Sprechstunde Erhöhter Druck im Gehirn

Bei beidseitigen Kopfschmerzen und Störungen beim Sehen kann es sich um einen sogenannten Pseudotumor des Gehirns handeln.

Unser Leser Hans-Dietrich W. (54) aus Kamp-Lintfort fragt: "Wegen Kopfschmerzen und für mich ungewohnten Sehstörungen habe ich mich bei einem Facharzt für Neurologie vorgestellt. Der hat nach der Untersuchung den Verdacht auf einen sogenannten Pseudotumor cerebri geäußert und gesagt, ich müsse abnehmen. Das verstehe ich überhaupt nicht. Was hat das Körpergewicht damit zu tun? Muss ich jetzt Sorge haben vor einen Tumor im Kopf? Was ist überhaupt ein solcher Pseudotumor?"

Winfried Neukäter Beim sogenannten Pseudotumor cerebri (PTC) handelt es sich um eine gutartige Drucksteigerung im Schädel. Eine ähnliche Steigerung tritt sonst auch bei Hirntumoren auf, daher nutzt man den Begriff Pseudotumor. Beim PTC lässt sich aber kein Tumor des Gehirns oder des Rückenmarks nachweisen.

Die Hauptbeschwerden dieses Krankheitsbildes sind meist beidseitige Kopfschmerzen, seltener mit Übelkeit einhergehend, jedoch mit Sehstörungen wie Gesichtsfeldausfällen, Minderung der Sehschärfe, Doppelbildern und unbehandelt gelegentlich sogar mit Erblindung. Der Begriff "gutartig" sollte daher auf keinen Fall mit "belanglos" gleichgesetzt werden.

Es handelt sich um eine seltene Erkrankung; von 100.000 Menschen erkrankt einer daran. Allerdings ist das Risiko bei übergewichtigen jungen Frauen nahezu um das 20-Fache erhöht. Der Grund hierfür ist unklar. Die Diagnose stützt sich auf einen erhöhten Nervenwasseröffnungsdruck, der während einer Nervenwasserpunktion gemessen wird. Beim PTC ist er nicht selten um das Doppelte des Normwertes erhöht. Zusätzlich ist häufig im Auge eine Stauungspapille am Sehnerven nachweisbar.

Wichtig ist, mittels einer Magnetresonanz-Tomografie (Kernspin) eine Sinusvenenthrombose, einen Hirntumor oder eine entzündliche Ursache der Drucksteigerung auszuschließen. Zudem müssen Hormon-stoffwechselstörungen der Schilddrüse, der Nebenniere und der Nebenschilddrüse überprüft werden. Im Vordergrund der Behandlung steht die Druckentlastung, gegebenenfalls auch durch mehrfaches Punktieren und Ablassen von Nervenwasser, bis der Druck gesunken ist. Bei ansonsten nicht erkennbarer Ursache ist eine Gewichtsreduktion die wichtigste Behandlung.

Medikamentös kann mittels Acetazolamid oder Furosemid die Nervenwasserproduktion reduziert werden. Wenn die Sehkraft gefährdet ist, kann auch eine operative Korrektur mit einer sogenannten Shunt-Anlage, über die das Nervenwasser in die Bauchhöhle abgeleitet wird, notwendig sein, damit der Druck wieder reguliert wird.

(RP)
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