Diät-Serie: Teil 12 Hypnose - Wie gut funktioniert das Abnehmen durch Trance?

Mettmann/Düsseldorf · Abnehmen mit Hypnose, das klingt als ginge es wie von selbst - und nach Hokuspokus. Doch es gibt wissenschaftliche Studien, die belegen, dass diese Form von "Abnehmen im Schlaf" funktioniert. Wir erklären, ob man den inneren Schweinehund tatsächlich per Hypnose und Trance besänftigen kann.

Abnehmen durch Hypnose – Das sollten Sie wissen
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Foto: Shutterstock/Hasloo Group Production Studio

Jede Diät beginnt mit einem Kampf — dem, gegen den inneren Schweinehund. Nur wenn die Willenskraft siegt und wir Ausdauer zeigen, kommen wir dem Traumgewicht näher. Das muss so nicht sein, sagen Therapeuten und Forscher, die unseren Glauben mit Studien untermauern, die uns wie Träume aus einer anderen Welt zu umschlingen scheinen. Ganz ohne den Einsatz von Willenskraft und Ausdauer soll man sein Wunschgewicht erreichen können, durch die Macht der Hypnose.

Abnehmen auf diese Art unterscheidet sich grundlegend von allen anderen gekannten Konzepten: Während die einen kämpfen, schwitzen und hungern, liegen die anderen träumend auf der Therapeutencouch und durchkramen ihr Unterbewusstes nach Störfaktoren, die sie vom Abnehmen abhalten. Sind sie gefunden und in Trance eliminiert, kann eine Umprogrammierung erfolgen: Weg vom falschen Essverhalten hin zum gesunden. Das Unterbewusstsein nimmt also quasi für uns ab.

Kein Jojo-Effekt

Das hat Vorteile: Während bei mühsam durchgehaltenen Diäten meist früher oder später der gemeine Jojo-Effekt einsetzt und der Speck doppelt die Hüften rundet, soll das beim Abnehmen mithilfe der Hypnosetherapie nicht so sein. Das passive Bemühen ist der Garant, der auch langfristig für eine Traumfigur sorgt. "Dies wird dadurch ermöglicht, dass in der Hypnosetherapie jedes falsche oder unerwünschte Verhaltensmuster verändert werden kann — also auch alle falschen Gewohnheiten, die zum Übergewicht geführt haben", sagt Martin Wiedmann, Hypnotherapeut am Institut für Hypnosetherapie in Mettmann. Heißhungerattacken sollen ebenso der Vergangenheit angehören wie ständiger Appetit.

Bei manchen funktioniert das nur deshalb, weil unser Gehirn als Schaltzentrale unseres Denkens neben dem Bewusstsein auch aus dem Unterbewusstsein besteht. Letzteres steuert unser Handeln zu 95 Prozent. "Würde der Verstand Blutdruck, Atmung, Herzschlag oder die Ausschüttung von Hormonen steuern, würden wir keine Minute überleben", sagt der Fachmann vom Mettmanner Hypnoseinstitut und untermauert so die Bedeutung des Unterbewusstseins.

Kritische Wissenschaftler fehlen empirische Beweise

Metaanalysen von beinahe 10.000 Patienten in kontrollierten Therapiestudien zeigten, dass Hypnosetherapie trotz zum Teil kurzer Behandlungszeiten in verschiedensten Bereichen hoch effektiv sei, sagt die Milton-Erickson-Gesellschaft für klinische Hypnose, deren Leiter gleichzeitig einen Lehrstuhl an der Universität Tübingen inne hat. Doch das Thema spaltet die Wissenschaft. Viele halten es für empirisch nicht bewiesen. Kritiker führen zudem aus, dass 20 Prozent der Menschen gar nicht hypnotisierbar seien. Sie führen Patienten an, die trotz Hypnose kein Gramm abnahmen.

Manchen aber hilft das Prinzip. Nicht oberflächlich, sondern tiefenpsychologisch fokussieren Therapeut und Hilfesuchender in der Therapie die individuellen Aspekte, die für das Übergewicht verantwortlich sind. In den Tiefen des Unterbewusstseins suchen sie nach schlechten Essgewohnheiten und anderen schädlichen Verhaltensmustern. "Das können zum Beispiel auch mangelnde Motivation sein, sich mehr zu bewegen oder der zwanghafte Griff zu ungesunden Lebensmitteln", führt Wiedmann aus.

Dahinter steht die Vorstellung, dass maßloses Essen oder Nahrungsaufnahme nach dem Belohnungsprinzip nicht grundlos erfolgen. Sie deuten den Weg zum eigentlichen Problem, das es zu beheben gilt. "Dem seriösen Hypnotherapeuten geht es nicht um ein bloßes "Umprogrammieren" des Klienten", erklärt Martin Wiedmann zu dem ungewöhnlichen Verfahren zur Gewichtsreduktion. Viele selbst ernannte Therapeuten beherrschen lediglich das nicht allzu schwer zu erlernende Suggestionsverfahren, sagt der Hypnosefachmann. Sie legen dem Hilfesuchenden so den Abnehmwillen ins Unterbewusstsein. Doch das allein reiche oft nicht aus. Nicht jedes Verfahren sei für jeden Klienten geeignet.

Unterschiede im Können der Hypnotherapeuten

Oft ist das Übergewicht an sich nicht das Problem, sondern nur Ausdruck einer tieferen Problematik. Hinter Gewichtsproblemen kann zum Beispiel ein vermindertes Selbstwertgefühl stecken. Seriöse Hypnotherapeuten nehmen zunächst dieses Thema in Angriff, um dem Klienten dauerhaft zu helfen. Sie bedienen sich dabei des sogenannten "auflösenden Verfahrens". Solche, die hingegen ausschließlich auf das Suggestionsverfahren zurückgreifen, ändern am ursächlichen Problem nichts. Dadurch komme es lediglich zu einer Verschiebung des Fehlverhaltens. "Der Klient isst dann vielleicht nicht mehr zu viel, sondern beginnt mit dem übermäßigen Trinken von Alkohol", beschreibt der Mettmanner Hypnotiseur.

Die beinahe unglaublichen Wirkungsmöglichkeiten deckte Yonkel Goldstein bereits im Jahr 1981 auf: Fettleibige verloren da im Bann der Hypnose mehr Gewicht als verhaltenstherapeutisch behandelte Klienten. Eine neuere Studie unter Leitung des Tübinger Hypnoseforschers Prof. Dirk Revensdorf zeigt die Wirkung an 43 adipöse Frauen. Rund die Hälfte ließ sich verhaltenstherapeutisch behandeln, die andere Hälfte zusätzlich auch mit der Hypnotherapie. Ein halbes Jahr lang purzelten so die Pfunde, dann kam der wissenschaftliche Schlussstrich: In beiden Gruppen zeigten sich Erfolge. Sie nahmen ab. Die hypnotisierten allerdings deutlich mehr. Außerdem fühlten sich die Probandinnen im Vergleich zur Ausgangssituation zufriedener mit ihrem Leben und verloren auch Monate nach der Therapie weiterhin Pfunde. Abseits der Studie gibt es immer wieder Berichte einzelner, die fünf bis sechs Kilo pro Woche auf traumhafte Art und Weise verloren haben. Auch der Betriebsarzt der Uniklinik Köln setzt in Sachen Gesundheitsvorsorge für die eigenen Mitarbeiter auf ein Seminar, in dem es per Gruppenhypnose dem Gewicht an den Kragen geht.

Diese Wirkung ist anerkannt

Zwar hat der Wissenschaftlichen Beirats Psychotherapie im Jahr 2006 beschlossen, Hypnose in einigen Bereichen auch im Sinne des Psychotherapeutengesetzes wissenschaftlich anzuerkennen, allerdings fällt der Bereich Essstörungen nicht hinein.Anerkannt ist durch das Gremium bestehend aus Vertretern der Bundespsychotherapeuten-Kammer und der Ärztekammer in Berlin hingegen unter anderem die Wirksamkeit bei somatischen Erkrankungen und bei Abhängigkeiten und Missbrauch — wie beispielweise der Raucherentwöhnung oder dem Methadonentzug. Dennoch mag das Hypnoseprogramm für manchen eine Möglichkeit darstellen. Besonders, in solchen Fällen, in denen lediglich eine Umkonditionierung des Grundverhaltens den Schlüssel zum Erfolg darstellt.

(wat)
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