Sprechstunde Der richtige Blutdruck

Bei älteren Menschen herrscht Unsicherheit, wie stark ihr Blutdruck gesenkt werden sollte. Ein Ärztekongress hat Fragen beantwortet.

Unser Leser Heinz K. (78) aus Geldern fragt: "Der obere Wert meines Blutdrucks liegt mit Medikamenten meist zwischen 130 und 140. Jetzt lese ich in der Zeitung, dass das neuerdings zu viel sei. Gerade ältere Menschen würden von niedrigeren Werten profitieren. Was soll ich tun?"

Heribert Brück Mit Ihrer Frage sprechen Sie ein wichtiges Thema an. Nach der aktuellen Definition sollte ein systolischer Blutdruck, das ist der obere Blutdruckwert, nicht über 140 mmHg liegen. In den letzten europäischen Leitlinien, die aus dem Jahr 2013 stammen, wurden für ältere Patienten (Patienten über 80 Jahre) sogar Werte bis 150 und 160 mmHg zugelassen. Doch dann wurde im vergangenen Jahr eine große Untersuchung veröffentlicht, die zu dem Schluss kam, dass man den Blutdruck doch stärker senken sollte, weil das für die Patienten Vorteile bringe. Wie passt das zusammen?

Untersucht wurden in dieser Studie, die "Sprint" genannt wurde, 9500 Risikopersonen, darunter jedoch keine Diabetiker. Dabei werden gerade Diabetiker als Hochrisiko-Patienten angesehen. Man unterschied eine normale Behandlung mit Zielwerten unter 140 mmHg und eine intensivere Behandlung mit Werten unter 120 mmHg. Tatsächlich traten bei den intensiver behandelten Patienten weniger Fälle von Herzinfarkt, Schlaganfall, Herztod oder Herzschwäche auf.

Dennoch lohnt es sich, die Zahlen zu analysieren. Durch die intensivere Blutdrucksenkung konnten keine Herzinfarkte oder Schlaganfälle verhindert werden. Einzig die Herzschwäche und daraus folgende Todesfälle konnten reduziert werden. Dies wurde darauf zurückgeführt, dass die intensiver Behandelten im Schnitt mehr Medikamente bekamen, darunter auch mehr Medikamente, die bei einer Herzschwäche günstig wirken. Bei den Patienten mit dem niedrigen Blutdruck kam es jedoch häufiger zu Nierenproblemen, zu niedrigem Blutdruck und sogar zur Bewusstlosigkeit.

Wenn man die Daten der Studie auf die Allgemeinheit überträgt, müsste man 1000 Patienten für 3,2 Jahre behandeln, damit 16 Patienten profitieren, gleichzeitig würden jedoch 22 Patienten ernsthaften Schaden davontragen - und 962 Patienten hätten weder Nutzen noch Schaden.

Auf dem letzten europäischen Kardiologenkongress wurde deshalb kritisiert, dass die Daten der Studie veröffentlicht wurden, bevor sie in den Fachkreisen kritisch diskutiert wurden. Dadurch seien möglicherweise sogar Patienten gefährdet worden.

Ihnen kann ich deshalb sagen: Ihr Blutdruck ist offensichtlich gut eingestellt, und es gibt keinen Grund, an der Behandlung etwas zu ändern.

(RP)
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