Gefährliche Sucht 1,8 Millionen Deutsche sind Alkoholiker

Düsseldorf · Jeder siebte Erwachsene in Deutschland trinkt nach Experten-Einschätzung zu viel Alkohol. Fachleute warnen: Der Weg in die Krankheit ist viel kürzer, als viele denken. Sie fordern: Alkohol muss teurer werden.

So wirkt Alkohol auf Erwachsene
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Foto: ddp, ddp

Regelmäßiger Alkoholkonsum berge deutlich mehr Gesundheitsrisiken als allgemein angenommen, betonten die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) und die Ärztekammer Nordrhein am Mittwoch in Düsseldorf.

Alkohol sei eine Droge, ein Suchtmittel und ein Zellgift, stellte DHS-Geschäftsführer Raphael Gaßmann klar. Ein gesunder Mann solle höchstens einen halben Liter Bier oder einen Viertelliter Wein am Tag zu sich nehmen, eine Frau maximal die Hälfte. Ratsam seien mindestens zwei bis drei Tage Alkoholpause pro Woche.

Fast alle trinken Alkohol

80 bis 90 Prozent der Erwachsenen bundesweit - also fast alle - trinken Alkohol, sagte Gaßmann. Jeder siebte konsumiere dabei mehr als die empfohlene Höchstmenge. Rund 1,8 Millionen Menschen seien als alkoholabhängig einzustufen. Deutschland nannte er ein "alkoholverliebtes, alkoholgetränktes Land".

Das durchschnittliche Einstiegsalter für Alkohol liege bei 14 Jahren.
Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sollten aber gar keinen Alkohol trinken. Der DHS-Geschäftsführer forderte, den Jugendschutz mit den entsprechenden Verkaufsverboten besser einzuhalten und die Werbung einzuschränken. Alkohol solle nicht weiter in Tankstellen rund um die Uhr erhältlich sein. Zudem müssten die Preise höher sein: "Sie können sich in Deutschland Taschengeld-kompatibel ins Koma trinken."

Nur 16 Prozent sind in Behandlung

Es brauche einen kritischeren Umgang mit dem Thema Alkohol und ein stärkeres Problembewusstsein, betonte Ärztekammer-Präsident Rudolf Henke. Ihm zufolge sind hier auch Mediziner gefragt und sollten früher intervenieren. Die Kammer biete Fortbildungen etwa zu Früherkennung oder Gesprächsführung. Ärzte sollten ihre Patienten zu einem risikoarmem Konsum motivieren und sie früh auf Probleme ansprechen, die sich abzeichnen. Von den 1,8 Millionen Alkoholabhängigen seien nur rund 16 Prozent in Behandlung. Viele kommen erst nach Jahren in die Praxen.

Schäden an Leber und Gehirn

Erkrankungen infolge eines hohen oder regelmäßigen Alkoholkonsums gehörten zu den "gravierendsten vermeidbaren Gesundheitsrisiken in Deutschland", sagte Henke. Regelmäßiger Genuss - auch in vermeintlich geringen Mengen - könne Leber und Gehirn schädigen. Das Risiko für Entzündungen der Bauchspeicheldrüse oder Magenschleimhaut, für Bluthochdruck und Herzmuskelerkrankungen steige. Langfristiger Alkoholmissbrauch könne Krebserkrankungen auslösen.

Es sei falsch, in einen "guten", gesellschaftlich breit akzeptierten Konsum einerseits und einen "schlechten", missbräuchlichen, suchtgesteuerten Konsum andererseits aufzuteilen. Der Übergang zwischen Genusskonsum hin zu problematischem Trinken und zur Abhängigkeit sei fließend.

(lnw)
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