Nachgefragt: Hat Gesundheitsexperte Lauterbach recht? Fleisch vom Grill ist doch nicht so ungesund

Düsseldorf (RP). Eigentlich treibt den SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach die Effizienz des Gesundheitssystems um, nun allerdings äußerte er sich in der "Tageszeitung" zu medizinischen Risiken des Grillens. Sein Urteil: "Es ist immer schädlich, Fleisch zu grillen." Er wolle "keine Spaßbremse" sein, aber: "Wer regelmäßig grillt, erhöht sein Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall zu erleiden."

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Foto: Fackelmann Grill

Lauterbach begründete die Warnung damit, dass Fleisch generell zu viele gesättigte Fettsäuren enthalte. Zudem würden beim Grillen Verbindungen freigesetzt, die den Darm und die Blutgefäße direkt schädigen könnten.

Jedoch deckt sich die pauschale Grill-Warnung des Mediziners nicht mit den Erkenntnissen der Ernährungsmedizin. Tatsache ist, dass beim Grillen, wenn der Fleischsaft in die glühende Kohle fällt, heterocyclische Amine (HCA) entstehen. Sie sind krebserregend und kommen mit dem aufsteigenden Rauch auch ans Grillgut. "Dieses Risiko lässt sich leicht reduzieren, indem man Schalen benutzt, die den Saft auffangen", erklärt Isabelle Keller von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung.

Wird zudem das Fleisch ausgiebig mit Knoblauch, Salbei, Thymian oder Rosmarin gewürzt, senkt dies noch einmal den Gehalt an problematischen Aminen. Denn die genannten Kräuter und Knollen wirken, wie gleich mehrere Studien zeigen konnten, als Antioxidantien, die den Aminen ihre Gefährlichkeit nehmen. Ganz zu schweigen davon, dass in der Alltagsküche ohnehin nur selten Gegrilltes auf den Tisch kommt.

Laut Verzehrsstudien konsumieren die Deutschen ihre HCA hauptsächlich über Brathühnchen, Putengeschnetzeltes, Fisch, Rinderbraten und Bratensaucen - das Grillen spielt dabei allenfalls eine Nebenrolle. Ob Grillen das Infarkt- und Schlaganfallrisiko ansteigen lässt, ist ebenfalls fraglich. Insgesamt wirkt sich eine fleischlastige Kost ungünstig auf den Blutfettspiegel aus, doch das gilt unabhängig davon, wie es zubereitet wird. Und dass durchs Grillen generell der Fleischverzehr ansteigt, gilt mittlerweile als widerlegt: Der Bundesbürger isst etwa 1,2 Kilogramm Fleisch pro Woche, egal, ob Grillsaison herrscht, oder nicht.

Weitaus gefährlicher sind demgegenüber die Verbrennungen, die beim Grillen drohen. "Pro Jahr passieren hierzulande bis zu 3000 Grillunfälle", warnt Andreas Gohritz von der Medizinischen Hochschule Hannover. "Bis zu 600 von ihnen müssen auf die Intensivstationen." Hauptursache sind Brandbeschleuniger wie Benzin und Spiritus, die bis zu 1800 Grad Hitze und eine zehn Meter hohe Stichflamme entwickeln können. Fachleute empfehlen, die Kohlebricketts fürs Grillen mit einem trockenen Anzündwürfel zu entfachen.

(RP)
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