Arthrose Was bei Schmerzen in Hüfte und Knie hilft

Düsseldorf · Bei der "RP-Expertenzeit" gaben drei renommierte Orthopäden Auskunft über eine Krankheit, unter der Millionen Menschen in Deutschland leiden.

Arthrose: Die richtige Behandlung bei Schmerzen
Foto: Shutterstock.com/ Monika Wisniewska

Was ist der Unterschied zwischen Jane Fonda und Boris Becker? Mit dieser Frage eröffnete Medizinredakteur Wolfram Goertz die dritte "RP-Expertenzeit" zum Thema "Arthrose in Hüfte und Knie". Die Antwort: Jane Fonda leidet an einer Arthrose des Kniegelenkes, Boris Becker an Hüftarthrose. Beide verbindet, dass sie bereits ein künstliches Gelenk besitzen.

Diesmal gaben als Experten drei renommierte Orthopäden und Chirurgen im Konferenzzentrum der Rheinischen Post in Düsseldorf Auskunft. Es waren: Enno Steinheisser (Chefarzt des Zentrums für Arthroskopie und Endoprothetik am Krankenhaus Nettetal), Thomas Pauly (Chefarzt der Klinik für Orthopädie am Rheinischen Rheuma-Zentrum in Meerbusch) sowie Paul Dann (niedergelassener Facharzt für Orthopädie und Rheumatologie in Düsseldorf). Hier eine Übersicht über die wichtigsten Fragen und Antworten, die sich im Expertengespräch ergaben.

Welche Symptome hat der Patient bei Arthrose?

Sie klagen meist über Schmerzen im betroffenen Gelenk, aber nicht nur dort: Eine Hüftarthrose kann sich auch durch Schmerzen im Knie bemerkbar machen. Die Krankheit beginnt oft mit belastungsabhängigen Leistenschmerzen, vor allem treppabwärts; die Gehstrecke, die sie schmerzfrei absolvieren können, verkürzt sich. Diese Beschwerden steigern sich bis zum Ruheschmerz.

Wie stellt der Arzt seine Diagnose?

Die Experten betonten, dass die körperliche Untersuchung des Patienten das Wichtigste sei; dabei überprüfen sie die Statik des Körpers, testen die Beweglichkeit des Hüft- und Kniegelenkes. Enno Steinheissers Kernsatz: "Zum Äußersten schreiten und den Patienten anfassen!" Im Mittelpunkt stehen für den Arzt der Patient und die Frage, wie sich die Beschwerden äußern. Schmerzt das Gelenk nur manchmal? Oder oft? Und sogar nachts? Wie eingeschränkt fühlt sich der Patient? Und was sind seine Anforderungen an sein Gelenk? Welchen Sport will er noch treiben?

Zur Festigung der Diagnose reicht meist ein Röntgenbild; zuweilen kann ein MRT (Magnetresonanztomogramm) hilfreich sein. Im Bild sieht man, ob bereits eine Verschmälerung des Gelenkspalts oder Gelenkzacken (Osteophyten) vorliegen. Eine Arthrose gilt dann als gesichert, wenn Symptomatik und Röntgenbild einander entsprechen.

Wie verläuft eine Arthrose?

Am Anfang stehen immer der Verschleiß der Gelenkflächen und ein Knorpelschaden, der sich allmählich ausdehnt. Bei der aktivierten Arthrose, also der akuten Form, kommt es zu einer Wucherung der Gelenkschleimhaut, sie entzündet sich, Schmerzrezeptoren werden aktiv, der Gelenkerguss (krankhafte Ansammlung von Flüssigkeit im Gelenk) ist nicht weit. Weitere Leitsymptome sind Überwärmung und Schwellung. Als weitere Folge einer Arthrose sind Geröllzysten aus abgestorbenem Knochen- und Knorpelgewebe im Röntgenbild sichtbar.

Wie kommt es zur Arthrose?

Genetische Aspekte sind laut Thomas Pauly ein begünstigender Faktor, aber nicht zwangsläufig die Ursache; die Wahrscheinlichkeit einer Arthrose sei bei familiärer Vorbelastung jedoch größer. Arthrosen durch Hüftfehlstellungen sind zum Glück immer seltener, da sie bei Kindern immer früher erkannt und erfolgreich behandelt werden. Paul Dann erklärt den immensen Einfluss der Statik auf die Entstehung einer Arthrose. Hat ein Mensch zum Beispiel X- oder O-Beine, verändert sich das Gleichgewicht des Körpers, die Gelenke werden einseitig stärker belastet, die Gelenkflächen vermehrt abgenutzt. So beginnt die Spirale der Krankheit.

Auch Unfälle und Verletzungen wie Meniskusschäden sowie Überbelastung (etwa durch Sportarten mit schnellen Richtungswechseln wie Tennis und Rugby) fördern Arthrose. Im Unterschied zur rheumatischen Arthritis liegt der Arthrose eine mechanische Ursache zugrunde, keine entzündliche oder gar eine Autoimmunerkrankung.

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Foto: dpa, Diagentur

Welche Behandlungen gibt es bei Arthrose?

Arthrose lässt sich nicht heilen, aber gut behandeln. Die Therapie richtet sich in erster Linie nach dem Leidensdruck und den Ansprüchen des Patienten an sein Gelenk. Als erste Maßnahme empfiehlt Thomas Pauly die Gabe entzündungshemmender Medikamente, da Entzündungen immer Schmerzen auslösen. Eine Arthroskopie (Gelenkspiegelung) hält Steinheisser nur im Frühstadium für sinnvoll, um etwa kleine Knorpel- oder Meniskusdefekte zu glätten. Bei schwerer Arthrose hilft sie nicht. Dann betont, wie wichtig Physiotherapie und Bewegung sind, um die Beweglichkeit der Gelenkstrukturen muskulär zu stabilisieren. Devise der Profis: Eine Arthrose muss bewegt werden!

Sind die Schmerzen unerträglich, kann ein künstliches Gelenk eingebaut werden. Dabei gibt es bei diesen Endoprothesen verschiedene Möglichkeiten: zementiert oder unzementiert, Teil- oder Total-Endoprothesen. Alle gängigen Modelle sind laut Steinheisser erprobt, müssen aber für jeden Patienten ausgewählt werden. Längst gibt es sie auch aus dem 3-D-Drucker.

Nicht minder wichtig ist es, dass der Patient den richtigen Operateur auswählt - und zwar einen mit Erfahrung. Als Maßstab nennt Steinheisser 50 bis 100 Eingriffe pro Operateur und Jahr; Qualitätsberichte sind auf den Webseiten der Kliniken zu finden. Heute können Gelenkprothesen bis zu 30 Jahre halten, so Pauly; das hängt aber vom Grad der Belastung ab. Allergien gegen das Metall sind selten. Einig sind sich die Experten bei Nahrungsergänzungsmitteln oder Osteopathie: An der Arthrose ändern sie nichts, obwohl die Patienten zuweilen von Linderung der Pein berichten.

Oft ist es nötig, dass - schlechte Nachricht für manche - die Patienten ihr Gewicht reduzieren. Die gute Nachricht ist, dass sie dadurch auch ihre Schmerzen verringern. Und zuletzt noch eine gute Botschaft für Nadel-Gläubige: Einige Krankenkassen bezahlen mittlerweile eine Akupunktur-Behandlung.

(RP)
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