist die Zecke für Deutschland. Denn der "Gemeine Holzbock", wie das zu den Milben gehörende Krabbeltier auch genannt wird, kann den Menschen mit gefährlichen Keimen infizieren - etwa mit FSME-Viren und Borrelien. Wissenschaftler warnen nun vor einem neuen Erreger namens Candidatus Neoehrlichia mikurensis. Die sechs wichtigsten Fragen und Antworten zur neuen Zeckengefahr.

Was sind die Besonderheiten des neuen Erregers? Seine Besonderheiten verrät bereits sein Name. "Candidatus steht für die Tatsache, dass man den Erreger im Labor bislang nicht züchten kann, was seine Nachweisbarkeit deutlich erschwert", erklärt Mikrobiologe Guido Bloemberg von der Universität Zürich. Und der Begriff "mikurensis" stammt aus Japan, wo man den Keim auf einer Insel (japanisch "mikura") entdeckte. Der neue Keim ist also dem Immunsystem des Europäers unbekannt, und man kann ihn nicht ohne weiteres nachweisen. Darin liegt seine besondere Heimtücke.

Wie weit ist er in Deutschland bereits verbreitet? Im Großraum Zürich hat Candidatus bereits fünf bis zehn Prozent aller Zecken befallen, und in deutschen Bergregionen findet er ähnliche Lebensbedingungen wie in diesem eher flachen Teil der Schweiz. Verlässliche Daten zu seiner Verbreitung hierzulande existieren jedoch nicht. Ebenso ist noch ungeklärt, wie hoch die tatsächliche Infektionseffizienz der betreffenden Zecken ist. Denn wenn jedes zehnte Tier die Keime in sich trägt, heißt das nicht zwangsläufig, dass jeder zehnte Zeckenbiss zur Infektion führt.

Welche Krankheit kann der neue Keim auslösen? Die sogenannte "Neoehrlichiose". Deren Symptome sind allerdings sehr unspezifisch: Unwohlsein, Muskel- und Gelenkschmerzen sowie bis zu 40 Grad Fieber. Im Labor zeigen sich Blutarmut sowie ein Anstieg der weißen Blutkörperchen und C-reaktiven Proteine. All das kommt auch bei vielen anderen entzündlichen Erkrankungen vor, so dass die Neoehrlichiose oft unerkannt bleibt.

Wie gefährlich ist Neoehrlichiose? Eine aktuelle Studie der Sahlgrenska-Akademie in Göteborg kommt zu dem Ergebnis, dass sie für Menschen jenseits der 50, für Rheumakranke und für Patienten, die Cortison und andere immunsuppressive Therapien erhalten, zu lebensbedrohlichen Gefäßverschlüssen führen kann. Ansonsten verläuft die Erkrankung in der Regel ohne Komplikationen. Ihr besonderes Problem besteht darin, dass sie oft unerkannt und dadurch unbehandelt bleibt.

Kann man denn den Erreger überhaupt irgendwie nachweisen? Seit kurzem gibt es einen DNA-Test, mit dem man im Patientenblut den Erreger nachweisen kann, auch wenn man ihn nicht im Labor züchten kann. Mikrobiologe Bloemberg empfiehlt, diesen Test bei allen Patienten einzusetzen, die nicht nur die unspezifischen Krankheitssymptome zeigen, sondern sich auch häufiger in der freien Natur bewegen, wie etwa bei Joggern, Gartenarbeitern und Hundebesitzern.

Wie lässt sich die Krankheit therapieren? Der Erreger reagiert gut auf Antibiotika wie etwa auf Doxycyclin, das auch bei Borreliose verordnet wird. Meist zeigen sich schon wenige Wochen nach dem Einnahmebeginn deutliche Verbesserungen. Was jedoch nicht dazu ermuntern soll, diese Medikamente sicherheitshalber schon dann einzusetzen, wenn man die Neoehrlichiose-Symptome erkannt zu haben glaubt, den Erreger selbst aber noch nicht nachgewiesen hat. Denn gerade solche voreiligen Einsätze von Antibiotika haben in jüngerer Zeit dazu geführt, dass sie bei immer mehr Bakterienstämmen wirkungslos bleiben.

(RP)
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