Hatha, Aerial, Ashtanga Welche Yoga-Art passt am besten zu Ihnen?

Berlin · Hatha, Vini oder Ashtanga: Yoga ist nicht gleich Yoga. Den richtigen Kurs für sich zu finden, ist nicht leicht. Aber das Suchen lohnt sich: Denn mit Yoga kann man entspannen, an seiner Beweglichkeit arbeiten oder Kraft gewinnen.

Yoga: Vom Zweiklang aus mentaler Entspannung und körperlichem Training erhoffen sich viele Ausgleich zum Alltagsstress. Doch wie soll man sich zurechtfinden im Angebotsdschungel? Es reicht von stundenlangem Lotussitz mit Räucherstäbchen und Klangschale bis hin zu schweißtreibender Akrobatik. Dann fliegen einem auch noch fremde Wörter wie Asana, Mudra, Mantra und Pranayama um die Ohren.

"Ja, das Angebot an Yogaschulen ist groß und unübersichtlich", sagt der Chefarzt am Immanuel Krankenhaus Berlin, Prof. Andreas Michalsen. "In der Praxis ist aber vor allem von Bedeutung, dass die Lehrer die Körperübungen präzise beobachten, individuell korrigieren und darauf achten, dass keine Fehlhaltungen oder Überforderungen entstehen, die zu einer Verletzung führen könnten". Wer Mitglied im Berufsverband der Yogalehrenden in Deutschland (BDY) ist oder wessen Kurs durch die Krankenkassen bezuschusst wird, bietet die Gewähr einer qualifizierten Ausbildung.

"Bei psychischen Störungen oder körperlichen Erkrankungen ist es darüber hinaus ratsam, dass der Lehrende eine psychologische oder medizinische Grundausbildung oder zumindest Erfahrung mit dem jeweiligen Krankheitsbild mitbringt", ergänzt Diplom-Psychologe Holger Cramer vom Lehrstuhl für Naturheilkunde und Integrative Medizin der Universität Duisburg-Essen, der über Yoga forscht.

Doch welches Yoga passt zu mir? "Das hängt auch von meinen Bedürfnissen ab", weiß Angelika Beßler, Vorstandsvorsitzende des BDY. "Will ich in erster Linie entspannen oder an meiner Beweglichkeit arbeiten und Kraft gewinnen? Wichtig ist auch auszuprobieren, ob ich offen bin für die Yogaphilosophie oder mich auf Körperübungen und Entspannungstechniken beschränken möchte."

Pragmatische Gründe spielen ebenfalls eine Rolle: "Passen mir Zeit und Ort des Kurses, stören mich Räucherstäbchen oder indische Gottheiten als Deko?" Man muss schon wissen, was man (nicht) will, um den passenden Kurs zu finden. Ein Überblick:

Hatha: Die Mutter aller westlichen Yogastile ist das Hatha-Yoga, auch Körperpositionen-Yoga genannt. Die einzelnen Yogastellungen (Asanas) wie Hund oder Kobra gehen mit einer achtsamen Wahrnehmung des Körpers einher. Diese Fokussierung und diese meditative Dimension können noch verstärkt werden durch Atemübungen (Pranayama), die mit bestimmten Handhaltungen (Mudras) ausgeübt werden, und das Singen von Silben (Mantras) wie Ohm. Am Anfang und/oder am Ende einer Kursstunde steht eine Entspannungseinheit.

Je mehr meditative Einheiten und Atemübungen ein Angebot enthält, desto eher wirkt der Kurs mental ausgleichend und baut Stress ab. "Psychische Symptome scheinen eher auf solche Yogastile mit meditativen Anteilen anzusprechen", bestätigt Cramer. Zusammen mit Kräftigung, Dehnung und Mobilisierung fördern die Kurse auch die Entwicklung von Körpergefühl und Koordination.

Vini: Das eher sanfte Vini-Yoga passt die Übungen an die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten des jeweiligen Menschen an - und nicht umgekehrt. "Es besteht aus kleineren Abfolgen von Körperstellungen, die mit dem Atem geführt werden", erklärt Yogalehrerin Beßler, "deshalb eignet sich Vini-Yoga gut für Anfänger oder körperlich eingeschränkte Menschen. Damit können auch Ältere gut beginnen."

Iyengar: "Meditation in Aktion" definiert der indische Yogalehrer B.K.S Iyengar das Yoga. Seine Methode arbeitet viel mit statischen Stehhaltungen, Streckungen, Drehungen, regenerativen Haltungen und Umkehrstellungen, die exakt ausgeführt werden sollen. Klötze, Gurte oder Polster helfen, die Positionen einzunehmen und sie zu spüren. Das ist unter anderem gut für Konzentration und Ausdauer. Wer sich auspowern will oder ungeduldig ist, sollte lieber nach dynamischeren Stilen suchen.

Ashtanga: Hier geht es deutlich sportlicher zu. Der Übungsplan steht fest, Beweglichkeit, Kraft und Energie wachsen mit der kontinuierlichen Praxis. Diese Methode sei aber wie Power-Yoga, bei dem auch westliche Musik den Takt vorgibt, nicht unbedingt für Patienten mit muskuloskelettalen oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen geeignet, warnt Cramer.

Aerial: Eine recht spektakuläre, exotische Yogavariante, auch Anti-Gravity genannt. Diese Methode, deren großes Thema Loslassen und Vertrauen ist, schult Kraft und Beweglichkeit mit Yogastellungen in einem von der Decke schwebenden Tuch. Mut, seine Schwere dem Tuch anzuvertrauen, muss man mitbringen.

Bikram: Während der 26 verschiedenen Yogaübungen bei 36 bis 40 Grad Celsius Raumtemperatur zu schwitzen, kann bei jungen, gesunden Menschen die körperliche Fitness steigern und ihnen das klassische Fitnesstraining ersetzen. "Für geschwächte oder ältere Personen ist Bikram-Yoga wegen des erhöhten Flüssigkeits- und damit Elektrolytverlustes eher weniger geeignet", urteilt Cramer.
Um herauszufinden, ob der gewählte Yogastil und der gewählte Lehrer wirklich passen, hilft allerdings nur eines: ausprobieren.

(dpa)
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