Sprechstunde Kann die Pille tödlich sein?

Über das Thrombose-Risiko, das Medikamente zur Empfängnisverhütung besitzen, muss jeder sorgfältige Frauenarzt offensiv aufklären.

Unsere Leserin Ella O. (24) aus Ratingen fragt: "Ich bin verunsichert über die derzeitige Pillendiskussion. Kann die Pille wirklich tödlich sein?"

Mechthild Schulze-Hagen Ja - im Extremfall; die Medien haben darüber berichtet. Ebenso kann auch Autofahren tödlich sein. Doch die allermeisten Autofahrer oder Pillen-Anwenderinnen erleben nie einen Schaden. Sie haben sogar viele Vorteile davon. Worum geht es in der aktuellen Diskussion um die sogenannten kombinierten hormonalen Kontrazeptiva? Diese Antibabypillen enthalten neben Östrogen unterschiedliche Gestagene, von denen einige, nämlich die der dritten und vierten Generation, eventuell ein doppelt so hohes Risiko für Thrombosen und Lungenembolien bergen als andere. Dieses Risiko ist zwar gering, aber man muss darüber sprechen.

Manche Menschen haben ein erhöhtes Thrombose-Risiko: In diese Gruppe gehören zuerst die mit einem genetischen Gerinnungsdefekt wie der sogenannten Faktor-V-Mutation; immerhin fünf bis zehn Prozent der Bevölkerung. Dann diejenigen, die rauchen, erst recht oberhalb von 35 Jahren, und die stark Übergewichtigen. Gipsbein, Langstreckenflug und andere Risikofaktoren kommen hinzu. Alle diese Personen erhöhen ihr Risiko durch die Pille. Ihnen müssen die Ärzte raten, eine andere Verhütungsmethode anzuwenden. Deshalb gehört es bei der Erstverordnung einer Pille zu den Pflichten der Frauenärzte, sorgfältig zu klären, ob jemand ein Thromboserisiko hat. Außerdem müssen Ärzte erklären, was tiefe Beinvenenthrombose, Lungenembolie und Schlaganfall sind und wie man diese Komplikationen erkennt.

Für jemanden, der ahnungslos nach der Pille fragt, kann solch ein Gespräch erschreckend sein. Nun, die Pille ist das einfachste und sicherste Verhütungsmittel. Ohne Pille gäbe es sehr viel mehr ungewollte Schwangerschaften. Dass dieses Medikament über die Verhütung hinaus noch viele andere Vorteile bietet, geht derzeit oft unter. Regelschmerzen, Stärke der Regelblutung, prämenstruelle Beschwerden werden deutlich gemindert. Unterleibsentzündungen und Eileiterschwangerschaften sind unter der Pille selten. Endometriose, eine anfänglich kaum auffallende Krankheit, ist bei Frauen, die die Pille nehmen, seltener. Und dann ist da die Akne, für junge Mädchen ein Argument für die Pille. Akne lässt sich aber nur durch Gestagene verringern, die die Talgproduktion reduzieren. Sie alle gehören der dritten Generation an und sind darum bei ihren Gegnern verpönt. Manche sprechen sogar von "Wellness-Medizin", wenn Akne-wirksame Präparate verordnet werden. Sie sollten sich anhören, was junge Frauen dazu sagen würden.

(RP)
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